
Auch für Gelbe und Rote Karten müssen Spieler mitunter zahlen - alles ist geregelt in den Strafenkatalogen der Mannschaften. © Archiv
Wer Bier umkippt, muss zahlen - die Strafenkataloge kennen keine Grenzen
Fußball
Strafe muss sein, das gilt auch im Amateurfußball. Kurz vor dem Saisonstart bringen viele Mannschaften ihren „Bußgeld-Katalog“ auf Vordermann. Die Teamkasse will schließlich gefüllt werden.
Vieles bleibt in der Kabine - und über die genauen Preise will man öffentlich gar nicht so gerne sprechen. Aber eines steht fest: Die Strafenkataloge bei den Amateurfußballern sind oftmals so ausgerichtet, dass ein hübsches Sümmchen zusammenkommen kann.
Es gibt kaum etwas, was nicht geahndet wird, selbst der Flensburger Bußgeldkatalog mag da wie ein dünnes Zettelchen daherkommen im Vergleich zu dem, was in so manchen Vereinen erarbeitet wird. „Bei uns hat der Mannschaftsrat den Katalog erstellt, mein Trainerkollege Jan Sternemann und ich haben das dann abgesegnet“, erzählt Thomas Mlodoch, Coach des Recklinghäuser A-Kreisligisten SV Hochlar 28. Allzu viele Details will Mlodoch zu diesem Thema gar nicht preisgeben, nicht jedes Kabinengeflüster muss ja sofort nach außen dringen.
Was aber deutlich wird: Der Kreativität, eine Mannschaftskasse zu füllen, sind keine Grenzen gesetzt. Da sind die Klassiker wie Verspätungen, unentschuldigtes Fehlen oder Platzverweise. Und wer im Training nicht ganz auf Scheibe ist, der kann danach auch noch schon mal zum Portemonnaie greifen. Fürs Tunneln sind beispielsweise 50 Cent fällig - diese Summe fällt nicht unter das Hochlarer Verschwiegenheitsgesetz. Genauso wie die Tatsache, dass für eine vom Spieler umgekippte Flasche Bier sofort eine frische Kiste fällig ist.

Monat für Monat einzahlen für "Malle": Hochlars Trainer Thomas Mlodoch. © Jochen Börger
Wenn dann auch noch während einer Teambesprechung das Handy klingelt, kann es ein teurer Tag werden. Monat für Monat füllt sich dann die Teamkasse - Hauptprofiteure sind dann Gastronomen und Hoteliers auf den Balearen. 2022 zumindest in Sachen Hochlar aber nicht. „Gefühlt waren wir die einzigen, die nicht auf Mallorca waren“, lacht Mlodoch, kündigt aber sofort an: „Im nächsten Jahr wird das anders!“
Natürlich gibt‘s beim Bezirksligisten SV Vestia Disteln auch einen Strafenkatalog. Über Summen möchte Co-Trainer Martin Schmidt nicht gern sprechen. Er verrät aber, wofür die Spieler beim Training kleinere Summen zahlen müssen. Geld wird fällig, wenn ein Kicker während der Einheit auf die Toilette muss. Oder aber den Ball über den Zaun schießt. „Natürlich kostet auch ein Tunnel im Kreisspiel“, sagt Schmidt. Ebenso ist ein Obolus fällig, wenn ein Spieler beim Koordinationstraining eine Stange umwirft. Ungleich höher sind da schon Strafen für beispielsweise eine Gelbe Karte wegen Meckerns im Spiel.
Motzen gegen den Schiri wird beim TuS 05 Sinsen teuer
Motzen gegen den Schiri kommt auch die Fußballer des Westfalenligisten TuS 05 Sinsen teuer zu stehen. Kein Wunder, hier war Martin Schmidt von 2014 bis 2017 Trainer. „Seit Martin hängt nach meiner Erinnerung unsere Liste in der Kabine“, sagt Timo Koscholleck, damals Abwehrchef und inzwischen selbst Trainer. „Natürlich wurde sie immer mal wieder ergänzt, ein anderer Trainer hat dann Punkte gestrichen.“
Den kompletten Strafenkatalog mag auch der 33-Jährige nicht herausrücken („Der bleibt intern!“). Einen kleinen Einblick gibt der Trainer dann aber doch.
Koscholleck mag es überhaupt nicht, wenn seine Spieler aus der Kabine auf den Platz laufen und den ersten Ball, der ihnen vor die Füße fällt, aufs Tor jagen - ohne sich vorher aufzuwärmen. „Geht gar nicht, die Verletzungsgefahr ist zu groß. Das kostet bei mir drei Euro.“ Zum Vergleich: Satte 20 Euro werden fällig, wenn bei einer Ansprache des Trainers vor dem Spiel das Handy bimmelt.
