Bei Westfalia Wickede haben sie wieder Spaß - Trainer Alexander Gocke: „Mehr Zug drin“

© Stephan Schütze

Bei Westfalia Wickede haben sie wieder Spaß - Trainer Alexander Gocke: „Mehr Zug drin“

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Zu Hause verloren, auswärts gewonnen - der Saisonstart von Westfalenligist Westfalia Wickede erinnert an die vergangene Spielzeit. Warum es anders laufen soll, erklärt Trainer Alexander Gocke.

Dortmund

, 21.08.2019, 07:00 Uhr / Lesedauer: 4 min

Das Gesicht von Westfalia Wickede hat sich verändert. Es ist jünger, frischer, schneller als noch im vergangenen Jahr. Und es ist anfällig für Fehler. Das weiß auch Alexander Gocke. Doch der Trainer des Westfalenligisten gesteht der jungen Mannschaft diese Fehler zu. Ein Gespräch über Spaß, Mut und Debattierklubs.

Herr Gocke, nach der 0:1-Niederlage daheim gegen Sinsen hat sich Ihre Mannschaft mit dem 6:1 in Hassel rehabilitiert. Das alles erinnert schon wieder verdächtig an die vergangene Saison, als Westfalia vor allem auswärts gepunktet hat und zu Hause Schwierigkeiten hatte. Geht das schon wieder los?

Die Vermutung liegt nahe, aber mir ist es noch zu früh für irgendwelche Prognosen in diese Richtung. Was mir wichtig ist: Wir wollen mehr Kontinuität reinbekommen. Was wir in Hassel geboten haben, darf keine Eintagsfliege gewesen sein, das müssen wir jetzt auch in unseren Heimspielen abrufen.

Was genau erwarten Sie von Ihrer Mannschaft?

Dass wir mutig sind, dass wir genauso viel Spaß bei den kommenden Aufgaben haben, wie wir ihn in Hassel hatten. Wir haben vor dem Spiel ausgegeben, dass wir positive Situationen feiern dürfen und feiern sollen - egal, ob das nun bei einem Tor ist, einem gewonnenen Zweikampf oder einer guten Verteidigungsaktion. Und genau das müssen wir uns beibehalten und auch in den Heimspielen viel mehr zeigen. Über diesen Spaß, der sich daraus entwickelt, werden wir dann auch unsere Erfolgserlebnisse erzielen.

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Ist Wickede der Spaß in der vergangenen Saison bisweilen abhandengekommen?

Das war sicher teilweise so.

Was waren die Gründe dafür?

Wir hatten einerseits großes Verletzungspech, zudem war der Kader recht dünn besetzt und wir mussten Spieler auf Positionen verschieben, auf die sie eigentlich nicht gehören. Das hat sich alles summiert, und obendrauf kam noch dieser Negativlauf zu Hause. Am Ende war dann der Kopf viel mehr eingeschaltet, als er es beim Fußball eigentlich sein sollte.

Ist Besserung in Sicht?

Ja. Selbst im Training ist mittlerweile ein ganz anderer Zug drin. Wir trainieren mit zwanzig Spielern, es herrscht insgesamt eine größere Dynamik. Nicht nur personell, sondern auch von der Intensität her. Und das führt automatisch zu mehr Spaß. Natürlich sind auch theoretische und taktische Inhalte zwingend erforderlich. Das wissen die Jungs auch, und sie nehmen es sehr gut an. Aber wir sind eben auch nicht zu Westfalia Wickede gekommen, um hier einen Debattierklub zu gründen.

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Sie haben die taktischen Inhalte angesprochen. Als Trainer haben Sie genaue Vorstellungen, wie die Mannschaft spielen soll. Wie gut lassen sich Ideen umsetzen?

Zunächst einmal: Wir wollen agieren statt reagieren. Das haben wir uns auf die Fahnen geschrieben. Was fehlt, ist Zeit. Aber das ist ein grundlegendes Problem im Amateurfußball. Je mehr Zeit ich habe, desto detaillierter kann ich arbeiten. Desto mehr Routine bekomme ich in meine Aktionen. Ansonsten ist es natürlich von der Mannschaft abhängig, was man umsetzen kann. Wir als Trainerteam brauchen eine Spielidee, und wir brauchen eine Mannschaft, die gewillt ist, dem Trainerteam zuzuhören.

