
© Chicago Fire
Fabian Herbers spricht über Chicago, Schweinsteiger und sein Leben in den USA
Fußball
Seit diesem Jahr spielt der Ottensteiner Fabian Herbers für Chicago Fire. Wie es sich in der neuen Heimat lebt und wie Bastian Schweinsteiger als Mitspieler ist, verrät Herbers im Interview.
Zu Beginn des Jahres ist Fußballprofi Fabian Herbers aus Ottenstein innerhalb der Major League Soccer von Philadelphia Union zu Chicago Fire gewechselt. Vor dem Spiel bei Red Bull New York am Freitag hat sich der 25-Jährige Zeit für ein Telefoninterview genommen.
Wie gefällt Ihnen das Leben im Chicago, auch im Vergleich zu Philadelphia?
Chicago gefällt mir als Stadt tatsächlich besser. Es ist hier sauberer, grüner und die Leute sind irgendwie freundlicher und lockerer drauf. Der Lake Michigan liegt ja direkt an der Stadt und ich finde, Wasser beruhigt einen immer ein bisschen. Außerdem gibt es hier Stadtstrände, dahin muss ich nur 200 Meter von meiner Wohnung aus laufen. Das ist natürlich gerade jetzt im Sommer sehr angenehm. Ich bin froh, hier zu sein.
Was hat sich aus sportlicher Sicht verändert, welche Rolle haben Sie in der neuen Mannschaft?
Sportlich war es erst mal was anderes, ein neuer Trainer mit neuen Vorstellungen, neue Mitspieler. Aber letztendlich mache ich ja immer noch den gleichen Sport wie vorher, und im Fußball findet man sich da immer schnell zurecht. Ich habe hier einen guten Start erlebt, habe in zwei der ersten drei Spiele Einsatzzeit bekommen und gegen Seattle auch gleich mein erstes Tor geschossen.
... dann kam Ende März eine Verletzung und Sie haben sechs Spiele verpasst. Wie haben Sie die Verletzungszeit erlebt und wie läuft es seit dem Comeback?
Ja, das war unangenehm und zeitlich sehr unpassend, weil ich ja, wie gesagt, gerade Fahrt aufgenommen hatte. Im Training nach dem Seattle-Spiel habe ich mich am Hüftbeuger verletzt, was mich natürlich etwas zurückgeworfen hat. Aber zum Glück war es keine schwere Verletzung und jetzt bin ich ja wieder zurück auf dem Platz, stand im vergangenen Spiel sogar zum ersten Mal in der Startelf. Dazu muss aber sagen, dass das auch damit zusammenhängt, dass derzeit einige Spieler bei uns fehlen, die bei der Copa America oder beim Gold Cup spielen.

Fabian Herbers (r.) am Rande des Trainings mit Chicago Fire. Mit dabei seine deutschen Mitspieler Bastian Schweinsteiger (2.v.r.) und Torwart Kenneth Kronholm (2.v.l.) © Chicago Fire
Wie war es, das erste Tor vor heimischer Kulisse zu erzielen und wie ist die Stimmung im Stadion in Chicago generell?
Um ehrlich zu sein: Sie könnte besser sein. Das Stadion liegt recht weit außerhalb von der Stadt, dahin zu kommen, dauert schon 30 bis 50 Minuten. Deshalb ist das Stadion leider selten ausverkauft. Der Klub versucht schon seit Längerem, ein Stadion im Stadtzentrum, am Soldier Field zu bekommen, wo auch das Football-Stadion steht. Aber der Vertrag am jetzigen Standort lässt das erst mal nicht zu.
Hat der Fußball dort einen anderen Stellenwert als zum Beispiel in Philadelphia?
Naja, Chicago hat zwei Baseball-Teams, ein Football-Team, ein Basketball-Team, ein Eishockey-Team. Diese Sportarten sind, wie überall in den USA, einfach etwas größer als Fußball. Aber ich finde schon, dass wir eine gute Mannschaft haben, die mehr Fans verdient hätte.
Mit Bastian Schweinsteiger hat Chicago einen Weltstar in der Mannschaft. Wie ist sein Status im Team und wie ist Ihr Verhältnis zu ihm?
Privat machen ich eher selten was mit Basti, aber in der Kabine reden wir natürlich viel miteinander. Er ist ein echter Leader und gibt mir als jüngerem Spieler viele wertvolle Tipps, was ich in meinem Spiel noch verbessern kann. Das hilft natürlich sehr, so was von so einer Legende zu hören. Auf der anderen Seite ist aber auch sehr locker und macht immer Späße mit dem Team, den Physios oder den Presseleuten. Einfach ein super Typ.
Aktuell liegt Chicago knapp hinter den Play-Off-Plätzen. Wird das Team sie noch erreichen?
Davon gehe ich aus. In der Hinrunde haben wir viele Punkte liegen gelassen, die wir hätten holen sollen. Ich denke, dass wir das in der Rückrunde nachholen können.
Ihr Ex-Klub Philadelphia ist Tabellenführer. Kommt da ein bisschen Wehmut bei Ihnen auf?
Wir haben auch letztes Jahr schon guten Fußball gespielt, dass es jetzt für Platz eins reicht, war nicht unbedingt zu erwarten. In dieser Liga ist das ohnehin schwer vorherzusehen. Ich schaue mir die Spiele zwar an, weil ich viele von den Jungs natürlich kenne. Aber traurig bin ich nicht. Wie gesagt, ich bin glücklich, in Chicago zu sein.
Sie leben ja nun schon über fünf Jahre in den USA. Sind Sie dort schon heimisch und wie gestaltet sich der Kontakt nach Ahaus und Ottenstein?
Ich habe mich in der Zeit schon sehr an das Leben und die Sprache hier gewöhnt. Aber der Kontakt nach Hause ist ja über Social Media relativ einfach. Mit meiner Familie stehe ungefähr zweimal die Woche über Facetime in Kontakt, mit meinen engen Freunden auch regelmäßig. Bei anderen Bekannten nimmt der Kontakt etwas ab, aber das ist immer so, wenn man wegzieht.

Sein Debüt in der Startelf von Chicago Fire feierte Fabian Herbers vergangene Woche gegen Real Salt Lake City. © Chicago Fire
Ein Blick nach vorne: Gibt es schon eine Tendenz, wie es nächste Saison für Sie weitergeht?
In der Liga hier hat das Team immer die Option, den Vertrag zu verlängern oder nicht. Da hat man Spieler nicht ganz so viele Rechte wie in Europa. Insofern bin ich abhängig davon, ob Chicago mit mir für die Zukunft des Teams plant. Ich denke, das wird sich erst nach der Saison entscheiden.
Zu Ihrer Zeit in Chicago haben Sie auch studiert. Was ist daraus geworden?
Vor einem Jahr habe ich meinen Bachelor im Fach Sports Management an einer Fernuni gemacht. Aktuell überlege ich, auch noch den Master dranzuhängen. Die Zeit dafür hätte ich nach dem Training jedenfalls.
Anfang des Jahrtausends von der Nordseeküste ins Münsterland gezogen und hier sesshaft geworden. Als früher aktiver Fußball-, Tennis- und Basketballspieler sportlich universell interessiert und immer auf der Suche nach spannenden Geschichten.
