
Schiedsrichter haben in den Vorbereitungsspielen aktuell alle Hände voll zu tun. Nicht immer bleibt es bei Gelben Karten. © Andreas von Sannowitz
Tätlichkeiten, Beleidigungen, Rassismus: „Das Testosteron geht mit einigen durch“
Fußball
Die Arbeitstagung des Fußballkreises in der Mensa der Wolfgang-Borchert-Gesamtschule, ein jährlich wiederkehrendes Ritual, war diesmal eine schnelle Sache. Aber eine durchaus brisante.
Für den neuen Kreisvorstand war die Veranstaltung eine Premiere: Erstmals nach 21 Jahren führte nicht Hans-Otto Matthey vor den Vereinsvertretern das Wort, sondern Dominik Lasarz. Der neue Kreisvorsitzende hatte es eilig. Vieles von dem, was der Kreisvorstand den Vereinsvertretern zu verkünden hatte, war im Vorfeld schließlich bereits bekannt.
Auf einige kommende Neuerungen wies der Dattelner gerne hin: Etwa auf die neue Homepage, die bald an den Start gehen soll. Auf die neuen Aktivitäten in den sozialen Netzwerken, in denen der Kreis neuerdings aktiv ist. „Wie heißt es so schön: Like us“, warb Lasarz um Klicks und damit um virtuelle Zustimmung.
Bei den harten Fakten auf dem Platz konnte aber auch der „KV“ keinen Applaus erwarten: „Die neue Saison geht offenbar so weiter, wie die alte aufgehört hat. Wir haben das Gefühl, dass das Testosteron mit einigen durchgeht nach zwei Jahren Corona.“ Zwölf Feldverweise seien bereits registriert, fast alles Vergehen, die über ein grobes Foulspiel, wie es im Fußball passieren kann, hinaus gehen.
16 Feldverweise, 9 Verfahren - in nur drei Wochen Vorbereitung
Wobei an diesem Punkt ausgerechnet einer der wichtigsten Männer im Kreisvorstand dem Vorsitzenden in die Parade fuhr: „Die Zahl ist nicht mehr richtig. Seit dem Wochenende sind wir bei 16 Feldverweisen, davon sind neun beim Sportgericht anhängig“, korrigierte Erhard Korinth, Vorsitzender des Kreisfußballausschusses, seinen „Chef“. Wohlgemerkt: Noch haben keine Pflichtspiele stattgefunden, noch geht es „in Freundschaft“ zur Sache - und die Vorbereitungszeit ist gerade drei Wochen alt!

Der Kreisvorsitzende Dominik Lasarz erklärt den Vereinsvertretern, dass aktuell viele Verfahren vor dem Sportgericht anhängig sind. Erhard Korinth, der Fußballkreisausschussvorsitzende, nimmt einen Schluck aus der Pulle. © Olaf Krimpmann
„Dass Fouls passieren, ist unstrittig“, so Dominik Lasarz. „Die Frage ist doch: Was passiert nach dem Pfiff des Schiedsrichters?“ Der Kreis registriert eine zunehmende Zahl an Tätlichkeiten, Beleidigungen und sogar rassistischen Äußerungen, über die er nicht hinwegsehen könne. Lasarz kündet an: „Wir werden mit der vollen Härte der Rechts- und Verfahrensordnung durchgreifen.“ Womit der „KV“ nicht in die Rechtsprechung eingreifen will: Die ebenfalls neu im Amt befindlichen Sportrichter seien sich in der Sache ebenfalls einig, so der „KV“.
Immerhin hat der Verband in einer Angelegenheit mittlerweile eine klare Linie vorgegeben: Feldverweise gegen Offizielle (Trainer, Betreuer etc.) ziehen in dieser Saison automatisch ein Betätigungsverbot für ein Spiel nach sich. Sollte das Vergehen schwerwiegender sein (also eine schwere Beleidigung vorliegen), wird das Sportgericht tätig und kann härtere Strafen aussprechen.
Rote Karte gegen Trainer zieht automatische Sperre nach sich
Was natürlich die Frage aufwirft: Wer kann verlässlich sagen, wer was gesagt hat auf dem Platz? Die meisten Beleidigungen würden ja hinter dem Rücken des Schiedsrichters ausgesprochen, so kam es mit Recht aus den Reihen der Vereinsvertreter. Wie soll man den Übeltäter einwandfrei identifizieren? Was, wenn es ein Zuschauer war, der sich nahe der Bank befindet?
Erhard Korinth, der Kreisfußballausschussvorsitzende, ist kein Mann großer Worte, er ist Pragmatiker. „Zuschauer haben an den Trainerbänken nichts zu suchen“, so der Hertener klipp und klar. Eine Sache, auf die Kreis und Schiedsrichter in Zukunft besonders achten werden.
Sport ist Mord? Vielleicht. Garantiert ist Sport gesellig, spannend und spaßig - und damit berichtenswert. Wenn nicht gerade die Halbzeitwurst mit Senf lockt, geht’s vorzugsweise in Laufschuhen an die eigenen überzähligen Kalorien. Mal mit mehr, mal mit weniger Erfolg - wie der Sport eben so ist.
