
© Joachim Lücke
Keine Preise, kein Olympia: Judy Reynolds bleibt nur das Training
Reiten
Für Dorstens Weltklasse-Dressurreiterin Judy Reynolds ist vieles wie vorher – und doch irgendwie ganz anders. Sie trainiert normal, der Rest fehlt ihr aber an allen Ecken und Enden.
Für Judy Reynolds scheint das Coronavirus auf den ersten Blick wenig Einschränkungen gebracht zu haben. Die Arbeit der irischen Weltklasse- Dressurreiterin geht auf dem Hof Elvermann in Lembeck zunächst einmal den gewohnten Gang. Und doch ist auch für sie alles anders als zuvor.
Reynolds sitzt Tag für Tag auf ihren Pferden und trainiert genau so intensiv wie vor der Krise: „Die FN, der deutsche Reiterverband, hat festgelegt, dass es für Berufsreiter kein Arbeitsverbot gibt.“ Das ist im Prinzip auch logisch. Reynolds hat während ihrer Arbeit so gut wie keinen Kontakt zu Außenstehenden. Lediglich ihr Mann Patrick Heavey und die Pflegerin Brianna Larkin sind täglich in Lembeck und helfen bei der Pferdepflege.
Kein Unterricht und keine Turniere
Eine Einschränkung gibt es allerdings: „Ich gebe keinen Unterricht mehr und auch die geplanten Lehrgänge sind alle abgesagt.“ Zudem fallen auch die Turniere aus, bei denen Reynolds immer wieder Preise eingeheimst hat: „An diesem Wochenende hätte „Horses and Dreams“ in Hagen am Teutoburger Wald stattgefunden. Das erste große Open-Air-Turnier des Jahres fällt aber aus.“
Ein Schlag ins Kontor war die Absage der Olympischen Spiele in Tokio. Reynolds hatte sich bekanntlich im Einzel und auch mit der irischen Mannschaft für Japan qualifiziert. Reynolds war aber froh, dass es zu einer frühen Entscheidung kam: „Alle Teilnehmer befanden sich in der intensiven Vorbereitung, jetzt können wir eher entspannt auf das nächste Jahr schauen und einen neuen Plan entwerfen.“
Ein wesentlicher Bestandteil diese Plans ist Vancouver K., der Wallach, mit dem Judy Reynolds den Sprung an die Weltspitze schaffte. Das Pferd wird im kommenden Jahr 19 Jahre alt, selbst für Dressurpferde ein sehr hohes Alter. Die Irin hat momentan keine Sorge, dass JP, so der Spitzname des Wallachs, die Anforderungen nicht erfüllt: „Momentan ist er sehr gut drauf, und man merkt ihm das Alter nicht an. Wir werden abwarten, wie es in einem halben Jahr oder neun Monaten aussieht.“
Reynolds ist gut aufgestellt
Mit JP wäre Judy Reynolds für das irische Team auf jeden Fall gesetzt. Doch selbst wenn sie ihr Paradepferd in den Ruhestand schicken müsste, wäre Olympia nicht gestorben: „ Mit Leroy habe ich ein zweites Pferd, das sehr gute Fortschritte macht. Das Pferd gehört einer in den USA lebenden Irin, die mich den Wallach ausbilden lässt.“
Mit dem 13-jährigen Leroy holte sie schon einige gute Platzierungen. Wenn er sich so weiterentwickelt, könnte er im kommenden Sommer schon internationale Klasse haben. Ohnehin schaut die Irin optimistisch in die Zukunft: „Ich habe noch einige sehr talentierte Pferde in der Box. Noch vor kurzem haben wir ein sehr junges Tier gekauft. Das hat zwar seinen eigenen Kopf, aber das war mit JP in diesem Alter auch so.“
Theoretisch könnte Judy Reynolds ihre Talente beim großen Turnier in Aachen zeigen. Der erste Termin in der Soers ist zwar schon abgesagt, doch wegen der Olympiade lag dieser ohnehin früher als sonst. Reynolds hofft, dass es bald Klarheit über eine Verlegung gibt. Einem Geisterturnier ohne Zuschauer steht sie allerdings skeptisch gegenüber: „Ich kann mir einen Ritt im großen Stadion ohne Leute auf der Tribüne nicht vorstellen. JP und ich brauchen auch den Druck von Außen.“
So bleibt Judy Reynolds nicht viel mehr über als weiterhin Tag für Tag in Lembeck mit ihren momentan elf Pferden zu trainieren: „Wir arbeiten hart und hoffen dass wir alles gesund bleiben. Sollte es wieder losgehen, sind wir bestens vorbereitet.“