Allerdings hat Timo Koscholleck auch Strafen aus dem Katalog genommen. Vorgänger Dennis Hübner etwa hat seine Kicker zur Kasse gebeten, wenn sie im Bild in der Marler Zeitung auftauchten. Online kostete dem Vernehmen nach 5 Euro, ein Foto in der gedruckten Ausgabe 10. „Den Punkt habe ich sofort gestrichen“, berichtet Timo Koscholleck schmunzelnd. „Wer weiß, auch welche Gedanken die Jungs kommen? Nicht dass sich plötzlich einer auf dem Platz versteckt, bloß um nicht aufzufallen.“
Ganz so geheimnisvoll gibt sich Thomas Synowczik, seit Sommer Trainer bei der zweiten Mannschaft der Spvgg. Erkenschwick, nicht. Bis zu 50 Euro kann es kosten, wenn ein Spieler gegen die Regeln verstößt. Diese Höchststrafe wird fällig bei einer Roten Karte wegen einer Tätlichkeit oder Beleidigung oder wenn ein Spieler alkoholisiert zum Spiel erscheint. „Dann nimmt er natürlich auch nicht am Spiel teil“, sagt der A-Lizenzinhaber. Vergleichsweise gering sind die Strafen fürs Handyklingeln während einer Besprechung (2 Euro), Gegenstände in der Kabine liegen lassen (pro Teil 1 Euro) oder wenn man beim „5 gegen 2“ getunnelt wird.

"Für jedes Ligaspiel ohne Gegentor gibt das Trainerteam einen Kasten Bier aus", sagt Thomas Synowczik von der Spvgg. Erkenschwick II. © Andreas von Sannowitz
Im Gegenzug zeigen sich bei der Spvgg. II aber auch die Trainer spendabel. Und auch das ist in dem Strafenkatalog aufgeführt: Für jedes „Zu-Null-Pflichtspiel“ spendiert das Trainerteam bei nächster Gelegenheit einen Kasten Bier.
Auch wer in der Zeitung auftaucht, muss bei der SG Horneburg zahlen
Kostspielig ist ein Zeitungsfoto bei der SG Horneburg 2020. Drei Euro muss der Abgelichtete dafür berappen. Zudem stehen wir als Fotografen in Horneburg ganz besonders in der Pflicht: Für ein schlechtes Foto werden gar 6 Euro fällig. Arg geschröpft ist in diesem Jahr bereits das Trainerduo Sebastian Kerkhoff und Chris Merten, denn auch Video-Interviews zählen hier. Allerdings: Der „Höchstbetrag“ wurde hier bislang noch nicht erhoben. „Das Geld kommt ja der Mannschaft zugute und wir finanzieren damit unsere Abschlussfahrt“, tröstet sich Sebastian Kerkhoff.
Ein kleines finanzielles Machtmittel hält Blau-Weiß Wulfens Trainer Arek Knura in Händen: Wenn er einen Spieler für die „Elf des Tages“ in der Montagsausgabe unserer Zeitung nominiert, darf derjenige 5 Euro in die Mannschaftskasse zahlen.
Drastisch fällt die Strafe aus, wenn ein Spieler mit Alkoholfahne zum Spiel erscheint. Zusätzlich zu den 50 Euro, die der Sünder in die Kasse zahlt, muss er zum Freitagtraining noch Pizza für die gesamte Mannschaft spendieren.
Und wenn sich - so steht es im Strafenkatalog - „ein Spieler unter der Dusche verewigt“, wird‘s ebenfalls teuer: Klein 20 Euro, Groß 50 Euro.
Ein Einzelfall? Nein. Zumindest das „Pinkeln unter der Dusche“ taucht auch in den Statuten des SV Rot-Weiß Deuten auf - und ist mit 2 Euro geradezu ein Schnäppchen. Doch Geld los werden kann man in Deuten trotzdem schnell. Wer zum Training im falschen Outfit erscheint, zahlt pro Stück einen Euro. Derselbe Preis wird fällig bei vergessenen Trainings-Utensilien, wenn man getunnelt wird, den Ball über den Zaun schießt oder beim Schweinchen-Spiel die Akteure außen 20 Pässe schaffen.
Rauchen oder Alkohol trinken sollte man auch nicht, wenn man noch das Trikot anhat. Sonst ist man 5 Euro ärmer. Und wer etwas zahlen muss, sollte es zügig tun - jede nicht mit dem Kassenwart abgesprochene Verspätung kostet weitere 5 Euro.
Im Job auf allen Plätzen in der Region, meiner Heimat, zu Hause. Als leidenschaftlicher Fußballfreund gehört mein Herz dem runden Leder, aber noch viel mehr den Menschen, die sich in den Vereinen engagieren. Privat bin ich Familienmensch und stolzer Papa, ansonsten bin ich in der Freizeit häufig mit dem Fahrrad in der Natur unterwegs. Neugierig zu sein und dabei andere neugierig zu machen, das treibt mich als Lokalsportredakteur seit 25 Jahren an.
Fußball-Fan, “auf Kohle” geboren, mit Herz für Bergbau-Geschichte und kleine Sportvereine, in denen vielfach Großes entsteht. Wenn nicht auf dem Platz zu finden, dann mit dem E-Bike zwischen Münsterland und Sauerland.
Sport ist für den Wulfener nicht nur ein wichtiger Bestandteil seines Arbeitslebens. Seit 1993 schreibt er als Mitarbeiter der Dorstener Zeitung über das Sportgeschehen in der Lippestadt, seit 1999 ist er als Redakteur für den Lokalsport in der Lippestadt verantwortlich. Dabei fasziniert ihn besonders die Vielfalt der Dorstener Sportszene, die von Fußball bis Tanzen und von Basketball bis Kitesurfen reicht.
