
© Horst Lehr
Dorstener Zwillingsschwestern machen die deutsche Judo-Landschaft unsicher
Das Sportportät
Die Schwestern Nehle und Maja Wakup sind gerade einmal 15 Jahre, doch sind auf der Judo-Landkarte bereits eine feste Größe. Beide haben große Ziele.
Nehle und Maja Wakup gewannen schon die Westdeutsche Meisterschaft, Nehle nahm sogar mal an der Deutschen Meisterschaft und bei Auslandsturnieren in Holland, Tschechien und Belgien teil. Die Zwillingsschwestern sind erfolgreiche Judokas. Beim „Judo Grand Slam" in Düsseldorf kamen sie gar schon mit der Weltelite in Kontakt. Der Olympiasieger und zweifache Weltmeister Shōhei Ōno stand den beiden für ein gemeinsames Foto zur Verfügung. Und das alles erlebten Maja und Nehle mit ihren gerade einmal 15 Jahren.
Eine der Besten in NRW
Einen ganz besonderen Moment erlebte Nehle zum Jahresende. Beim letzten Lehrgang des NRW-Kaders in Köln überreichte der Landestrainer Frank Urban ihr den NRW-Kader-Aufnäher. Ganz offiziell gehört sie nun zu den besten Judokas in ihrem Alter in NRW. „Da war ich stolz. Nach Hause habe ich sofort ein Foto von meinem Aufnäher geschickt", sagt Nehle. Ihre Zwillingsschwester Maja gratulierte – nicht ohne hinzuzufügen: „Nächstes Jahr hab ich den auch!"
Wie die Mutter, so die Töchter
Obwohl Nehle ein wenig erfolgreicher ist, sind die beiden Schwestern unzertrennlich. Bereits im Alter von sechs Jahren meldete Mutter Nathalie, auch Judokämpferin, ihre Töchter im Judoclub Kettwig an. Das Fazit nach dem ersten Training unterschied sich aber. Nehle war sofort mit Feuereifer dabei, während Maja zuerst einen gewissen Respekt hatte. Erst nach zwei Jahren reinem Training bekam Maja Lust auf einen Vergleich im Wettkampf.
Beim JC Kettwig war das aber nicht nicht möglich, daher wechselten Nehle und Maja 2011 zum PSV Essen. Für Mama Nathalie war der Verein damals die erste Wahl – und die Schwestern fühlten sich sofort wohl und nahmen das neue, härtere Training als Herausforderung an.
Im Finale gegeneinander
Sie erinnern sich noch gut an ihren ersten Wettkampf. Beide landeten bei einer Kreismeisterschaft auf dem dritten Platz ihrer jeweiligen Gewichtsklassen. „Das war damals für das erste Mal ziemlich gut", freute sich Maja. Nur fünf Monate später toppten sie ihr Ergebnis sogar. Bei einer Bezirksmeisterschaft landeten die Schwestern auf Platz eins und zwei. Kurios: Im Finale der U11 traten sie gegeneinander an.
Nach den ersten Erfolgen wartete schnell die nächstgrößere Bühne. Bei der U15-Westdeutschen-Meisterschaft 2015 war diesmal ein direktes Aufeinandertreffen nicht möglich. Sie traten in verschiedenen Gewichtsklassen an. Und belegten wiederum Plätze auf dem Podium. Diesmal waren es Platz zwei und drei. Bereits im Jahr darauf waren sie ihrer Konkurrenz aber schon mehr als einen Schritt voraus. Die Folge: Beide landeten bei der Westdeutschen Meisterschaft auf dem Siegerpodest.
Belohnung für die Erfolge
Als Belohnung für ihre Leistungen lud der Nordrhein-Westfälische-Judoverband (NWJV) die Zwillingsschwestern zu Sichtungsturnieren ein. Und schließlich nahm er sie in den Bezirkskader auf. Davon angespornt erhöhten Nehle und Maja ihr Trainingspensum. 2017 gewann Nehle die Westdeutsche Meisterschaft erneut, gefolgt von Maja auf dem zweiten Platz. Nach weiteren Lehrgängen an den Judostützpunkten in Duisburg und Köln konnte Nehle auch beim Bayercup, einem international stark besetzten Turnier in Leverkusen, mit einem Sieg überzeugen.
