Es waren frustrierende 80 Minuten für Youssoufa Moukoko. Er schoss zwar ein Tor, vergab aber auch zwei große Chancen und musste sich am Ende mit Platz zwei zufrieden geben. Reden durfte er nicht.
Youssoufa Moukoko lässt sich die Medaille umhängen, die eigentlich nicht für ihn bestimmt ist. Der 14-Jährige ist es gewohnt, zu gewinnen und am Ende Gold zu holen. Doch an diesem Sonntag, an dem er seine unfassbare Torquote in dieser Saison auf die magischen 50 schraubte, da baumelt etwas Silbernes um seinen Hals.
Am Ende „nur“ Zweiter
Moukoko holt sich höflich die Glückwünsche der DFB-Offiziellen für den zweiten Platz bei der Deutschen U17-Meisterschaft ab und als er am letzten vorbei ist, greift er diese Silbermedaille, hebt sie über seinen Kopf und trägt sie in seiner Hand davon als soll niemand sehen, dass er mit seinem Team am Ende eben „nur“ Zweiter geworden ist.

Große Enttäuschung nach dem Spiel. © Christian Schulze, Dortmunder Sp
In den 80 Minuten zuvor hat der Linksfuß ein ums andere Mal gezeigt, was er in seinem Alter schon für ein außergewöhnlicher Fußballer ist. Die Ballan- und -mitnahme ist bei ihm meistens eine Bewegung. Wenn der Gegenspieler heranrauscht, ist Moukoko meist schon weg.
Dribblings, die er nicht gewinnen kann
Sich um die Verteidiger herumzudrehen und dann mit drei, vier schnellen Schritten wegzuziehen, das ist sein Spiel. Allein: Gegen den 1. FC Köln steht er oft alleine gegen drei, vier, fünf kräftige Gegenspieler im Sturmzentrum. Die Power, die ihm laut eigener Aussage für die U19 noch fehlt, sie ist bei den Kölner Abwehrspielern, vor allem beim wuchtigen Yusuf Örnek, teilweise schon zu sehen.
Dass kein Spieler eine Partie oder eine Meisterschaft alleine gewinnen kann, das haben sie beim BVB in den letzten Wochen immer wieder gebetsmühlenartig wiederholt. Dennoch: Als die Kölner mit 2:0 in Führung gehen, da scheint Moukoko das Spiel seines Teams schultern zu wollen. Er geht in Dribblings, die er nicht gewinnen kann und bekommt von seinen Teamkollegen Pässe, die nicht mal er erlaufen kann.
Moukoko spricht mit Geppert
Welche Rolle Moukoko in dieser Mannschaft innehat, sieht man nach dem 0:2. Moukoko geht zur Bank, spricht mit Trainer Sebastian Geppert. Er will das Ding rumreißen. Und er bekommt die Chance dazu, taucht plötzlich frei vor Kölns Keeper Adamczyk auf, doch der macht sich groß, bleibt lange stehen und kann Moukokos Schuss parieren (24.).
Zehn Minuten später gewinnt er das Duell dann doch noch, eingesetzt von Sturmpartner Ware Pakia saugt Moukoko den Ball auf engstem Raum an, legt ihn sich direkt auf den starken linken Fuß und vollendet zum 1:2 (34.). Sofort dreht er ab, hebt die Hände in Richtung seiner Mannschaftskameraden als wollte er sagen: Seht ihr? Das ist unser Spiel!

Kommt schon Jungs! Moukoko nach dem 1:2-Anschlusstreffer. © Christian Schulze, Dortmunder Sp
Dass Moukoko eine Minute später nicht zum Elfmeter antritt, versteht auf der Tribüne nicht jeder. Doch erstens hat er im Halbfinale gegen Wolfsburg noch selbst verschossen und zweitens ist Kapitän Rilind Hetemi eigentlich ein nervenstarker Schütze. Heute nicht. Adamczyk hält (37.). Der Ausgleich fällt trotzdem, nach der Pause durch Ansgar Knauff (43.), doch Köln kommt sofort wieder zurück (47.).
Moukoko schiebt den Ball nur eine Minute später knapp links am Tor vorbei (48.) und kurz darauf wird aus Youssoufa Moukoko, dem Stürmer, Youssoufa Moukoko, der Kapitän. Trainer Geppert nimmt Hetemi vom Platz, die rote Kapitänsbinde macht Moukoko nun endgültig zum Anführer dieser Mannschaft.
Jubel und Enttäuschung
Moukoko braucht nochmal zehn Minuten, um sich, sein Team und das Stadion zu euphorisieren. Er bekommt den Ball zehn Meter hinter der Mittellinie zugespielt, und dann dreht er sich um sich selbst, um den Gegenspieler herum, der Ball flippert vom rechten an den linken Fuß und plötzlich hat er zwanzig Meter Platz vor sich.
Da sind sie, die schnellen Schritte, die ihn ausmachen, er lässt noch einen Gegenspieler stehen, dringt in den Strafraum ein, schiebt den Ball am Torhüter vorbei und macht sich bereit, zum Jubeln. Doch auf der Linie wird sein Schuss von einem Verteidiger abgewehrt, der Nachschuss von Ansgar Knauff landet wieder bei Moukoko und jetzt drückt er ihn endgültig zum Ausgleich über die Linie.
Er jubelt, aber relativ schnell merkt er: Das Tor zählt nicht. Die Fernsehbilder werden später zeigen, dass er den Ball an den Arm bekam. Weiter 2:3 und mit zunehmender Spielzeit wächst beim Nachwuchsstürmer die Verzweiflung. Nach einer Abseitsentscheidung echauffiert er sich ein wenig zu laut, sieht von Schiedsrichter Patrick Alt die Gelbe Karte (65.). Es wird das letzte Mal sein, dass sein Name auf dem Notizblock auftaucht. Köln spielt die letzten Minuten mit einer beeindruckenden Routine runter und holt den Titel.
Es sollte nicht sein
Youssoufa Moukoko nimmt es äußerlich gelassen hin. Er hat ein Jahr dafür gekämpft, jetzt dort zu stehen, wo die Kölner sich feiern lassen. Das hat er seinen über 300.000 Followern auf Instagram geschrieben. Moukoko steht jetzt vor der eigenen Auswechselbank, die Hände in den Hüften. Er realisiert: Es soll in diesem Jahr nicht sein.
Nach dem Spiel verlässt Moukoko erst ganz normal die Kabine, wird dann aber schnell von Vereins-Mitarbeitern abgefangen und verschwindet schließlich durch einen Nebenausgang der Roten Erde. Ob er reden will, ist nicht bekannt. Er darf heute nicht.

Moukoko verlässt das Stadion Rote Erde. © Groeger
Erst am Abend, das Finale ist lange vorbei, meldet sich Moukoko dann doch noch einmal zu Wort. Über Instagram wendet sich der 14-Jährige an seine Anhängerschaft. „Auch Niederlagen gehören dazu“, schreibt Moukoko. „Daraus lernen wir als Team und stehen wieder auf! Auch wenn es uns gerade sehr weh tut.“
Weiter heißt es in dem Post, der ein Bild von Moukokos Torjubel aus dem Spiel gegen Köln zeigt: „Nächstes Jahr greifen wir mit der U19 wieder an. Vielen Dank an alles BVB-Fans, die da waren und uns unterstützt haben. Ich seid großartig. #nurderBVB“.