
© imago images/Moritz Müller
Castrop-Rauxeler Michael Esser ärgert die Bayern - Höhepunkt einer ungewöhnlichen Karriere
Fußball-Bundesliga
Mit seiner starken Leistung trug Michael Esser maßgeblich zum sensationellen 4:2-Erfolg des VfL Bochum gegen den FC Bayern München bei. Der Weg des Castrop-Rauxelers dorthin war ungewöhnlich.
Auch vor Robert Lewandowski hatte Michael Esser keine Angst. Der Torwart aus Castrop-Rauxel stellte sich dem besten Bundesliga-Torschützen einfach in den Weg. Esser parierte Mitte der zweiten Halbzeit einen gefährlichen Schussversuch – und verhinderte somit, dass der große FC Bayern noch einmal ins Spiel kommen würde. Am Ende blieb der Aufsteiger aus Bochum der strahlende Sieger. Mit 4:2 hat das Team von der Castroper Straße den Rekordmeister am Samstag (12. Februar) besiegt. Es war der erste Erfolg gegen die Münchner seit 18 Jahren. Und Michael Esser war mittendrin statt nur dabei.
Michael Esser vertrat den corona-erkrankten Manuel Riemann
Dabei ist „Bruno“, wie ihn alle nennen, eigentlich nur die Nummer zwei beim VfL. Doch nach einem positiven Corona-Test fiel Stammkeeper Manuel Riemann kurzfristig aus. Also musste Esser ins Tor. „Er ist erfahren genug, agiert im Training immer auf Top-Niveau. Wir haben da einen tollen zweiten Torwart, den wir problemlos hineinwerfen können“, lobt Bochums Cheftrainer Thomas Reis den 34-Jährigen. 65 Bundesliga-Spiele hat Esser bereits absolviert, die meisten für Darmstadt und Hannover. Aber das Spiel am Samstag, das zweite im VfL-Dress, war eines für die Ewigkeit.
Alle vier Tore gelangen dem VfL in der ersten Halbzeit, eines war schöner als das andere. Bayerns Schlussmann Sven Ulreich hatte viel mehr zu tun als Michael Esser auf der Gegenseite. Zwar ging der VfL früh in Rückstand, Robert Lewandowski hatte getroffen. Doch der VfL agierte mutig und mit großer Leidenschaft, spielte sich in einen Rausch.
In der zweiten Halbzeit, als die Münchner noch einmal alles probierten, war auch „Bruno“ häufiger gefordert. Doch der zweifache Familienvater blieb fehlerlos, konnte einzig den Anschlusstreffer gegen Ende nicht verhindern. Das aber interessierte niemanden mehr, Bochum feierte längst, und Michael Esser genoss die anschließende Ehrenrunde durch das Stadion, bei der auch seine Kinder mit auf den Rasen durften.
Michael Esser durchlief kein Nachwuchsleistungszentrum
Sie werden stolz auf ihren Vater, dessen Leistungen nicht nur nicht nur in seiner Heimatstadt vielfach beachtet werden. Sein Werdegang ist im Profifußball von heute außergewöhnlich. Er durchlief kein Nachwuchsleistungszentrum, sondern die Jugendmannschaften örtlicher Amateurvereine.
1993, im Alter von fünf Jahren, schnürte der junge Michael Esser zum ersten Mal seine Fußballschuhe, damals für Arminia Ickern. Es folgten Stationen beim VfR Rauxel und beim VfB Habinghorst, ehe ihn der VfL entdeckte und nach Bochum lotste. Doch dort blieb er nicht lange, wurde nach zwei Jahren wieder weggeschickt.
Michael Esser kehrte im Sommer zum VfL Bochum zurück
Mit guten Leistungen in Erkenschwick, beim SV Wacker Obercastrop und beim SV Sodingen wurden die Bochumer aber wieder auf ihn aufmerksam und holten ihn zurück. Erst hütete Esser das Tor der zweiten Mannschaft, später stieg er zu den Profis und absolvierte 24 Partien in der 2. Bundesliga. Anschließend spielte er für Sturm Graz in Österreich, für Darmstadt 98, 1899 Hoffenheim und Hannover 96, ehe im vergangenen Sommer der Wechsel zurück ins Ruhrgebiet zustande kam, weil er wieder in der Heimat spielen wollte.
Seine Verbindungen zum VfL waren zum Glück nie ganz abgerissen, weder zu Thomas Reis noch zu Torwarttrainer Peter Greiber, der Esser stets gefördert hat. Der 1,98-Meter-Hüne gilt als Ruhepol und Teamplayer, der sich tadellos verhält – und dann zur Stelle ist, wenn er gebraucht wird. Wie am Samstag beim 4:2-Erfolg gegen die Bayern. Ganz gewiss ein Tag, den er so schnell nicht vergessen wird.