
In den Herbstferien wurde gekickt, teils aber nur mit kleinen Kadern. Der Kreisvorsitzende Dominik Lasarz sagt: "Vereine sind zu fixiert auf den Sonntag." © Olaf Krimpmann
Sohn hat Ferien, Papa muss kicken - ist der Spielplan bei den Amateuren noch zeitgemäß?
Fußball - Kreisliga Recklinghausen
Am letzten Wochenende (9. Oktober) klagten etliche Kreisligisten über dünne Kader. Exemplarisch ist die Kreisliga A2, wo es sogar eine Absage gab. Der Kreisvorsitzende sagt: Die Vereine sind zu fixiert auf den Sonntag.
Am zweiten Oktoberwochenende stand der neunte Spieltag im Amateurfußball auf dem Programm. Im Blickpunkt des Fußballkreises Recklinghausen: Die Kreisliga A2.
Die kurzfristige Spielabsage von Westfalia Vinnum sorgte für Aufsehen: Erst wenige Stunden vor Abpfiff hatten die Olfener ihre Partie beim VfB Waltrop abgesagt. Grund: Personalmangel.
Spekulationen um Westfalia Vinnum schossen sofort hoch
Natürlich schossen die Spekulationen ins Kraut. Vinnum, Schlusslicht und zuletzt Suderwich beim 1:7 und Borussia Ahsen mit 0:5 klar unterlegen, könnte angesichts der ungebremsten sportlichen Talfahrt kurz vor einem Rückzug stehen. Das wäre so früh in der Saison in der Tat bemerkenswert.
An diesen Spekulationen will sich Erhard Korinth, der Vorsitzende des Kreisfußballausschusses, naturgemäß nicht beteiligen. Aber auch für den Funktionär aus Herten kam die Absage überraschend: „Staffelleiter Hansi Pförtner bekam eine Mail, in der stand, dass Vinnum nicht genügend Leute zusammen bekommt.“ Viel mehr habe der Kreis auch nicht gewusst am Sonntag.
Lücken konnten nach Abgängen nicht gefüllt werden
Der Verein Westfalia Vinnum selbst bestätigt: Es gibt in dieser Saison ständig Probleme .„Bei uns brennt es an allen Stellen“, sagt Spielertrainer Dennis Gerleve.
Vor der Spielzeit hatten etliche Leistungsträger den Klub verlassen, die Lücken konnten nicht gefüllt werden.
Ob es nun zu einer Zusammenlegung von erster und zweiter Mannschaft kommen wird (die personell auch nicht gerade gut aufgestellt ist), müsse man sehen, wie Gerleve sagt. Der ist konsterniert: „Ich spiele mein Leben lang Fußball, 34 Jahre lang. So etwas habe ich in der Form auch noch nicht erlebt.“
Interessanterweise sah es am vergangenen Wochenende bei vielen A2-Ligisten kaum anders aus: Aufsteiger FC Erkenschwick trat mit einer Rumpftruppe gegen SW Röllinghausen an und unterlag mit 0:11.
BW Westfalia Langenbochum II musste laut Trainer Kevin Korinth im Spiel bei der SG Suderwich gar auf 14 Spieler verzichten und unterlag 0:4. Nun ist der Verein aus dem Hertener Norden mit seiner großen Jugend und gleich drei Seniorenmannschaften insgesamt gut aufgestellt. Ich vielen anderen Staffeln sah die Lage ähnlich aus, Personalmangel gab es vielerorts. Die Kreisliga A2 mit der sehr kurzfristigen Vinnumer Absage bildete am Wochenende nur die Spitze.
Familie ist heute wichtiger als Verein
Aber klar ist auch: Prioritäten haben sich verschoben. Dass ausgerechnet Anfang Oktober Personalnot herrschte, lag wohl auch an den Herbstferien. Dass vielen Aktiven die Familie wichtiger ist als der Verein, ist nicht zu verübeln. Nur scheint die Schwelle, sich gegen die Verpflichtung im Verein auszusprechen, gefühlt niedriger zu sein als noch vor einigen Jahren.
Ohne über valide Zahlen zu verfügen, stimmt Dominik Lasarz dieser Beobachtung zu: „Früher ist man erst zum Spiel, dann zum Geburtstag gegangen. Heute gehen viele erst gar nicht mehr zum Spiel, sondern direkt zum Geburtstag.“
Der Kreisvorsitzende will diese Entwicklung gar nicht kritisieren, er als Familienvater kann sich bestens einfühlen. Lasarz wirft daher einen ganz anderen Aspekt in den Raum: „Dinge wie Urlaube sind meistens lange bekannt. Da kann man sich doch im Vorfeld um eine Verlegung bemühen.“ Die sei grundsätzlich immer möglich, nur: „Viele sind fixiert auf den Sonntag, aber das muss nicht sein.“
Lasarz appelliert an Fairness: Man sieht sich immer zweimal
Lasarz räumt allerdings ein: Um eine Verlegung zu erwirken, muss der Gegner zustimmen. „Und natürlich fragt der sich auch: Warum wollen die verlegen? Weil die keine Leute haben.“ Der Kreisvorsitzende appelliert an die sportliche Fairness: „Man sieht sich in einer Saison immer zweimal, und jeder Verein kann in Personalprobleme kommen.“

Dennis Gerleve, Spielertrainer von Westfalia Vinnum, sieht den Verein in einer schwierigen Situation. © Sebastian Reith
Aber: Macht es grundsätzlich Sinn, in den Ferien durchzuspielen? Andere Sportarten – zum Beispiel der Handball – unterbrechen in den Herbstferien traditionell ihre Saison. Auch der Jugendfußball pausiert, was zur Folge hat: Der D-Junior hat spielfrei, aber Papa muss in den Senioren kicken und steht der Familie am Sonntag nicht zur Verfügung. Das ist nicht unbedingt zeitgemäß, findet selbst Dominik Lasarz.
Flexibilität im Spielplan wird immer wichtiger
Der sagt: „Flexibilität bei der Spielplangestaltung wird in Zukunft sicher eine immer größere Rolle spielen. Aber das muss natürlich an anderer Stelle angedacht werden.“ Den Rahmenterminplan schließlich gibt immer der Verband vor.
Zuletzt sei eine Änderung dort kein Thema gewesen, berichtet Lasarz. Und: „Es ist in dieser Sache zumindest auf uns auch noch kein Verein zugekommen.“
Sport ist Mord? Vielleicht. Garantiert ist Sport gesellig, spannend und spaßig - und damit berichtenswert. Wenn nicht gerade die Halbzeitwurst mit Senf lockt, geht’s vorzugsweise in Laufschuhen an die eigenen überzähligen Kalorien. Mal mit mehr, mal mit weniger Erfolg - wie der Sport eben so ist.

Ist zum Studium ins Ruhrgebiet immigriert - und geblieben. Vielseitig interessiert mit einer Schwäche für Geschichten aus dem Sport, von vor Ort und mit historischem Bezug.
