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Profis spielen, Amateure warten - Das sagen die Dortmunder Fußballer dazu
Amateur-Fußball
Die Hochglanz-Ligen 1 und 2 wagen möglicherweise schon am 9. Mai den Neustart. Die Amateurfußballer müssen sich hingegen wohl noch mindestens vier Monate in Geduld üben. Ein Stimmungsbild der Wartenden.
Es ist ein Stimmungsbild zwischen Ungläubigkeit, Vorfreude und ganz viel Realitätssinn, das Spieler und Trainer des Dortmunder Amateurfußballs zeichnen, wenn man sie in diesen Tagen auf den eventuellen Neustart der Fußball-Bundesliga am 9. Mai und die eigene Wartezeit bis mindestens zum 1. September anspricht.
Und immer wieder klingen zwei Gedanken durch, die gerade ganz eng miteinander verbunden sind: „Wir lieben diesen Sport. Aber bitte nehmt ihn nicht so wichtig.“
Maurice Buckesfeld (Spieler ASC 09): „Die Gefühle sind schon gemischt. Ganz klar, ich möchte selbst auch wieder auf den Platz. Aber ich sehe auch, dass es im Amateurbereich deutlich einfacher ist eine lange und ja auch sinnvolle Pause zu verordnen. Nichtsdestotrotz ist es so, dass man nicht nur die Jungs und den Ball vermisst, sondern dieses Gesamtbild einfach für jeden Spieler schade ist. Und wenn ich jetzt daran denke, dass für uns Amateure vor dem 1. September wohl nichts gehen wird, dann wird einem schon ein bisschen mulmig. Fühlt sich an, als würde einem ein Stückchen Familie weggenommen. Von daher werde ich natürlich den Fernseher anmachen, wenn vielleicht ab 9. Mai wieder gespielt wird. Die Bundesliga-Classics bei Sky hab ich jetzt mit Papa alle durchgeguckt. Von mir aus darf es jetzt auch wieder mit Live-Fußball losgehen.“
Florian Gondrum (Spielertrainer FC Brünninghausen): „Zwiespältig ist der Termin 9. Mai schon. Aber es ist eben die Frage, wie man zwischen den gesundheitlichen und wirtschaftlichen Interessen abwägt. Geisterspiele sind natürlich für die Fans nix. Aber ich gebe zu, ich würde mich schon mal wieder gern an einem Samstagnachmittag vor den Fernseher setzen und nen gutes Spiel sehen. Für uns Amateure ist hingegen die Wartezeit von weiteren vier Monaten eine echte Hausnummer. Ich spiel seit meinem dritten Lebensjahr Fußball, und ich kenne es nicht anders. Das schmerzt es schon. Dreimal Training in der Woche und sonntags auf dem Platz - das ist jetzt einfach weg. Aber, das glaub ich auch, es ist wohl die vernünftigere Lösung. Weil auf einen Rückfall, weil alle auf einmal und viel zu früh wieder zum Platz rennen, darauf hat nun wirklich keiner Bock.“
Florian Knafla (Spieler Mengede 08/20): „Emotional finde ich es schon gut, dass man ab 9. Mai wieder ein bisschen Fußball ins Leben reinlassen kann. Aber aus gesundheitlicher Sicht hat das Ganze schon einen seltsamen Beigeschmack. Trotzdem ist Profi-Fußball ein Riesengeschäft, an dem so viele Arbeitsplätze und auch Familien hängen. Das wir im Amateurbereich noch viel länger warten werden, geht völlig in Ordnung. Aber es ist schon komisch, das das alles so komplett ruht. Du machst nichts mehr mit der Mannschaft, nicht mal in einer kleinen Gruppe. Und uns allen fehlt der Ball, und wahrscheinlich wird er das in den nächsten Monaten noch mehr tun. Fußball ist unsere Leidenschaft, unser Hobby und großer Spaß. Aber es gibt im Moment einfach Wichtigeres.