Haben Sie diese Mannschaft?

Die haben wir.

Wie soll denn die Spielidee, die bei Westfalia Wickede vorgegeben wird, am Ende in Ihrer Vollständigkeit konkret aussehen?

Wir wollen defensiv so kompakt wie möglich stehen und offensiv durch ein gutes Umschaltspiel und saubere und genaue Pässe im letzten Drittel glänzen. Dafür brauchen wir zunächst einmal eine vernünftige Grundstruktur. Es ist wichtig, dass wir im Zentrum kompakt stehen, weil das die gefährlichste Zone ist, die wir als gegen den Ball verteidigendes Team verteidigen müssen.

Dazu braucht es die Mannschaft als Ganzes …

Es bringt nichts, wenn man Außenspieler hat, die schnell in die Tiefe starten, und der Rest rückt nicht nach. Die ganze Mannschaft muss mitmachen.

Wie weit sind Sie?

Wir haben sicherlich noch Luft nach oben. In Hassel hat es bereits sehr gut geklappt, jetzt liegt es an uns, das auch am Sonntag gegen Iserlohn und in den nächsten Spielen umzusetzen. In der Vergangenheit waren wir in unseren Leistungen zu schwankend.

Sie sind im siebten Jahr Trainer. Hatten Sie eine Mannschaft, die Sie sich - mit Blick auf den Trainerjob - als Vorbild genommen haben?

Ich bin seit meinem sechsten Lebensjahr fußballinteressiert. In dieser Zeit hat mich die Ära Jürgen Klopp beim BVB sicherlich am meisten geprägt.

Warum?

Das war für mich eine ganz tolle Art und Weise, Fußball zu spielen. Weil es mutig war. Sehr arbeitsintensiv. Man hat viele Dinge ausprobiert… Und weil man am Ende mit Erfolgen dafür belohnt worden ist, war es einfach das Nonplusultra für mich. Einige Elemente davon würde ich selbst gerne umsetzen wollen.

Wie gut funktioniert das?

Teilweise sind wir da auf einem guten Weg. In den vergangenen Jahren haben wir noch nicht so beim Gegenpressing geglänzt. Das wird besser. Aber das ist noch lange nicht vollkommen. Wir arbeiten daran.

Kommen wir noch einmal zurück zum Kopf, den Sie vorhin angesprochen haben. Beim ersten Heimspiel gab es früh Geraune bei misslungenen Aktionen. Wie schwierig ist das gerade für junge Spieler?

Wenn ich mir als Heimtrainer etwas wünschen darf, dann ist es bedingungslose Unterstützung von den Rängen. Das entwickelt bei mir mehr Mut, und mehr Mut wird im Leben irgendwann immer belohnt. Wenn ich etwas bewegen will, muss ich handeln. Und handeln werde ich nur, wenn ich mutig bin. Ich kann aber auch die Leute verstehen, wenn es die vierte, fünfte misslungene Aktion hintereinander ist, dass man dann mal raunt. Und das muss ich als Spieler auch mal abkönnen. Wir als Spieler und Trainer stehen da auch in der Pflicht, mit unserer Leistung für gute Stimmung zu sorgen.

Wie reagieren die jungen Spieler auf solche Situationen?

Das ist von Spieler zu Spieler unterschiedlich. Den einen Charakter interessiert das von Grund auf nicht, der andere Charakter muss sich da erst einmal reinfinden. Ein Beispiel: Nehmen wir Fynn Krahn. Würde der mehr Zuspruch erhalten, würde er sein Spiel nicht verändern. Ein Marcel Pietryga dagegen, wenn der mal einen Lauf hat, würde er sein Spiel dagegen noch mutiger gestalten. Der würde wahrscheinlich Dinge machen, mit denen man überhaupt nicht rechnet.

Die Jungen stehen in dieser Saison ohnehin im Fokus…

In Hassel haben wir mit Joel Kiranyaz gespielt, mit Fynn Krahn, Don Schreiber, Marcel Pietryga und Hakan Cevirme. Die haben, mit Ausnahme von unserem Keeper Joel, eine Torbeteiligung vorzuweisen. Auch Justin Lange dürfen wir nicht vergessen. Der Junge kommt gegen Sinsen ins Spiel und war sofort eine echte Belebung für uns. Die Jungs sind schon jetzt eine absolute Bereicherung für unsere Mannschaft.