Autounfall des Dortmunder Kickers Dogan A. Harte Vorwürfe gegen Klinik - Polizei im Einsatz

Autounfall von Dortmunder Dogan A.: Schwere Vorwürfe vom Bruder - Staatsanwaltschaft hat Kenntnis
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Das schreckliche Schicksal des am Freitag (3. März) bei einem Autounfall auf der Autobahn 42 in Richtung Duisburg verunglückten Dortmunder Amateurfußballers (SC Osmanlispor) Dogan Atasoy (22) bewegt und beschäftigt viele Menschen in der Region. Der 22-Jährige wird nach dem Unfall schwer verletzt in das Bergmannsheil Krankenhaus in Gelsenkirchen Buer gebracht und seitdem dort behandelt.

Von Seiten der Familienangehörigen werden in der Folge schwere Vorwürfe publik: Über die sozialen Medien werden zwei Videos tausendfach geliked, kommentiert und geteilt. In dem einen Beitrag steht der Vater von Dogan Atasoy vor dem Krankenhaus. Auf Türkisch (eine Übersetzung liegt dieser Redaktion vor, Anm. d. Red.) sagt er dort, Behandlungsfehler hätten zum kritischen Zustand seines Sohnes geführt.

In dem anderen Video sprechen die Mutter und Tante von Dogan Atasoy und bitten externe Mediziner um eine unabhängige Diagnose. Laut der Familie hätte das türkische Konsulat zugestimmt, den Verunglückten in die Türkei zu bringen. Das Krankenhaus lehne das aber ab.

Auf Anfrage dieser Redaktion erklärte das Bergmannsheil dazu: „Zum aktuellen Zustand des schwerstverletzten Patienten können wir aus Gründen der Schweigepflicht keine Aussagen machen. Die ärztliche Schweigepflicht ist ein hohes Gut. Allerdings weisen wir jedwede Kritik an der Behandlung des Patienten auf das Schärfste zurück.“

Was sich in der Folge in und um das Krankenhaus abspielt, betrifft nicht nur die traumatisierten Angehörigen und die Mediziner vor Ort. Auch die Polizei ist im Dauereinsatz.

Ein Schild mit den Wörtern "Anmeldung Notaufnahme" steht im Krankenhaus Bergmannsheil in Gelsenkirchen-Buer.
Seit seinem Unfall wird Dogan Atasoy im Krankenhaus Bergmannsheil Buer in Gelsenkirchen behandelt. © dpa

Polizei stellt Strafanzeige

Am Montag (6. März) kurz nach der Veröffentlichung der Videos erscheinen „etwa 80 bis 100 Personen vor dem Krankenhaus“, wie die zuständige Polizei in Gelsenkirchen mitteilt. Die „emotionale Situation“ sei von der Polizei aber beruhigt worden. Zu Straftaten kommt es am Montag noch nicht.

Seitdem erscheinen aber täglich Menschen vor dem Krankenhaus. Und die Lage spitzt sich zu: „Die Polizei Gelsenkirchen hat am Mittwoch (8. März 2023) eine Strafanzeige von Amts wegen gegen unbekannt erstattet und ermittelt wegen Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung von Straftaten“, so die Dienststelle.

Laut verlässlicher Quellen dieser Redaktion sind die meisten dieser Menschen der Familie selbst gar nicht persönlich bekannt. Die Demonstranten werden demnach durch die Social-Media-Postings angetrieben.

Diagnose: Hirntod

Beim VfR Kirchlinde II spielt der Bruder des Unfall-Opfers, Cihan Atasoy. Unsere Redaktion erreicht ihn am Mittwoch (8. März). Der 33-Jährige ist zu diesem Zeitpunkt im Krankenhaus vor Ort. „Uns wurde am Telefon mitgeteilt, dass unser Bruder Hirntod sein soll“, berichtet er. Sollte das stimmen, würden Mediziner nicht von einem Koma-Patienten sprechen.

Als hirntot gilt eine Person in Deutschland, wenn das gesamte Gehirn unwiederbringlich ausgefallen ist und wenn mindestens zwei Ärzte mit einem zeitlichen Abstand von mehreren Stunden bis Tagen die Untersuchung wiederholen und bestätigen.

„Wenn bei einem Patienten der Hirntod diagnostiziert wurde, gibt es keine medizinische Indikation für weitere Behandlungsmaßnahmen. Somit ist das Einstellen der Therapie bis zum Abstellen der Geräte hier angezeigt“, erklärt Eugen Brysch aus dem Vorstand der Deutschen Stiftung für Patientenschutz.

Bruder äußert schwere Vorwürfe

Laut Aussage von Cihan Atasoy hätte das Krankenhaus die lebenserhaltenden Maßnahmen für seinen Bruder deswegen einstellen wollen. „Wir haben aber nie eine schriftliche Diagnose erhalten. Unser Ziel ist es jetzt, dass wir ihn als Familie betreuen dürfen und ein anderer Mediziner den Fall begutachtet“, sagt er. Die Behandlung in der Türkei, wie in den Social-Media-Videos gefordert, sei nur ein „Plan B.“

Es gehe der Familie hauptsächlich um die Meinung eines externen Mediziners. Deswegen hätten Anwälte die zweite Begutachtung durch das Krankenhaus verhindert. Das sei aber noch nicht alles: „Wir glauben, dass mein Bruder falsch behandelt wurde. Die Staatsanwaltschaft ermittelt“, so Cihan Atasoy.

Laut der Familie seien im Krankenhaus nicht alle nötigen Untersuchungen durchgeführt worden. Die zuständige Staatsanwaltschaft in Essen bestätigt gegenüber dieser Redaktion, von den Vorwürfen gegen die behandelnden Ärzte Kenntnis zu haben.

Aus dem Auto geschleudert

Dass Dogan Atasoy nach seinem Unglück auf der A42 überhaupt im Bergmannsheil behandelt wird, hängt auch mit seinem kritischen Gesundheitszustand bereits am Unfallort selbst zusammen. Denn in das seit vielen Jahren von externen Gutachtern zertifizierten überregionalen Traumazentrum kommen Patienten, die bereits schwerste Verletzungen erlitten haben. „Dies setzt eine besondere Expertise und Kompetenz von Medizin und Pflege voraus. Hohe medizinische Standards werden hier leitliniengerecht angewendet“, erklärt das Krankenhaus.

Als der 22-jährige Fahrer mit seinem PKW und einem 18-jährigen Beifahrer an Bord die Kontrolle über sein Auto verliert, prallt er gegen die Mittelleitplanke. Das Gefährt gerät ins Schleudern und kommt erst auf dem Standstreifen zum Halten. Der ebenfalls schwer verletzte Beifahrer kann das Auto danach selbstständig verlassen. Anders als Dogan Atasoy: Er wird aus einer Autoscheibe geschleudert und prallt auf den Asphalt. Danach bleibt er auf dem Standstreifen liegen.

Ob die Diagnose „Hirntod“ bei Dogan Atasoy bereits feststeht, als er am Freitag nach dem Unfall ins Bergmannsheil transportiert wird, dürfen das Krankenhaus und die Polizei aus Datenschutzgründen nicht mitteilen. Sollte die Staatsanwaltschaft Essen von Amtswegen allerdings eine Ermittlung einleiten, wäre die Aufklärung dieser Frage Gegenstand der Ermittlungen.

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