Matthias Friebe (31) zum DFB: „Es ist eine gewisse Entfremdung zu spüren“

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Matthias Friebe (31) zum DFB: „Es ist eine gewisse Entfremdung zu spüren“

rnWM-Reporter

Matthias Friebe ist Journalist. Und Henrichenburger. Er spielte Tischtennis bei Roland Rauxel. Zurzeit ist er in Russland bei der WM und spricht über Einschränkungen und Entfremdung des DFB.

Castrop-Rauxel / Moskau

, 26.06.2018, 18:04 Uhr / Lesedauer: 2 min

Eine Viertelstunde vor Beginn des WM-Gruppenspiels zwischen Dänemark und Frankreich am Dienstagnachmittag ist Matthias Friebe (31) auf dem Weg zum Luschniki-Stadion von Moskau. Der Henrichenburger ist für den Deutschlandfunk vor Ort und berichtet von der Fußball-Weltmeisterschaft. Vor Anpfiff hat er sich aber noch Zeit genommen, um mit unserem Sport-Mitarbeiter Christian Woop im Interview über seinen Job, russische Eisenbahnen und eine Entfremdung des DFB zu sprechen.

Herr Friebe, im Mai wurde dem ARD-Dopingredakteur Hajo Seppelt die Einreisegenehmigung für die Weltmeisterschaft in Russland entzogen. Sie waren bereits akkreditiert und sagten im Deutschlandfunk: „Wer sich an die Regeln hält, hat nichts zu befürchten.“ Wie war das gemeint?

Tatsächlich bin ich schon öfter darauf angesprochen worden. Das Zitat wurde verkürzt dargestellt. Ich bin nicht nur zum Fall Seppelt befragt worden, sondern auch darüber, ob ich vor Ort mit Einschränkungen in meiner Berichterstattung rechne. Das hatte ich klar verneint. In Russland bin ich mit einer Akkreditierung der Fifa ausgestattet.

Was bedeutet das?

Ich darf über alles berichten, was mit der WM zu tun hat. Das sind Spiele im Stadion, offizielle Fifa-Termine, die Fanmeilen, können aber auch Demonstrationen sein – solange es um das Turnier geht. Hajo Seppelt recherchiert auf einer ganz anderen Ebene. Aufgrund seiner früheren Recherchen stand er auf einer Art schwarzen Liste.

Vor wenigen Tagen haben Sie ein Bild auf Twitter gepostet. Zu sehen waren vier Schlafplätze auf ganz engem Raum. Ist es vor Ort wirklich so spartanisch eingerichtet?

Nein, das war ein Nachtzug von Nischni Nowgorod zurück nach Moskau. Reisen ist hier in Russland so eine Sache. Die Wege sind extrem weit. Jedenfalls waren 1. und 2. Klasse komplett ausgebucht, sodass ich die 3. Klasse nehmen musste: ein offener Wagen mit 52 Betten. Das war eine sehr spannende Erfahrung, aber überhaupt nicht unangenehm. Ich habe sehr gut geschlafen.

Matthias Friebe beim Tischtennis im Trikot von Roland Rauxel im Jahr 2013.

Matthias Friebe beim Tischtennis im Trikot von Roland Rauxel im Jahr 2013. © Volker Engel

Wie sieht der Reporter-Alltag vor Ort aus? Sind Sie jeden Tag im Stadion?

Tatsächlich sind die Stadion-Besuche nur ein Extra. Sieben oder acht werden es am Ende sein. Ich bediene drei Sender: den Deutschlandfunk, Deutschlandfunk Kultur und Deutschlandfunk Nova. Dort werde ich mehrmals am Tag live in die Sendungen geschaltet, auch in den Halbzeitpausen. Darüber hinaus berichte ich über politische Themen oder fange die Stimmung vor Ort ein. Hier sagt man: Moskau ist nicht Russland. Und andersherum. Es gibt wirklich viele interessante Orte, auch aus historischer Perspektive, wie Wolgograd, also das ehemalige Stalingrad.

Der DFB gibt sich vor Ort sehr verschlossen. Das fing schon auf der Pressekonferenz an, auf der Joachim Löw den Kader bekannt gegeben hat. Journalistische Nachfragen waren nicht möglich. Wie nehmen Sie und die anderen Kollegen vor Ort das auf?

Das ist auf jeden Fall ein Thema, obwohl ich hier persönlich kaum mit dem DFB zu tun habe. Es ist eine gewisse Entfremdung zu spüren, auch bedingt durch die durchkommerzialisierte Marke „Die Mannschaft“. Mit dem eigentlichen Fan vor Ort hat das nicht viel zu tun. Der Verband agiert in einer eigenen Welt.

Läuft es bei anderen Verbänden anders?

Mit Gernot Rohr, dem deutschen Trainer der nigerianischen Mannschaft, habe ich einen Interviewtermin per SMS im Hotel vereinbart. Beim DFB ist das undenkbar.

Wie schwierig ist es, als Journalist die Mannschaft kritisch zu begleiten, aber sich nicht mit ihr gemein zu machen?

Tatsächlich ist das Einstellungssache. Natürlich fiebere ich mit, aber betrachte das Turnier aus der Arbeitsperspektive. In anderen Ländern ist eine offene Unterstützung der eigenen Nationalmannschaft ganz normal. Die isländischen Kollegen tragen im Stadion ihre Trikots. Die mexikanischen Journalisten haben nach dem Sieg gegen Deutschland im Pressezentrum gefeiert – genauso wie ein Kollege aus dem Senegal.

Matthias Friebe ist 31 Jahre alt und arbeitet seit 2013 beim Deutschlandfunk in Köln. Seit 2015 ist er fest angestellt. Ursprünglich kommt Friebe aus Henrichenburg. Als Tischtennisspieler bei Roland Rauxel war er im Castrop-Rauxeler Sport bekannt. Damals kümmerte er sich auch um die Presse- und Jugendarbeit. Auch wenn er nicht mehr spielt, ist Matthias Friebe noch immer Vereinsmitglied.
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