Es war offenbar ein ziemliches Brett, das die Verantwortlichen zu bohren hatten. Die Angleichung der Spesensätze war ein Thema, das bereits im April 2022 unter der früheren Verbandsspitze angegangen worden war. Eine Kommission wurde gegründet, mit Verbandsvertretern, Schiedsrichtern und Kreisvorsitzenden. Hintergrund: Seit 2019 waren die Sätze nicht mehr angepasst worden.
Dass das nach mehr als drei Jahren passieren müsste, darin waren sich alle einig. So berichtet Dominik Lasarz. Der Kreisvorsitzende hatte zwar den Anfang nicht mitbekommen, das Ergebnis im Dezember aber in der Ständigen Konferenz, dem höchsten Gremium im FLVW, mitgetragen.
27 Euro statt vorher 24 Euro
Ergebnis: Die Spesen wurden landesweit nicht nur angehoben, sondern auch egalisiert. 27 Euro kostet es ab sofort, wenn der Kreis einen Schiedsrichter zu einem Kreisliga- oder einen Freundschaftsspiel eines Kreisligisten schickt. Dazu kommen noch 30 Cent für jeden gefahrenen Kilometer.
Der Fußballkreis legt damit gut zehn Prozent drauf: Bislang waren für einen Schiedsrichter in der Kreisliga A 24 Euro zu zahlen. Dominik Lasarz hält das Plus für vertretbar angesichts der aktuellen Preisentwicklung. „Die Pauschale für die gefahrenen Kilometer bleibt gleich - obwohl die Spritpreise deutlich angezogen haben“, so der Dattelner.
Die neuen Spesensätze haben zwei Seiten: Eine ist, dass erstmals im gesamten Verbandsgebiet die Schiedsrichter gleich entlohnt werden. Bislang durfte jeder Kreis die Spesenhöhe selbst bestimmen mit dem Ergebnis: „Beim Schiedsrichter-Austausch, den wir pflegen, haben einige schon geschaut, lieber dort zu pfeifen, wo es mehr Geld gibt“, sagt der langjährige Kreis-Schiedsrichterchef Harald Woller. Das ist nun vorbei: Ob im Sauerland, in einem Ballungsraum wie Dortmund oder im sowohl ländlich als auch städtisch geprägten Fußballkreis Recklinghausen bekommen Kreisliga-Schiedsrichter einheitlich 27 Euro.
Keine Unterscheidung zwischen A- und C-Liga
Die zweite Seite der Medaille ist dabei die: Eine Klassenunterscheidung gibt es nicht mehr. Ein Schiedsrichter in der Kreisliga C erhält damit genau so viel wie einer in der Kreisliga A. Hier hatte es vorher noch eine klare Staffelung gegeben. Ist die Angleichung gerechtfertigt? Dass es eine Erhöhung der Spesenpauschale geben muss, liegt sowohl für Dominik Lasarz wie Harald Woller auf der Hand.
Ex-Schiri-Chef Woller allerdings vermisst nun den Anreiz, sich weiter qualifizieren zu wollen: „Wer möchte jetzt noch die Kreisliga-A-Prüfung machen, wenn er in der Kreisliga B oder C dasselbe bekommt?“ Die Kreisliga-A-Zulassung beinhaltet unter anderem eine Laufprüfung und einen verschärften Regeltest und ist Voraussetzung für eine Schiedsrichter-Karriere in der Bezirksliga oder den höheren Spielklassen.
Sieht man die Angelegenheit von der Seite der Vereine, dann haben die erst einmal wieder mit Mehrkosten zu kämpfen. Drei Euro hören sich zwar nach nicht viel an, doch müssen damit wieder zwei, drei Bratwürste mehr verkauft werden, um die Erhöhung aufzufangen. Bislang sei der Aufschrei der Vereine, die zu Jahresbeginn offiziell informiert worden waren, ausgeblieben, sagt Dominik Lasarz: „Für Hallenturniere sind die Spesen gleich geblieben, da war das wohl kein Thema. Die Freundschaftsspiele fangen erst am Wochenende an, vielleicht kommt jetzt etwas.“ An einen Proteststurm glaubt der Funktionär aber nicht: „Die Sätze angemessen zu gestalten und im Verbandsgebiet auf ein Niveau zu bringen, war überfällig.“
Mit den 90 Minuten alleine ist es nicht getan
Die Schiedsrichter selbst nehmen die Erhöhung dankend hin. „Es bleibt aber ein Taschengeld“, sagt Markus Blania. Der Recklinghäuser gehört zu den Schiedsrichtern im Kreis, die besonders oft die Pfeife in den Mund nehmen. Auf 76 Spiele - Freundschaftsspiele, Meisterschaft und Jugend - ist der 49-Jährige alleine in der ersten Saisonhälfte 2022/2023 gekommen. Da kommt durchaus ein Sümmchen zusammen. „Aber wenn man das runterbricht, bleibt nicht viel“, so der für SW Röllinghausen pfeifende Blania.