2018 wechselten die beiden ihren Verein erneut. Von Essen zog es sie zum JC 66 Bottrop. Unter Landestrainer Frank Urban kämpfen sie beide jetzt in der U18. Gerade Nehle hatte aber keine Probleme mit den älteren Gegnerinnen. In der nun deutlich stärkeren Wettkampfklasse behauptete Nehle sich sofort mit dem dritten Platz bei der Westdeutschen Meisterschaft. Das Halbfinale verlor sie zwar knapp, Bronze hatte sie aber bereits nach 33 Sekunden sicher, das kleine Finale gewann sie souverän.
Erster Start bei Deutscher Meisterschaft
Damit qualifizierte sich Nehle für den Start bei der Deutschen Einzelmeisterschaft der Männer und Frauen in Herne. Doch dann der Schock: Nehle verletzte sich am Fuß – und war sechs Wochen vor dem Turnier außer Gefecht gesetzt. Ohne Training kämpfte sie aber trotzdem mit vollem Eifer. Und trotz der Verletzung erreichte sie den fünften Platz von 26 Teilnehmerinnen. Schwester Maja unterstützte sie als ihr größter Fan.
Nehles persönlicher sportlicher Höhepunkt waren dagegen die Dutch Open 2018 in den Niederlanden. Sie war auch schon bei Auslandsturnieren in Tschechien und Belgien dabei. Doch bei den Dutch Open, "passte einfach alles", erzählt sie. Im Kampf um Platz drei ließ sie ihrer Gegnerin keine Chance.
Eine kleine Krise
Seit Jahren sind die Zwillingsschwestern vom Erfolg verwöhnt. Da ist es normal, wenn auch mal eine kleine Krise kommt. Maja erreichte nach drei zweiten Plätzen in Serie bei der Westdeutschen Meisterschaft nur Platz sieben. Auch wenn sie enttäuscht ist, hat sie das wohl nur stärker gemacht. „Nach den drei Vize-Titeln fühlte ich mich schon als ewige Zweite", sagt sie, „letztendlich muss akzeptieren, dass meine Gegnerinnen diesmal stärker waren." Also trainiert sie nun wieder härter, um erfolgreich zu sein. Denn sie will ihrer Schwester Nehle ja in den NRW-Kader folgen. Nehle dagegen hatte nicht mit einem kleinen Durchhänger zu kämpfen. Mit Platz drei qualifizierte sie sich erneut für die Deutsche Meisterschaft. Auch wenn es da nur für Platz neun reichte, war sie glücklich, unter den besten zehn gelandet zu sein.
Ein Foto als Höhepunkt
Ihr besonderes Erlebnis hatten Nehle und Maja aber im Februar beim „Judo Grand Slam“ in Düsseldorf. Dort waren sie als Athletenbegleiter eingesetzt und durften die Kämpfer zur Matte bringen. Dabei konnten sie drei Tage lang die Techniken der weltbesten Judokämpfer hautnah verfolgen und trafen sogar ihr großes Idol, den Olympiasieger und zweifachen Weltmeister Shōhei Ōno. Das gemeinsame Foto mit ihm war für die jungen Judokas der schönste Moment des gesamten Turniers.
Neue Ziele
Für Nehle und Maja ist Judo ein wichtiger Teil ihres Lebens, Maja nimmt zur Abwechslung auch gerne mal den Zeichenstift in die Hand. Für Nehle dagegen ist Judo das Hobby Nummer eins. Sie hofft darauf, bald in das Sportinternat in Köln aufgenommen zu werden. Mit gezieltem, harten Training wollen sie sich weiterhin verbessern – und so für die deutsche Meisterschaft qualifizieren. Für Maja wäre es die erste Teilnahme, während Nehle unbedingt Deutsche Meisterin werden will.
Seit Jahren freier Mitarbeiter der Redaktion Haltern am See. Er fotografiert und berichtet über das lokale Geschehen und betreut die Serie „Das Sportporträt“. Darüber hinaus berichtet er in Wort und Bild über aktuelle sportliche Großereignisse im Outdoorbereich , wie Reitturniere, Laufveranstaltungen, Radrennen und Kartsport.
