In drei Punkten sind die Kreisliga-A-Fußballer von Zonguldakspor Bickern nach den Vorfällen beim VfB Habinghorst schuldig gesprochen worden. Der Sportgerichts-Vorsitzende erklärt die einzelnen Urteils-Punkte.
Für Heinz Rychlik vom SV Sodingen war der letzte Mittwochabend im Oktober kein erfreulicher. An die Stelle der Vorfreude auf das Champions-League-Spiel von Borussia Dortmund trat für den Vorsitzenden des Kreissportgerichtes Herne/Castrop-Rauxel eine Verhandlung nach Vorfällen bei einem Kreisliga-A-Spiel: VfB Habinghorst gegen Zonguldakspor.
Rychlik fällte zusammen mit Heinz Dieter Bänsch (FC Herne 57) und Jörg Ziegler (SV Wanne 11) ein Urteil zum Spielabbruch, einer Roten Karte sowie einer schlimmen Tätlichkeit des Zonguldakspor-Keepers gegen den am Boden liegenden Habinghorster Thomas Bragin.
19 Verhandlungen für acht Spieltage
Das Gericht des heimischen Fußballkreises ist wahrlich nicht zu beneiden. Denn seit Saisonbeginn baut sich eine hohe Welle von Verfahren über ihm auf: Acht Spieltage sind erst absolviert. Von der Kreisliga A bis zur Kreisliga C hat es in dieser Zeit allerdings 19 Vorfälle gegeben, denen Rychlik und seine Mitstreiter nachgehen müssen. Rychlik: „Dabei geht es nicht darum, eine einfache Rotsperre auszusprechen. Das machen die Staffelleiter bis zu einem Maß von vier Wochen. Bei uns kommen Angelegenheiten an, bei denen Schwerwiegenderes bewertet werden muss und Beweise gesucht werden müssen.“
Relativ einfach war da im aktuellen Fall die Festlegung der Strafe für den von Zonguldakspor herbeigeführten Spielabbruch in Habinghorst. Heinz Rychlik erklärt: „Dafür sind 300 Euro zu zahlen, weil die Spieler vorzeitig das Feld verlassen haben. Und der VfB Habinghorst erhält die drei Punkte.“ Unter welchen Umständen und mit welchen Begleiterscheinungen geschah der Abbruch? Das wird bei der Höhe der Strafe nicht abgefragt. Sondern vielmehr, in welcher Spielklasse es passiert.
Rychlik berichtet: „300 Euro. Das ist der Standard-Tarif für die Kreisliga A. Wir haben seit dem Jahr 2011 einen Katalog mit den Summen. Bei den Treffen in Kaiserau werden wir von Kollegen der anderen Kreise danach gefragt. Der eine oder andere übernimmt es von uns.“
Von dem Spiel in Habinghorst hatte der Schiedsrichter einen recht genauen Sonderbericht angefertigt. Daraus ging hervor, dass der Feldspieler von Zonguldakspor Bickern, der danach die Rote Karte bekam, den Fuß am Körper des am Boden liegenden Thomas Bragin hatte. Die Folge: vier Spiele Sperre.

Der Sportgerichtsvorsitzende Heinz Rychlik (2.v.l/SV Sodingen) vor einer Sitzung der damaligen Kreisspruchkammer im Oktober 2016 - zusammen mit (v.l.): Dirk Bosel (SC Constantin), Reinhard Paluch (Westfalia Herne) u.nd Wolfgang Baumann (FC Frohlinde) © Christian Woop
Neutraler Zeuge aus Castrop war Gold wert
Den Kopftritt durch den Bickerner Keeper gegen Bragin hatte der Schiedsrichter indes nicht gesehen. Heinz Rychlik sagt: „Der Schiedsrichter hat uns beschrieben, dass er sich in diesem Moment mit der Ausführung des Elfmeters sowie der Rudelbildung am Strafraum beschäftigt hat.“ Gold wert sei deshalb die neutrale Aussage eines Mitglieds der SG Castrop gewesen, berichtet Rychlik: „Die Informationen waren sehr gut verwertbar und haben uns bei unserer Entscheidung mit drei Jahren Sperre für diese schwere Tätlichkeit sehr geholfen.“ Aus der Zeugenaussage sei schlüssig hervorgegangen, dass der Torwart aus Frust wegen des Elfmeters die Tat begangen habe und auch aus diesem Grund der Rettungswagen kommen musste.“
Das mögliche Strafmaß für derlei Tätlichkeiten liegt zwischen einem Jahr und acht Jahren, so Rychlik: „Wir sind der Auffassung, dass jemand, der so etwas tut, auch die Konsequenzen spüren muss. Zumal in diesem Fall jemand schutzlos am Boden lag. Wenn wir nicht so geurteilt hätten, hätte sich der Täter wohl auch noch gefreut, dass ihm niemand auf die Schliche gekommen ist.“
Die drei Jahre im Falle des Habinghorst-Spiels orientieren sich auch an den gesundheitlichen Folgen, die dem Opfer entstehen. Rychlik: „Wie wir gehört haben, hätte Schlimmeres passieren können. Zum Glück ist das aber nicht eingetroffen.“ Von einer lebenslangen Sperre sei der Fall daher sehr weit entfernt.
Anders als beim SV Wacker Obercastrop und beim FC Frohlinde hängt keine Videokamera für Liveübertragungen über dem Spielfeld. Heinz Rychlik sagt: „Ein Video wäre in diesem Fall tatsächlich hilfreich gewesen. Dann hätten wir Richter uns das anschauen können - zur Information. Als Beweis darf ein Film allerdings nicht eingebracht werden und verschärft somit kein Urteil.“
Zonguldakspor Bickern hat mit Beginn der Veröffentlichung des Urteils am Freitag (30. Oktober) zehn Tage Zeit für einen möglichen Einspruch. Dann würde sich das Bezirkssportgericht in Dortmund mit dem Fall befassen müssen. Ein Einspruch kann allerdings auch zum Bumerang werden - wie vor fast auf den Tag genau einem Jahr. Damals wurde der Fall von RWT Herne gegen den FC Castrop-Rauxel nochmals verhandelt. Ein Herner hatte einen Linienrichter gewalttätig angegriffen. Und das Bezirkssportgericht hob das Strafmaß sogar von drei Jahren auf vier Jahre an.
Ein Journalist macht sich aus Prinzip keine Sache zu eigen, nicht einmal eine gute (dieses Prinzip ist auch das Motto des Hanns-Joachim-Friedrichs-Preises).