Mit den 90 Minuten auf dem Spielfeld sei es ja nicht getan: Eine zeitige Anreise (45 Minuten vorher) und die Nachbearbeitung müssten ja immer mitgerechnet werden. Drei Stunden seien mindestens einzuplanen, je nach Fahrtzeit auch mal vier. Da relativieren sich die 27 Euro wieder, und das würden - gerade bei den aktuellen Preisen für Benzin - auch die 30 Cent pro Kilometer Fahrtkostenzuschuss nicht auffangen.

„Ich habe schon Spieler gehabt, die mir ins Gesicht sagten: Für das Geld würde ich nie den Schiri-Schein machen“, so Markus Blania, der eine gestiegene Aggressivität auf den Plätzen feststellt, auch gegen Schiedsrichter - was die Sache nicht unbedingt erquicklicher macht. Für den Recklinghäuser ist die Schiedsrichterei dennoch ein liebgewonnenes Hobby: „Anders kann man das auch nicht sehen“, sagt er. Immerhin: Seine Söhne sind mittlerweile auch an der Pfeife dabei, Dominik hat seinen Papa als Bezirksliga-Referee sogar schon überholt.
Vor 40 Jahren gab‘s noch „10 oder vielleicht 12 Mark“
„Reich geworden ist mit der Schiedsrichterei noch keiner“, sagt Alfred Raschen. Der Hertener gehört im Fußballkreis zu den bekanntesten Gesichtern an der Pfeife. Der heute 70-Jährige leitete 1978 zum ersten Mal ein Spiel. Wie hoch sein Salär damals war, kann er heute nicht mehr sagen. „Das werden wohl zehn, vielleicht zwölf Mark gewesen sein“, sagt er, was umgerechnet fünf oder sechs Euro sind und ein Bruchteil dessen, was Kreisliga-Schiedsrichter heute erhalten. „Aber damals haben die Leute auch insgesamt weniger verdient. Keine Ahnung, ob das nun besser bezahlt war als heute oder schlechter: Um Geld zu verdienen, habe ich das nie gemacht.“
Der heute 70-Jährige erinnert sich gut noch an einen Einsatz an der Linie bei SF Siegen: „Morgens um 10 sind wir los, abends waren wir wieder da - 15 Mark gab es seinerzeit dafür.“
So nimmt Raschen die aktuelle Spesen-Erhöhung dankbar, aber eben auch mit einer gewissen Portion Gelassenheit hin. Seit nunmehr 44 Jahren ist er als Schiedsrichter aktiv, am vergangenen Wochenende leitete der 70-Jährige die Spiele der Alten Herren bei der Hallenstadtmeisterschaft in Oer-Erkenschwick. „Ich pfeife gerne – ich treffe viele Bekannte wieder, das hält jung“, sagt er.
Frauen oder Männer - es bleibt ein Unterschied
Allerdings eins hat der FLVW mit der Neuerung der Schiedsrichter-Spesen nicht geschafft: Das Gefälle zwischen Frauen und Männern zu überwinden. Spielleiter im Frauenfußball erhalten grundsätzlich weniger Spesen. Die Differenz liegt in der Westfalenliga bei stolzen 15 Euro, wie die Übersicht unten zeigt.
Das bekommen Schiedsrichter ab dem 1. Januar 2023
Männer
Kreisliga C 27 Euro
Kreisliga B 27 Euro
Kreisliga A 27 Euro
Bezirksliga 35 Euro
Landesliga 45 Euro
Westfalenliga 50 Euro
Oberliga 75 Euro
Frauen
Kreisliga 22 Euro
Bezirksliga 25 Euro
Landesliga 28 Euro
Westfalenliga 35 Euro
Junioren
A- und B-Jugend Kreisliga 18 Euro
A-Jugend Bezirksliga 24 Euro
B-Jugend Bezirksliga 20 Euro
C- und D-Jugend Kreisliga 14 Euro
C- und D-Jugend Bezirksliga 17 Euro
B-Juniorinnen 18 Euro
jüngere Jahrgänge: 12 Euro
Dazu kommt ein Fahrtkostenzuschuss in Höhe von 0,30 Euro pro gefahrenen Kilometer.
Quelle: FLVW-Kreis Recklinghausen
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