21 DM-Titel und weit über 100 Medaillen
Billard: Günter Siebert wird 75 Jahre alt
Er hat es noch einmal getan: Mit dem Titel des Bundesmannschaftsmeisters im Dreiband am kleinen Billard mit dem BC Stadtlohn hat Billard-Altmeister Günter Siebert seine Titeljagd endgültig beendet. Heute feiert die "lebende Billard-Legende", den alle "Jumbo" nennen, seinen 75. Geburtstag.

Günter Sibert bei der Mannschafts-DM am Wochenende in Stadtlohn
Über 130 Teilnahmen an Deutschen Meisterschaften mit 21 Titeln in Einzel und Mannschaft, dabei weit über 100 Medaillen, Europameister im Cadre 47/2 im Jahr 1974, dazu viele Rekorde – das sind nur wenige Zahlen, die ausdrücken, was Siebert in seiner Karriere geleistet hat.
Grundstein mit 17
Der Grundstein wurde vor 58 Jahren gelegt: „Mit 17 Jahren nahm mich mein Bruder Horst mit zum Billardclub in meiner Heimatstadt Kamen“, erinnert sich Siebert zurück. Binnen nur drei Jahren wurde er Jugend-Westfalenmeister. „Günter spielte damals schon Durchschnitte, die spielen andere in ihrem ganzen Leben nicht“, berichtet Teamkollege Dirk Wörmer.
Nach dem Wechsel zu den Senioren wurde Siebert 1963 Bundesmeister im Cadre 35/2 auf dem kleinen Billard. Er siegte vor dem späteren Weltmeister Dieter Müller aus Berlin. „Ich war überspielt, sprich, ich musste auf das große Billard wechseln“, sah Siebert eine kleine Klippe auf sich zukommen. „1964 ging es zum Club BG Unna 1945, der sich extra für mich ein großes Billard anschaffte.“
Die Fortschritte waren rasant. Bei der Bundesmeisterschaft Freie Partie 1965 in Duisburg-Hamborn zeigte Siebert seine Klasse. Er siegte mit dem besten Generaldurchschnitt (GD). Auch in den Cadre-Disziplinen steigerte er sich ständig. 1970 zog Günter Siebert nach Duisburg und übernahm das „Billard Studio Duisburg“. „Nun war ich mein eigener Herr“, brachte es Siebert auf fünf bis acht Stunden Training am Tisch. Den ersten Deutschen Meistertitel gewann Siebert 1972 im Cadre 71/2 in Rheinhausen.
Erfolgreichstes Jahr
Das Jahr 1974 sollte sein erfolgreichstes werden. Im spanischen Elda gewann er die Cadre 47/2-Europameisterschaft – gegen Weltklassespieler wie Ludo Dielis, Hans Vultink und Francis Connesson.
Günter Sieberts besondere Leidenschaft war das Bandenspiel. Im Dreiband und Einband feierte er die meisten Erfolge. 1970 holte er seinen ersten von fünf Einbandtiteln. Seine Spezialdisziplin war das Dreibandspiel. Siebert erspielte sich bei deutschen Meisterschaften im Ein- und Dreiband elf Gold-, zehn Silber- und sieben Bronzemedaillen. International feierte Günter Siebert seinen größten Erfolg bei der Dreiband-Europameisterschaft mit der Bronzemedaille 1984 im belgischen Löwen – gegen Dieter Müller.
Gerne erinnert er sich an die Mannschafts-EM im Fünfkampf (TEP), die ab 1966 in Amersfoort ausgetragen wurde. 1980 und 1982 erzielte er dort zwei seiner Bestleistungen im Dreiband. „Der zweitbeste Schnitt hinter dem legendären Ceulemans.“ Raymond Ceulemans ist Sieberts eigener Held: „Wenn der in den Saal kam, haben alle den Atem angehalten. So etwas gibt es nicht mehr“, erinnert sich Siebert, der stolz ist, den Belgier einige Male geschlagen zu haben. „Wir telefonieren häufig“, lässt Siebert den Kontakt nicht abreißen.
In der Bundesliga war Günter Siebert fast seit Anfang an dabei – mit mehrfachen Meistertiteln und Pokalsiegen. Auch an diese Zeiten hegt Siebert tolle Erinnerungen. So sei es einmal in Hattingen gegen den Kölner BC mit Ernst Rudolph, der Legende der 50er- und 60er-Jahre, gegangen. „Der hat zur Mitte des Spiels siegesgewiss schon einen Piccolo bestellt“, legte Siebert umgehend eine WC-Pause ein. Auf der Toilette sei sein Sponsor zu ihm gekommen mit den Worten: „Günter, spielst du eine 400, bekommst du 500 drauf.“ Siebert folgte und sackte das Geld ein. „Einige Zeit war ich der bestbezahlte Billardspieler Deutschlands – in Bundesliga und parallel in der Ehrendivision in Holland bin ich auf 1000 bis 1500 Mark am Wochenende gekommen.“
Schluss in der Bundesliga
Vor drei Jahren war Schluss mit der Bundesliga – in Berlin gab es für den Mitspieler von Weltmeister Christian Rudolph bei der Bottroper BA einen „bewegenden Abschied“. „Der Christian hat das Spiel einst in den Billardsalons von Vater Ernst gelernt“, sei der Weg eines legitimen Nachfolgers vorgezeichnet gewesen. In den 80er-Jahren zog es Siebert nach Alstätte.
„Mit 18 habe ich von meinem Vater zehn Trainerstunden bei Jumbo geschenkt bekommen – und mich prompt für die Deutsche Meisterschaft auf dem großen Tisch qualifiziert“, lernte Wörmer Siebert erstmals kennen. Noch enger war die Beziehung zu „Ziehsohn“ Markus Dömer, mit dem Siebert gerade seine letzte Deutsche Meisterschaft feierte. Siebert blieb ehrgeizig. Bei Wörmers drittem DM-Titel im Dreiband am kleinen Billard 2013 wurde er Dritter. „Unfassbar in dem Alter“, betont Wörmer.
Jetzt freut sich der Jubilar auf gesellige Stunden im Kreise seiner Billardfreunde in Stadtlohn. Dass der Billardsport heute nicht mehr die Bedeutung wie früher hat, bedauert der 75-Jährige: „Kommentator-Legende Adi Furler wollte einst sogar unsere Spiele bei Nacht übertragen lassen, der Verband hat sich gewehrt. Ein großer Fehler.“ Michael Schley