BVB-U23-Trainer Mike Tullberg vertritt in der Corona-Krise einen klaren Standpunkt. © Stephan Schuetze
Coronavirus
Von der Corona-Faust zum Shutdown: BVB-U23 erwartet Corona-Entscheidung in der Regionalliga
Die Regionalliga West ist nur bis zum 22. März ausgesetzt, heute wird weiter beraten. Die BVB-U23 trainiert schon seit Freitag nicht mehr, zwei Mitarbeiter wurden vom Dienst befreit.
Dass das allseits grassierende Coronavirus im BVB-II-Lager nicht ernst genommen werde, lässt sich wahrlich nicht behaupten. Schon vor Wochen machte Trainer Mike Tullberg darauf aufmerksam, zur Begrüßung besser nicht mehr die Hände zu schütteln, um den unmittelbaren Körperkontakt und die damit einhergehende Infizierungsgefahr zu minimieren. Stattdessen wurde die „Corona-Faust“ eingeführt. Weitere Vorsichtsmaßnahmen folgten, bis es kürzlich zum U23-Shutdown kam.
„Wir“, sagt Fußballlehrer Tullberg, „wir schauen einfach von Tag zu Tag.“ Und speziell auf den heutigen Mittwochnachmittag, an dem die Klubs der Regionalliga-West per Telefonkonferenz darüber beraten, ob respektive wann es weitergehen könnte mit den vorgesehenen Partien. Derzeit ist der Spielbetrieb in der West-Staffel lediglich bis zum 22. März ausgesetzt. Dass seine Borussia allerdings schon „innerhalb der nächsten Wochen trainieren oder spielen könnte, halte ich für komplett unrealistisch“, sagt Tullberg.
BVB-U23-Trainer Tullberg: „Ich bin Trainer, ich bin kein Arzt oder Wissenschaftler“
Der BVB-Trainer ist sich sicher, dass er am übernächsten Freitag nicht gegen den 1. FC Köln II an der Seitenlinie stehen wird. Aber, ergänzt er: „Ich warte mal ab.“ Der 34-Jährige wolle natürlich niemandem hereinreden. „Ich will die Experten sprechen lassen, die Leute, die Ahnung haben. Die sollen entscheiden.“
Er sehe es nicht gern, meint Tullberg noch, wenn von fachfremden Personen irgendeine Scheinexpertise über gewichtige Themen präsentiert werde. Deshalb: „Ich bin Trainer, ich bin kein Arzt oder Wissenschaftler. Ich kann über Fußball fachlich gut in der Öffentlichkeit reden, derzeit halte ich das aber für Schwachsinn. Es fühlt sich nicht richtig an, weil es so viel Wichtigeres gibt.“ Allen voran die Gesundheit der Menschen natürlich. Völlig zurecht, so Tullberg, rücke der Fußball deshalb in diesen Wochen und Monaten in den Hintergrund. „Wir sollten die Situation ernst nehmen“, bekräftigt er.
Seinen Spielern, zu denen er kontinuierlich Kontakt hält, hat der Däne individuelle Trainingspläne mitgeben. In ihrer Freizeit gelten die selben Verhaltensvorgaben, die von Seiten der Bundesregierung an jeden anderen Bürger gerichtet wurden. „Keiner reist irgendwohin. Sie sollen größtenteils zuhause bleiben und versuchen, den Kontakt zu anderen Menschen gering zu halten“, fasst Tullberg noch mal zusammen. „Jeder Mensch sollte Respekt zeigen, auch die jungen, die vielleicht weniger betroffen sind als die alten.“
Zwei BVB-U23-Mitarbeiter wurden vom Dienst befreit
Intern hatte der ehemalige Profi-Stürmer das Coronavirus schon häufiger vor versammelter Mannschaft thematisiert – und versucht, die Sinne zu schärfen. „Jeder sollte aktuell in der Lage sein, über den eigenen Tellerrand hinauszuschauen“, sagt er. „Und ich glaube, das haben alle Jungs verstanden.“
Sie signalisierten darüber hinaus, so erzählt es Tullberg, sich demnächst überall da extra einbringen zu wollen, wo es eben gerade nötig sei. Beim Waschen der Trainingsklamotten zum Beispiel. Denn in Person von Paul Jankowski und Harald Völkel, beide schon Jahrzehnte im Verein und 83 bzw. 64 Jahre alt, wurden die zwei U23-Zeugwarte in der vergangenen Woche erst mal vom Dienst befreit. Aus Gründen der Sicherheit. Ältere Menschen gehören nun mal zur Risikogruppe, sollten die Hinweise zum Schutz vor dem Coronavirus in besonderer Weise achten. Das sahen auch Tullberg und Kaderplaner Ingo Preuß so.
Beide, ihrerseits die obersten U23-Verantwortungsträger, erweisen sich gegenwärtig in unerwarteter und vollkommen neuer Situation als konsequente Krisenmanager, mit klarem Kurs und klarer Haltung. Preuß sagt: „Die Bundesregierung macht aktuell vieles richtig, glaube ich. An die Vorschriften, die gemacht werden, sollte man sich halten – und sich in den Dienst der Sache stellen.“ Mit welchem Ergebnis die Diskussion der Regionalliga-Klubvertreter am Nachmittag enden wird, erwartet er derweil „sehr interessiert“.
U23-Teammanager zieht in Zukunft Geisterspiele in Erwägung, um die Saison zu beenden
Wenn es denn möglich sei und zum späteren Zeitpunkt keine Gesundheitsgefahr bestehe, gibt Preuß zu Protokoll, würde er die Saison notfalls mit Geisterspielen beenden wollen. Bei den meisten Viertligisten kämen ohnehin eher wenige Zuschauer. Und irgendwie müsse es ja auch irgendwann weitergehen, sagt der hauptamtlich an einem Dortmunder Gymnasium tätige Lehrer. Allen aber bleibe zunächst mal nicht mehr übrig, als abzuwarten.
Denn, das ist Preuß freilich auch bewusst: Es gibt so viele Unwägbarkeiten, so wenig Sicherheit, wie sich das Virus ausbreiten wird, dass letztlich eine Losung am sinnvollsten sein könnte, die in Interviews leicht abgewandelt von gefühlt jedem zweiten Sportler formuliert wird: Wir müssen von Woche zu Woche schauen.
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