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Urteil zum DFB-Jugendfußball-Masterplan: Trainer können sich nicht vierteilen
Juniorenfußball
Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) will mit einem Masterplan den Jugendfußball der Bambini, F-Jugend und E-Junioren revolutionieren. Was sagen die Vertreter der Castrop-Rauxeler Clubs dazu?
Die Castrop-Rauxeler Vereine müssen sich auf eine Revolution durch den DFB im Juniorenfußball einstellen: Die Bambini, F- und E-Junioren sollen mit kleineren Toren und Spielfeldern ihre Partien von Zwei gegen Zwei, Drei gegen Drei bis hin zu Sieben gegen Sieben auf bis zu vier Toren austragen. Das soll zu mehr Pass-Sicherheit und Ballfertigkeit führen.
Verbandsfunktionär fragt: Wer soll die Tore bezahlen?
Wie die Basis die neuen DFB-Spielformen für die jüngsten Fußballer beurteilt, darüber sprachen wir mit einem langjährigen Juniorenfußball-Funktionär des Fußballkreises Herne/Castrop-Rauxel und im Verband sowie zwei Jugendleitern und zwei Trainern.
Der Herner Bernd Götte ist seit 30 Jahren im Nachwuchsfußball unterwegs, aktuell als Vorsitzender des Kreis-Jugend-Ausschusses und im Beirat des Westfälischen sowie Westdeutschen Fußball-Verbands. Er sieht den DFB-Masterplan aus zweierlei Sicht: „Als Mitglied des FLVW-Gremiums habe ich den Masterplan diskutiert und sehe viele Dinge als sinnvoll an. Als Geschäftsführer des VfB Börnig frage ich mich, wer die kleineren Tore bezahlen soll, und wo wir die Trainer für vier Spielfelder herholen sollen.“

So sollen bei einem U8- und U9-Spieltag nach der DFB-Reform die Spielfelder aufgebaut werden. © DFB
Immer dann, wenn es bei der Nationalmannschaft hakt, käme der DFB mit neuen Ideen, wie etwa mit den Jugend-Leistungszentren (NLZ), weiß Götte. Trotzdem habe es im heimischen Fußballkreis einen Termin gegeben, um dieses Pilotprojekt den Vereinen vorzustellen. „Den mussten wir wegen Corona absagen - wir holen ihn aber nach“, so Götte.
Der Funktionär versichert, dass der FLVW nicht alle Vorgaben 1:1 übernehmen werde: „In Westfalen wird ab Drei gegen Drei gespielt und nur auf zwei Tore.“ Eventuell solle parallel sogar der normale Spielbetrieb weitergehen. Über die Größe der Tore werde diskutiert zwischen 80 und 120 cm (Bambini), 1,50 bis 2 Meter bei der F-Jugend, bis hin zur normalen Größe bei den E-Junioren. „Die Kinder sollen spielen, Spaß mit dem Ball haben und Tore schießen“, sagt Götte.

Amghar trainiert die B-Junioren bei Wacker in der Bezirksliga und arbeitet mit diesen Spielern seit der E-Jugend zusammen. © Volker Engel
Brahim Amghar, Junioren-Trainer beim SV Wacker Obercastrop, meint: „Im Detail habe ich mit den DFB-Masterplan nicht befasst. Reformen anzustoßen hin zum Spielerischen. Das ist aber gut.“
Nachwuchs spielt ohne spezielle Verteidiger und Stürmer
Amghar trainiert die B-Junioren bei Wacker in der Bezirksliga, arbeitet mit diesen Spielern seit der E-Jugend zusammen. „Ich habe damals wie heute im Training viel Wert auf kleine Spielgruppen gelegt, die auf kleinen Toren ihr Passspiel und die Ballsicherheit stärken. Wer Verteidiger, wer Stürmer ist, braucht man dabei nicht.“
Dirk Bedürftig, D-Junioren-Trainer und im Jugend-Vorstand tätig bei der SG Castrop, sagt: „Diese Idee ist gut, da jedes Kind besser gefördert wird und nicht nur diejenigen, die ohnehin gut sind.“ Im Grunde seien zu viele Trainer in den jüngsten Altersklassen zu erfolgshungrig, was einfach nicht sein dürfe.
Allerdings gibt Bedürftig zu bedenken: „Wer soll die neuen Tore bezahlen? Der DFB sollte die Schatulle öffnen, was er wohl nicht tut.“

Dirk Bedürftig (Mitte) ist D-Junioren-Trainer bei der SG Castrop und im Jugend-Vorstand tätig. © Volker Engel
Christoph Schaumberg, Jugendleiter bei der Spvg Schwerin, sieht ein anderes Problem: „Ab der E-Jugend fehlt die frühere Masse an Spielern. Kaum ein Junge hat nach der langen Ganztagsschule noch Lust, um 18 Uhr zu trainieren. Jetzt bei der Corona-Auszeit werden einige zusätzlich feststellen, dass es ohne Fußball geht.“
Wie der DFB-Masterplan in Schwerin umgesetzt werden kann, sieht Schaumberg nicht: „Ein Trainer kann sich nicht vierteilen, um an allen Spielfeldern zu sein. Und bei den Bambini sind wir schon jetzt sehr froh, dass engagierte Väter als Trainer einspringen.“
Jugendleiter wünscht sich einen Teil der WM-Prämie
Beim DFB müsse ein generelles Umdenken einsetzen. „Jeder Weltmeister hat eine Prämie von 450.000 Euro erhalten - bei uns unten kommt aber nichts an“, so Schaumberg.
Dirk Werdelmann, Jugendleiter beim FC Frohlinde, erklärt: „Wir haben schon im Sommer nach dem ersten Lockdown ins F-Junioren-Training Spiele „Drei gegen Drei“ eingebaut. Das ist extrem wichtig für die fußballerische Entwicklung der Kinder, da sich keiner verstecken kann und ein Team nur gemeinsam erfolgreich ist. Diese Spielform bringt weitaus mehr als andere statische Übungen.“
Über 30 Jahre als Sportredakteur aktiv, bin ich nun im "Unruhestand" seit der Saison 2018/2019 als Freier Mitarbeiter für den Castroper Sport am Ball - eine neue, spannende Erfahrung. Meine journalistischen Fachgebiete sind alle Ballsportarten, die Leichtathletik und Golf. Mit den deutschen Spitzen-Fechtern war ich in den frühen 2000er-Jahren bei Welt- und Europameisterschaften in der "halben Welt" unterwegs.