Der Hombrucher SV ist aktuell eines der Aushängeschilder des Dortmunder Juniorenfußballs.

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Jugend hat keine Lust auf Fußball, 3450 Teams ziehen sich zurück. Wie sieht es in Dortmund aus?

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Der DFB vermeldet einen starken Rückgang der Juniorenteams. Kreisjugendvorsitzender Andreas Edelstein bezieht Stellung und spricht über den ASC, Bövinghausen und Türkspor.

Dortmund

, 12.03.2020, 17:00 Uhr / Lesedauer: 3 min

Alarmstimmung beim DFB. Innerhalb von nur einem Jahr haben sich 3450 Juniorenteams abgemeldet. Allein in Nordrhein-Westfalen sank die Zahl der angemeldeten Mannschaften im Jahr 2019 um 491 Teams im Vergleich zum Vorjahr.

Einzig in Dortmund muss man deswegen (noch) nicht in Panik verfallen, wie Andreas Edelstein, der Vorsitzende des Kreisjugend-Ausschusses verrät.

Kreis Dortmund ist der einzige mit Zuwachs

„Uns geht es aktuell ganz gut. Wir sind in den letzten zwei Jahren sogar der einzige Kreis, der einen Zuwachs verzeichnet.“ Alles gut also in Dortmund? So einfach ist die Angelegenheit leider nicht. „Wir haben zwar nicht den Trend, den es überall sonst gibt. Aber auch wir fragen uns: Stehen wir kurz vor dem großen Knall?“ Den will man in Dortmund selbstredend verhindern – und ergreift entsprechende Maßnahmen.

Andreas Edelstein hat einige Ideen, wie sich der Jugendfußball in Dortmund verändern könnte.

Andreas Edelstein hat einige Ideen, wie sich der Jugendfußball in Dortmund verändern könnte. © Folty

In der E-Jugend, in den letzten Jahren die Altersklasse mit den höchsten Drop-Out-Raten, hat der Kreis Dortmund das Spielsystem umgekrempelt. „Wir mussten weg von diesem Ligen-System das seit Jahrzehnten bestand und in dem ältere Jahrgänge ihre Leistungen weitervererben“, erklärt Edelstein, denn „der folgende Jahrgang kann diese Leistungen vielleicht gar nicht stemmen.“

Qualifikationsrunde soll Abhilfe schaffen

Die Folge: Nicht selten kam es vor, dass Mannschaften die ersten Saisonspiele zweistellig verlieren, Spieler und Eltern die Lust verlieren und das Team sich früher oder später vom Spielbetrieb abmelden musste.

Gespielt wird nun eine Qualifikationsrunde zu Beginn der Saison. Sechs Spiele, in denen das Leistungsniveau bestimmt wird und nach dem die Ligen anschließend für den Rest der Spielzeit eingeteilt werden. „Die Ligen werden dadurch ausgeglichener“, findet Edelstein und die guten Zahlen der letzten Jahre geben ihm Recht.

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Darauf ausruhen kann man sich in Dortmund aber nicht. „Wir müssen uns immer weiterentwickeln und gucken, an welchen Stellschrauben wir drehen können“, so Edelstein, der nicht nur die E-Jugend im Blick hat: „Aktuell haben wir die größten Verluste, wenn die Mannschaften vom Klein- auf das Großfeld wechseln.“

Neun gegen Neun statt Elf gegen Elf?

Kommt ein Team in einer Spielzeit noch problemlos mit einem elf Kinder umfassenden Kader aus, braucht es ein Jahr später plötzlich fünf oder sechs Spieler mehr. An dieser Umstellung scheitern Mannschaften.

„Vielleicht muss man auch da teilweise das System anpassen, vielleicht mit neun gegen neun auf einem verkürzten Feld von Strafraum zu Strafraum spielen“, überlegt Edelstein, der diese Idee bislang zwar noch nicht umsetzte aber sagt: „Wichtig ist, dass es kein dogmatisches System gibt, sondern dass man sich immer wieder hinterfragt.“

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Neben Leuten wie Edelstein kommt es vor allem auf die handelnden Personen im Verein an, insbesondere die Jugendvorstände und Trainer. „Man muss heutzutage schon mehr dafür tun, um die Kinder und Jugendlichen an den Verein zu binden. Sie müssen gerne zum Training kommen und das geht oft über das einfache Fußballspielen hinaus. Man braucht Events, soziale Unterstützung durch den Trainer und kann das Vereinsleben insgesamt attraktiver gestalten“, schlägt Edelstein vor.

Langfristige Planung ist gefragt

Diese eine Patent-Lösung gebe es nicht, und das sei auch gut so: Ansonsten könne man sich hinter eben dieser verstecken, sollte es nicht wie geplant funktionieren. Der Erfolg bestimmter Maßnahmen ist nicht abzusehen, Edelstein ist aber davon überzeugt, dass man immer wieder Neues ausprobieren muss: „Wir sind glücklich mit den Zahlen, müssen aber weiterhin aktiv bleiben.“

Anlass zur Sorge geben auch die zahlreichen Abmeldungen innerhalb der Saison. Bei so manchem Verein wünscht sich Edelstein eine Prise mehr Realismus: „Wenn eine Mannschaft angemeldet wird, die aber nur sieben Spieler umfasst, dann ist die Wahrscheinlichkeit sehr groß, dass sie es nicht durch die Saison schafft. Es braucht handelnde Personen, die nicht nur an morgen denken.“

Türkspor Dortmund, TuS Bövinghausen, ASC 09 als warnende Beispiele

Edelstein nimmt dabei die Vereine in die Pflicht: „Wir haben 20 überkreislich spielende Senioren-Mannschaften, was natürlich toll ist. Oft aber reichen die Juniorenteams nicht ansatzweise an das Niveau der Senioren heran – welche Perspektive hat ein A-Jugendlicher da noch im Verein?“

Beispiel ASC 09: Während die Senioren in der Oberliga antreten, kicken die U19-Jugendlichen in der Kreisliga.

Beispiel Türkspor Dortmund: Die Senioren werden womöglich bald den Landesliga-Aufstieg feiern, A-, C- und D-Jugend haben sich in der laufenden Spielzeit vom Spielbetrieb abmelden müssen, eine B-Jugend kam gar nicht erst zustande.

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Beispiel Bövinghausen: Die Mannschaft um Trainer Dimitrios Kalpakidis ist in aller Munde, ein gemeldetes Juniorenteam hat der Verein nicht. „Ungefähr 80% der Vereine machen es leider falsch, in dem sie den Anstoß sonntags um 15 Uhr zum absoluten Mittelpunkt machen“, findet Edelstein, „die meisten von ihnen haben ganz klar einen Breitensport-Auftrag.“

Ausruhen kann sich der Kreisjugend-Ausschuss um Andreas Edelstein trotz der positiven Zahlen nicht. Zur ganzen Wahrheit gehört, dass auch Dortmunds Fußball keinen Boom erlebt: Gegenüber dem Vorjahr ist die Gesamtzahl lediglich um drei, vier Mannschaften gestiegen. Es wartet also weiter viel Arbeit.

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