Interview: Esser über Darmstadt 98 und Hannover 96

Profi-Torwart aus Castrop-Rauxel

Vom Absteiger zum Aufsteiger, von Darmstadt 98 zu Hannover 96 - Michael Esser aus Castrop-Rauxel bleibt Torwart in der Fußball-Bundesliga. Im Interview spricht der 29-Jährige über das Darmstädter Böllenfalltor, seine Erwartungen für Hannover und über die Möglichkeit, zwischen den Spielen in die Heimat zu kommen.

CASTROP-RAUXEL

, 07.06.2017, 14:30 Uhr / Lesedauer: 3 min
Hält das Leder auf dem Castroper Marktplatz fest in der Hand: Michael Esser. In der kommenden Saison läuft der 29-jährige Keeper für den Bundesliga-Aufsteiger Hannover 96 auf.

Hält das Leder auf dem Castroper Marktplatz fest in der Hand: Michael Esser. In der kommenden Saison läuft der 29-jährige Keeper für den Bundesliga-Aufsteiger Hannover 96 auf.

Herr Esser, trotz des fast feststehenden Abstiegs haben Sie mit Darmstadt 98 kurz vor Saisonende noch einmal eine Siegesserie von drei Partien in Folge feiern können. Trotzdem stand letztlich der Abstieg fest. Wie haben Sie die Saison erlebt?

Wir haben nach der Hinrunde acht Punkte gehabt. Dass man da nicht unbedingt vom Klassenerhalt sprechen kann, ist klar. Aber was für die Mannschaft gesprochen hat, ist, dass wir uns nie aufgegeben haben. Ich glaube, wir haben uns anständig verkauft und sind dann letztlich leider abgestiegen. Aber es gibt schlimmere Abstiege als in Darmstadt, wenn man sich die Unterstützung der Fans anguckt. Die haben uns bis zum Ende immer noch gefeiert. Sie haben verstanden, dass es eben schwer ist, wenn man mit einem so kleinen Etat in die Saison geht.

Sie haben eine Saison in Darmstadt gespielt. Der Verein gilt in der Bundesliga eher als außergewöhnlich, unter anderem durch das Stadion am Böllenfalltor, das mehr Steh- als Sitzplätze fasst und zum Teil nicht überdacht ist. Wie haben Sie den Club kennengelernt? Was macht „Die Lilien“ aus?

Darmstadt ist wohl einer von wenigen Vereinen im Profifußball, bei denen alles noch ein bisschen nostalgischer ist. Wenn du zum Training kommst, bist du nicht einem Luxus-Bereich, sondern gehst in eine normale Kabine, ziehst dich um und gehst auf den Platz. Die Trainingsplätze sind wirklich top, aber alles drum herum muss noch wachsen.

Das ist Michael Esser
Bis zum Alter von 20 Jahren war Michael Esser Anlagenmechaniker und Torwart beim Landesligisten SV Sodingen. Dann gab er den Job auf, wurde Keeper beim VfL Bochum II in der Regionalliga. Und schaffte den Sprung zu den Profis. Erst stand er für den VfL Bochum im Tor, später für Sturm Graz, dann für Darmstadt 98 in der Bundesliga.
Mit 29 Jahren schließt sich der Castrop-Rauxeler erneut einem neuen Verein an: vom Bundesliga-Absteiger Darmstadt geht es zum Aufsteiger Hannover 96.

Nun steht seit vergangener Woche der Wechsel zum Bundesliga-Aufsteiger Hannover 96 fest. In verschiedenen Medien war die Rede von mehreren Angeboten von Bundesligisten. Warum fiel die Entscheidung auf Hannover?

Ausschlaggebend war für mich, dass sich Horst Heldt (Manager von Hannover 96, Anm. d. Red.) sehr um mich bemüht hat. Ich hatte gute Gespräche mit ihm und wollte natürlich auch gerne weiter in der ersten Liga spielen. Mir war relativ schnell klar, dass ich mich für Hannover entscheide.

Im Internet tauchten nach der Verkündung des Wechsels Kommentare von Hannover-Fans auf, die mit Ihrer Verpflichtung nicht zufrieden waren und lieber Philipp Tschauner, dem bisherigen Stammkeeper, das Vertrauen schenken würden. Was entgegnen Sie den Fans?

Das ist ja ganz normal. Ich habe die Kommentare selbst nicht gelesen, aber es ist ja normal, dass man Konkurrenz hat im Fußball.

Da wir schon beim Kader Ihres künftigen Clubs aus Hannover sind: Kennen Sie einige Spieler noch von früheren Stationen?

Nur einen: Mit Matthias Ostrzolek, der ebenfalls zu Hannover wechselt, habe ich bereits in Bochum zusammen gespielt. Die anderen Spieler lerne ich erst in den nächsten Wochen kennen.

Ihr Werdegang ist für einen Profifußballer ja eher unüblich. Während heute Spieler im Alter von 17, 18 Jahren ihre Anfänge im Profisfußball wagen, standen Sie in der Bezirksliga im Tor. Hätten Sie vor Jahren gedacht, dass mehrere Bundesligisten Interesse an Ihnen hegen?

Nein, das habe ich ja schon einige Male gesagt. Ich habe lange in Castrop-Rauxel gespielt, dann ein Jahr beim SV Sodingen und habe mir einfach gesagt: ‚Guckst du mal, wie hoch du kommst.‘ Über die Amateure des VfL Bochum (im Alter von 22 Jahren, Anm.d.Red.) habe ich dann letztlich ja erst glücklicherweise den Sprung zu den Profis geschafft.

Sie haben nun zuletzt fast drei Autostunden von Castrop-Rauxel entfernt gewohnt. Wie oft haben Sie es während der Saison dennoch zu Familienbesuchen in die Europastadt geschafft?

Eigentlich immer einmal die Woche. Wenn wir ein Spiel hatten, stand am Tag danach das Auslaufen auf dem Programm. Danach hab ich mich dann ins Auto gesetzt und bin nach Castrop gefahren.

Wie lange bleiben Sie in der Sommerpause in der Heimat? Was ist noch geplant? Geht‘s in den Urlaub?

Natürlich geht’s in den Urlaub, aber zunächst bin ich erst einmal in Castrop. Es gibt immer viel zu sehen, die ganzen alten Freunde und Kollegen kommen. Ich glaube, bei mir ist das auch noch ein bisschen anders, als bei den anderen Profis, zumindest wie mir die Kollegen, die in den Leistungszentren groß wurden, so erzählt haben. Dadurch, dass ich noch lange in Castrop-Rauxel gespielt habe und auch während der Zeit in Sodingen und Bochum hier bleiben konnte, habe ich noch viel Kontakt zu Kollegen von früher. Bei mir ist das so: Ich komme nach Hause und habe hier in Castrop-Rauxel meinen Mittelpunkt.