Giovanni Schiattarella (Trainer SV Brackel): „Ich bin ganz ehrlich. Ob in der aktuellen Situation jetzt Fußball läuft oder nicht, das bewegt mich nicht sonderlich. So wie die Lage im Moment ist, bin ich der Meinung, dass die sportlichen Dinge wirklich erst ganz zum Schluss kommen sollten. In so einer Situation merkst du einfach, wie nichtig der Sport sein kann. Und wenn jetzt in der 1. und 2. Liga die Saison aus wirtschaftlichen Gründen zu Ende gespielt werden soll, dann interessiert mich das nicht wirklich - auch weil es ein Leben außerhalb des Fußballs gibt. Und das ist gerade am wichtigsten.“
Mo Acil (Torhüter Türkspor Dortmund): „Ich hab da schon eine geteilte Meinung. Ich freu mich natürlich, samstags mal wieder Bundesliga-Fußball sehen zu können. Aber nach der Fernseherfahrung mit dem Champions-League-Spiel von Borussia Dortmund in Paris muss ich sagen, ohne Fans fühlt sich das schon alles so an wie ein Trainingsspiel. Und ich glaube auch, dass so Mannschaften wie Frankfurt oder Köln, die in ihrer Leistung besonders stark von der Unterstützung ihrer Fans abhängig sind, das besonders spüren werden. Bei den Bayern glaub ich hingegen, dass die auch vor leeren Rängen ihren Stiefel einfach runterspielen. Als Amateurfußballer haben wir es mit der langen Pause natürlich noch schwerer. Ich treffe mich ja zum Glück mit meinem Torwartkollegen Sascha Samulewicz vom BSV Schüren gelegentlich zum Training im Park. Aber das ganze Miteinander, was wir bei Türkspor haben, das fehlt schon sehr.“
Arthur Matlik (Trainer BSV Schüren): „In solchen schwierigen Situationen hat das Mittel „Brot und Spiele“ ja schon seit Jahrtausenden funktioniert. Aber ich glaube, der Neustart hat in erster Linie wirtschaftliche Gründe. Und das ist schon problematisch, weil viele Spieler sich der Tragweite und des gesundheitlichen Risikos nicht richtig bewusst. Und das Signal, was man damit sendet, ist eben auch durchaus kritikwürdig. Da werden 20.000 Schnelltests für den Profibetrieb verfügbar gemacht - warum nicht für andere Bereiche? Diese Thematik brauchen wir nicht. Und dass der Amateurfußball noch viel länger pausiert, ist zwar bitter, aber aus meiner Sicht unabdingbar, um all diejenigen zu schützen, die besonders gefährdet sind. Und wenn wir vielleicht in vier Monaten wieder mit dem Training beginnen können, dann fangen wir halt wieder von vorne an. Aber das ist für alle gleich.“
Alexander Schwarz (Spielertrainer Rot-Weiß Germania): „Beim 9. Mai geht es um eine andere Klasse des Geldes, um große Wirtschaftsunternehmen. Andererseits ist der Fußball im Moment nur wirklich zweitrangig. Und da liegt der Zwiespalt. Aber ich gebe zu, wenn der Ball rollt, schalte ich auch ein. Auch wenn ich das Geisterspiel Gladbach gegen Köln schon sehr, sehr komisch fand. Und unser Fußball? Der der Amateure? Ich vermisse ihn schon sehr. Aber es ist auch auch so, dass sich die Prioritäten für mich verschoben haben. Und Zurückstecken ist einfach jetzt mal ganz normal.
Dominik Grobe (Trainer TuS Körne): „Im Sinne des Zuschauers sind Geisterspiele nun wirklich nicht. Klar kann ich den wirtschaftlichen Hintergrund verstehen. Aber für mich als Fan ist das schon ätzend. Aber aus Mangel an aktuellen Alternativen werde ich wohl einschalten. Und was den Amateurfußball betrifft sind noch weitere vier Monate echt der Wahnsinn - auch wenn es aus Gesundheitsgründen absolut Sinn macht. Klar nehme ich als Trainer, nachdem ich eine ganze Saison unter Strom gestanden hab, die Sommerpause gerne an. Aber noch vier Monate? Das ist schon frustrierend. Und so lange mit den Jungs nicht zu arbeiten, das nervt. Vor allem weil wir beim TuS Körne ein echt guter Haufen sind. Da fehlt so einer ganzen Mannschaft auch die Nähe der Kollegen.
61er-Jahrgang aus Bochum, seit über 35 Jahren im Journalismus zu Hause - dem Sport und dem blau-weißen VfL schon ewig von Herzen verbunden - als Sportredakteur aber ein Spätberufener.
