
Trainer Stefan Schwandt umarmte seinen Sohn Leon, als der Aufstieg des BVH Dorsten II amtlich war. Doch es war nicht nur Gratulation, es war auch ein Trösten. © Joachim Lücke
Wenn zehn Tore eins zu wenig sind - die Torejagd des Leon Schwandt
Fussball
Was muss passieren, damit zehn Tore in einem Spiel für einen Torjäger zu wenig sind? Leon Schwandt und der BVH Dorsten II können es seit Montag erklären.
Die Ausgangslage war klar: Im letzten Saisonspiel gegen den SSV Rhade II brauchte die zweite Mannschaft des BVH Dorsten noch einen einzigen Punkt, um Meister der Kreisliga C 1 Recklinghausen zu werden. Doch die Mannschaft von Trainer Stefan Schwandt spielte nicht auf Remis. Sie ging auf den Dreier, und sie hatte noch ein ganz anderes Ziel.
Denn ihr Torjäger Leon Schwandt hatte bis zum vorletzten Spieltag aussichtsreich im Rennen um die bundesweite Torjägerkanone für C-Ligaspieler gelegen. Doch dann hatte Schwandts härtester Konkurrent, ein gewisser Sascha Ziesche vom Berliner Club Stern Marienfelde, 14-mal getroffen.
Die Berliner spielen in ihrer Liga mit Siebener-Teams auf dem Kleinfeld, und angeblich – so murrten auf der BVH-Tribüne einige Fans am Montag − habe Ziesche im letzten Spiel in einer Minute viermal getroffen. Doch wie auch immer sie zustande gekommen waren – der Berliner hatte 76 Treffer auf seinem Konto und Leon Schwandt vor dem letzten Spiel nur 66.
Deshalb lautete die taktische Marschroute der Holsterhausener gegen den SSV Rhade II: „Erst machen wir zwei Tore so, und dann legen wir für Leon auf.“ Doch das sollte irgend wie nicht ganz aufgehen.
Denn es waren noch keine 60 Sekunden gespielt, da hatte Leon Schwandt höchstselbst schon das 1:0 erzielt. Und der Torjäger mit der Elf-Tore-Mission machte im Eiltempo weiter. Dritte Minute, siebte Minute, 17. Minute (per Strafstoß), 32. Minute und 37. Minute – wann immer der Stadionsprecher des BVH einen Treffer für die Gastgeber ansagte, er musste immer nur einen Namen durchgeben: Leon Schwandt. Beim 6:1-Pausenstand war die Torjägerkanone aller deutschen C-Ligen in greifbare Nähe gerückt.

In der ersten Halbzeit traf Leon Schwandt (M.) am Montag schon sechsmal. © Joachim Lücke
Aber dann geriet der Schwandtsche Tormotor vorübergehend ins Stottern. Die Fehlversuche häuften sich, und Leon Schwandt verkrampfte, suchte ab und an zu eigensinnig den Weg mit dem Kopf durch die Wand, statt seine Mitspieler zu bedienen. Auch Rhades Keeper Sven Horstkamp entwickelte sich zunehmend zum Spielverderber und fischte so manchen Schwandt-Schuss von der Linie. Höhepunkt der „Krise“: In der 60. Minute verschoss der BVH-Torjäger sogar einen Elfmeter. Doch er sollte sich wieder fangen.
Nach 80 Minuten wieder im Rennen
Nachdem sich zwischenzeitlich Tim Krumme in die Holsterhausener Torschützenliste eintragen durfte (66.), ging die Jagd auf die Torjägerkrone weiter. 8:1 in der 71. Minute, 9:1 in der 78. – Leon Schwandt war wieder im Rennen, doch die Zeit wurde natürlich immer knapper.
In der 82. Minute gelang ihm mit dem 11:1 sein neunter Treffer, und in der 87. mit dem 13:1 der zehnte. Nur noch ein Treffer! Und Gegenwehr im Rhader Tor war auch keine mehr zu erwarten. Denn Schwandts zehntes Tor hatte das Fass für Sven Horstkamp überlaufen lassen. Wütend auf seine Vorderleute verließ er sein Tor und stiefelte Richtung Kabine. Für ihn musste Feldspieler Timon Kunzmann zwischen die Pfosten.
Es schien also alles angerichtet für den elften, den letzten noch fehlenden Treffer von Leon Schwandt, und die Chance dazu, sie kam tatsächlich. In der 90. Minute segelte eine hohe Flanke von der rechten Seite maßgerecht in den Rhader Strafraum, Leon Schwandt stieg am zweiten Pfosten hoch, erwischte den Ball auch gut und traf – nur den Pfosten.
Ausgepumpt und enttäuscht - aber nicht lange
Es war die letzte Chance des Spiels. Die letzte auf die bundesweite Torjägerkanone aller C-Ligen. Und als der Schlusspfiff ertönte und seine Mitspieler den Aufstieg in die B-Liga feierten, da sank Leon Schwandt zunächst ausgepumpt und enttäuscht zu Boden.
Doch die Enttäuschung wich schon bald der Freude und dem Bewusstsein, eine einzigartige Saison gespielt zu haben. Schon auf dem Platz war nur noch Feiern angesagt. Und dann kam ja noch die Planwagenfahrt. Zielort: Schützenfest.
Sport ist für den Wulfener nicht nur ein wichtiger Bestandteil seines Arbeitslebens. Seit 1993 schreibt er als Mitarbeiter der Dorstener Zeitung über das Sportgeschehen in der Lippestadt, seit 1999 ist er als Redakteur für den Lokalsport in der Lippestadt verantwortlich. Dabei fasziniert ihn besonders die Vielfalt der Dorstener Sportszene, die von Fußball bis Tanzen und von Basketball bis Kitesurfen reicht.
