
© Stephan Schütze
Unsere Weihnachtsgeschichte: Dortmunder Kreisliga-Spieler träumt von der Nationalmannschaft
Amateurfußball
Brasilien, Panama - der Dortmunder Amateurfußball ist international. Wir haben drei Jungs aus Süd- und Mittelamerika gefragt, wie sie Weihnachten feiern - und gleich ein Festtagsessen kennengelernt.
Pedro Henrique Barbosa Alves und Joshua Perea Torres haben sich in der laufenden Saison bei ihrem Klub in den Vordergrund gespielt. Beim A-Liga-Zweiten Osmanlispor gehören die beiden zum Stammpersonal – und verstehen sich nicht nur auf dem Platz bestens.
Kein Wunder also, dass der Brasilianer Barbosa Alves und der Panamaer Perea Torres am liebsten gemeinsam erzählen, wie sie Weihnachten verbringen. Eine weite Reise über die Festtage werde es aber nicht geben, berichten beide. Also keine langen Flüge nach Brasilien oder Panama, um die Familie zu sehen?
„Nein“, sagt Perea Torres. „Ich bleibe sogar hier in Dortmund über Weihnachten. Und gefeiert wird eben mit ein paar Freunden in Deutschland. Gut wird das auf jeden Fall auch.“
Barbosa Alves hat zumindest eine kleine Reise vor sich. Allerdings führt sie ihn nur 150 Kilometer nach Westen, in die benachbarten Niederlande. „Meine Freundin wohnt in Hengelo. Und wir feiern Weihnachten dort zusammen.“
Trotzdem fragt sich der verfrorene Mitteleuropäer: Fehlt die Wärme des Heimatlandes – sowohl in Brasilien als auch in Panama sind gerade muntere 28 Grad – nicht doch ein bisschen? „Ja und nein“, sagt Barbosa Alves. „Klar ist die Wärme schön. Aber ganz ehrlich, ich hab hier in Deutschland zum ersten Mal im Leben Schnee gesehen. Und das ist eben auch sehr cool. Kalt aber schön.“
Und was ist mit der Wärme der Familie? Das sei nochmal was anderes, sind sich beide einig. Zwar seien viele Weihnachtsgebräuche gar nicht so verschieden von dem, was sie in Deutschland kennengelernt hätten. Weihnachtsbaum? Klar, der steht auch in Brasilien und Panama. Singen? Natürlich wird in der Familie gesungen. Und traditionell gehen die Meinungen auseinander, wenn es ums Mitsingen geht. Perea Torres: „Und ich singe natürlich mit“. Barbosa Alves lacht: „Ich auf keinen Fall.“
Aber zurück zur Familie. Das sei schon besonders, sagen beide. Vor allem, das gemeinsam zu essen, was alle am liebsten mögen. In Panama ist das traditionell ein Truthahn, weiß Perea Torres. „Und davon wird bei uns natürlich nicht abgewichen. Meine Mutter und meine Großmutter machen den Truthahn. Logisch, dass der köstlich ist.“

Augusto de Carvalho zieht es über Weihnachten nach Brasilien. © Schaper
Aber auch Barbosa Alves gerät ins Schwärmen. Wovon? Von einer brasilianischen Spezialität namens Salpicão. Das klingt schon gut. „Und wenn meine Mutter das macht, schmeckt es noch besser.“ Aber was ist es denn nun, dass es verdient hat, so oft ein brasilianisches Weihnachtsessen zu sein? Man traut es sich kaum zu übersetzen, weil Salpicão, selbst falsch und mit unelegantem deutschen Akzent ausgesprochen, schon fantastisch lecker klingt. Aber gut: Der Deutsche nennt es Geflügelsalat. Jetzt ist es raus. Und wir merken uns weiter Salpicão.
Und das Rezept? Es unterscheidet sich dann doch etwas vom deutschen Bruder. Oliven sind erlaubt. Äpfel auch. Rosinen, wer mag. Und die Gewürze? Familiengeheimnis. Ob der Dortmunder Brasilianer ähnlich Feines in Hengelo zubereitet, war bei unserem Gespräch noch nicht klar.
Essenstechnisch voll auf der sicheren Seite ist hingegen Iago Augusto de Carvalho. Denn im Gegensatz zum Osmalispor-Duo hat der Mann von Türkspor die Reise zur Familie nach Brasilien gemacht. „Das war mir so wichtig“, erzählt de Carvalho. „Immerhin habe ich Familie und Freunde seit sieben Monaten nicht mehr gesehen. Da war der Wunsch nach einem Wiedersehen besonders groß.“
Bei Familie de Carvalho wird natürlich auch festlich gegessen. Aber dort geht ziemlich bunt auf dem Essenstisch zu. „Das große Weihnachtsessen ist bei uns am 25. Dezember. Und ich gebe zu, meist sind es meine Mutter und meine Schwester, die die guten Sachen zubereiten. Oft ist es aber auch so, dass Verwandte und Freunde, die mit uns feiern, auch gleich noch etwas zu essen mitbringen. So gibt es meist ganz verschiedene typisch brasilianische Gerichte.“ Keine Frage, dass auch Salpicão dabei ist.
Und wenn der Sohn nach sieben Monaten wieder mal zuhause ist – hilft er denn auch mal in der Küche? „Manchmal“, sagt de Carvalho. Überlegt kurz. „Naja, eher selten. Aber dafür bin ein wirklich guter Gast, weil ich brasilianisches Weihnachtsessen echt liebe.“
Bleibt die Frage nach den Wünschen zum Fest zum neuen Jahr. Iago Augusto de Carvalho ist jetzt schon glücklich und einfach froh, Zeit mit Familie und Freunden zu verbringen.
Pedro Henrique Barbosa Alves und Joshua Perea Torres sind hingegen, wenn es um Wünsche geht, auf einmal wieder ganz Fußballer. „Der Wunsch ist natürlich immer der, Fußball richtig hoch zu spielen. Auch wenn sich das nicht an einem Tag erfüllt. Aber dafür arbeiten wir beide“, sagt Barbosa Alves. Und dann verrät er noch etwas: „Ein bisschen träumt Joshua sogar von der Nationalmannschaft Panamas.“ Und Träumen ist ja wohl erlaubt – zu Weihnachten allemal.
61er-Jahrgang aus Bochum, seit über 35 Jahren im Journalismus zu Hause - dem Sport und dem blau-weißen VfL schon ewig von Herzen verbunden - als Sportredakteur aber ein Spätberufener.
