Anil Konyas Offener Brief an den DFB „Sie tanzen wie eine FIFA-Marionette“

Von Anil Konya
Konyas Offener Brief an den DFB: „Sie tanzen wie eine FIFA-Marionette“
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Lieber DFB,

folgende Information konnte ich Ihrer Homepage entnehmen:

„Der DFB bekennt sich gemäß § 2 seiner Satzung zur Achtung aller international anerkannten Menschenrechte und setzt sich für die Achtung dieser Rechte ein - ganz besonders in den Bereichen Diversität und Inklusion, Anti-Diskriminierung, Gesundheit, Sicherheit und Kinderschutz, auch im Umfeld von Länderspielen und internationalen Turnieren.“

Schlimm genug ansehen zu müssen, dass diese Satzung anscheinend nicht der Realität entspricht. Die FIFA hat es nun doch geschafft, die One-Love-Armbinde zu verbieten. Dabei soll der Sport doch dabei helfen, Vorurteile und Berührungsängste abzubauen und Akzeptanz und Toleranz untereinander zu fördern. Durch das selbstverständliche Miteinander von Menschen unterschiedlicher Herkunft, von Menschen mit und ohne Behinderung, von Menschen mit verschiedenen Religionen und Weltansichten wird eine offene Haltung auch in den Alltag getragen – Sport ist ein wichtiger gesellschaftlicher Knotenpunkt und gerade vom Verhalten bei Mannschaftssportarten können sich viele Menschen noch einiges für ihr soziales Leben abgucken.

Sport ist ein wichtiger gesellschaftlicher Knotenpunkt

Fußball ist ein Mannschaftssport. Alleine kannst du ein bisschen auf dem Bolzplatz kicken, richtigen Fußball spielst du nur mit anderen gemeinsam. Fußball hat meine komplette Kindheit geprägt: Seit ich denken kann, spiele ich auf Hinterhöfen, Parkplätzen oder eben vielen verschiedenen Asche- oder Rasenplätzen in und um Dortmund herum. Fußball hat mir geholfen Freunde zu finden, Fußball hat mir geholfen zu lernen, dass man sich an Regeln halten muss, Fußball hat mir geholfen mit anderen ins Gespräch zu kommen und Deutsch zu lernen. Fußball hilft Grenzen zu überwinden und bewegt Menschen auf der ganzen Welt. Es gibt aber einen großen Unterschied zwischen Fußball, der Spaß macht, der verbindet und der dafür sorgt, dass sich der CEO eines Weltunternehmens und der Handwerker aus einem Familienunternehmen grölend und heulend in den Armen liegen und der großen Maschinerie Fußball, bei der es nur ums Geld verdienen und ums Geschäft geht.

Das, was da gerade in Katar passiert, ist eine Frechheit, auf so vielen unterschiedlichen Ebenen und gleichzeitig unfassbar traurige Wahrheit unserer scheinheiligen Gesellschaft. Ich will gar nicht mit der größten und offensichtlichsten Kritik anfangen, dass es ein Skandal ist, dass die WM überhaupt in Katar stattfindet bzw. stattfinden darf. Ich will ganz persönlich werden bei dem Thema der Kapitänsbinde, nicht nur, weil ich selbst jahrelang Kapitän war. Dass der DFB jetzt eingeknickt ist, so wie viele andere Länder, und Manuel Neuer nicht mit der One Love-Binde aufläuft, zeigt einfach nur klar und deutlich: Die FIFA kann bei dieser WM machen, was sie will.

Alleine kannst du ein bisschen auf dem Bolzplatz kicken

Die Iraner haben bei ihrem Spiel gegen England bei der Nationalhymne nicht mitgesungen, um ein Zeichen gegen die iranische Regierung zu setzen. Was für Sanktionen auf sie warten, wenn sie in ihr Land zurückkehren, wissen sie selber nicht. Alles ist möglich. Sie haben nicht nur rumgetönt, dass sie sich gegen etwas positionieren, sie haben es mit einem wortwörtlich stillen Protest getan. Der DFB erzählte im Vorfeld groß, dass er die Menschenrechtsverletzungen in Katar verurteilen, dass sie für Gleichberechtigung, gegen Rassismus und Diskriminierung stehen – und jetzt trauen sie sich nicht, die One-Love-Binde zu tragen? Wegen möglicher Sanktionen auf dem Platz?

Anil Konya hätte sich gewünscht, dass Manuel Neuer mit der One Love-Binde aufgelaufen wäre.
Anil Konya hätte sich gewünscht, dass Manuel Neuer mit der One Love-Binde aufgelaufen wäre. © picture alliance/dpa

Sie schreiben in ihrem offiziellen Statement „Wir sind frustriert über die FIFA-Entscheidung“. Also beugt sich der DFB lieber und spielt Duckmäuschen. Applaus dafür, grandiose Vorbildfunktion! Viele gerade junge Menschen haben Fußballer als Idole, sie sind Inspiration in ihrer Lebens- und Handlungsweise. Die One Love-Binde steht für Menschenrechte, Diversität und Frauenrechte sowie für den Kampf gegen Diskriminierung, Rassismus und Homophobie. Für etwas, was eigentlich völlig selbstverständlich sein sollte, für etwas, durch das niemand verletzt wird, sondern vielen Menschen hilft und Aufmerksamkeit für diejenigen schafft, die Feindseligkeiten und Ausgrenzung ausgesetzt sind. Eben für das, wofür der Fußball eigentlich steht und was ich mein Leben lang auf dem Platz auch stolz vertreten habe. Diese Ansicht teile nicht nur ich, sondern auch viele Trainer, Sportliche Leiter und Spieler des Dortmunder Amateurfußballbereiches. Traurig genug zu merken, dass die Werte, die uns durch unsere Vorbilder eigentlich vorgetragen werden sollten, unter den Amateurfußballern einheitlicher vertreten wird, als bei den Profifußballern.

Die FIFA wird immer verlogener

Als Lehrkraft gilt es für mich in der Schule neben dem Elternhaus für eine Werteerziehung zu sorgen, die notwendig ist, um das Zusammenleben in einer Gesellschaft zu ermöglichen. Diese Vorgabe verfolgen auch jegliche Jugendtrainer und Jugendtrainerinnen, die den Kindern auf dem Fußballplatz wichtige Werte wie Respekt, Toleranz und Hilfsbereitschaft vermitteln. Kinder die womöglich ihre Idole im Fernseher verfolgen und mitbekommen, wie diese nicht für die vorgegebenen Werte bis zum Ende einstehen. Dementsprechend kann ich das Verhalten und Auftreten des deutschen Fußballverbandes auch nicht kommentarlos an mir vorbeiziehen lassen.

Schließlich ist und bleibt es die FIFA, die immer verlogener wird, alle Verbände wie Marionetten tanzen lässt und sich von Korruption leiten lässt – geht ja wie gesagt ums Geld. Sie tanzen wie eine FIFA-Marionette. Was hätte denn passieren können? Ich bin mir sicher, dass die Spiele von Deutschland, England und Co, die Big Player, nicht abgebrochen worden wären. Ohne diese Mannschaften hätte die WM gar nicht stattfinden können – was der eigentlich richtige Weg gewesen wäre. Deutschland hätte Fahne zeigen müssen – eben indem sie keine Fahne bei der WM zeigen und nicht antreten.

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