Konzertierte Aktion: Autor Michel Hülskemper (l.) und Hausleiter Wilhelm Winter stellen das Jubiläumsbuch vor, das beim Fest am 22. Mai zum Preis von 15 Euro zu bekommen ist.

Konzertierte Aktion: Autor Michel Hülskemper (l.) und Hausleiter Wilhelm Winter stellen das Jubiläumsbuch vor, das beim Fest am 22. Mai zum Preis von 15 Euro zu bekommen ist. © Christiane Hildebrand-Stubbe

Vom Krankenhaus zum Altenwohnhaus: 150 Jahre Geschichte und Geschichten

rnFest und Jubiläumsbuch

Gebäude erzählen Geschichte, die Menschen darin Geschichten. Für das Altenwohnhaus St. Josef, früher Krankenhaus Legden, stimmt das schon seit 150 Jahren. Mehr als ein Anlass, um zu feiern.

Legden

, 12.05.2022, 17:40 Uhr / Lesedauer: 3 min

Natürlich ist dieses Jubiläum – 150 Jahre – ein großes Fest wert. Das wird auf dem Gelände des Altenwohnhauses St. Josef am Sonntag, 22. Mai, auch geschehen. Ab 10.30 mit einem Gottesdienst und dann den ganzen Tag über mit einem bunten Programm (Livemusik, Kinderbelustigung, Wasserspiele und mehr) zu dem auch die Legdener Vereine und Organisationen beitragen. Offizielles Ende ist um 17.30 Uhr mit einem Friedensgebet.

Diese historische Aufnahme zeigt die unterschiedlichen Bauphasen des Krankenhauses: links 1872, Mitte 1923 und rechts 1958.

Diese historische Aufnahme zeigt die unterschiedlichen Bauphasen des Krankenhauses: links 1872, Mitte 1923 und rechts 1958. © Privat

Das Jubiläumsfest findet genau 150 Jahre nach dem 22. Mai 1872 statt. An dem Tag wurde nicht nur in Bayreuth der Grundstein für das Festspielhaus gelegt, sondern in Legden das lang erhoffte Krankenhaus eingeweiht. In den folgenden 150 Jahren behielt das Haus am Trippelvoetsweg 4 die meiste Zeit auch diese Funktion bei. Selbst der Übergang zum Altenwohnhaus 1985 war dann ein durchweg fließender. Egal aber ob Krankenhaus oder Senioreneinrichtung – der Standort ist geblieben, mitten im Dorf.

Vom „wunderbaren Auftrag“ für ein Jubiläumsbuch

Wilhelm Winter, Hausleiter des Josefs-Hauses, das sich seit 2017 in der Trägerschaft der Stiftung Haus Hall befindet, hatte schon vor Jahren zahlreiche Unterlagen zur Geschichte entdeckt und sichergestellt. Das jetzige Jubiläum war dann für ihn genau der Anlass, sie wieder hervorzukramen und zu überlegen, wie sie in das Jubiläums-Programm eingebunden werden könnten.

Und da kommt Michel Hülskemper ins Spiel, ehemals Öffentlichkeitsreferent von Haus Hall und Autor. Er erhält den „wunderbaren und interessanten Auftrag“, Geschichte und die Geschichten des Hauses zu Papier zu bringen. Zuerst als eine Art Chronik angedacht, wurde schließlich daraus ein Jubiläumsbuch mit 186 Seiten.

Auf dieser alten Luftbildaufnahme ist die komplette Anlage mit Krankenhaus, landwirtschaftlichem Betrieb und Flächen zu sehen.

Auf dieser alten Luftbildaufnahme ist die komplette Anlage mit Krankenhaus, landwirtschaftlichem Betrieb und Flächen zu sehen. © Privat

Ein Jahr lang beschäftigte ihn das. Dabei ging es ihm weniger um die Baugeschichte als um die Menschen, „die hier geboren, gestorben, operiert wurden, gearbeitet und gelebt haben“. Nach Recherche in den unterschiedlichen Archiven stand für Michel Hülskemper daher vor allem die Suche nach Kontakten mit „Menschen, die das Haus kennen“ auf der Agenda. Eine Erfolgsgeschichte, in der er mit Zeitzeugen etliche Gespräche, persönlich oder telefonisch, führte, in der er mit Informationen, Dokumenten, Fotos überhäuft wurde. Erst recht nach dem Aufruf in der Münsterland Zeitung.

Begegnungen, Gespräche, Geschichten

Die Folge: Immer, wenn sich nach einem Interview die Tür hinter ihm schloss, öffnete sich schon eine neue. Michel Hülskemper: „Ich wurde sozusagen weitergereicht, von einem Wohnzimmer zum nächsten.“ So wurde er Zuhörer zahlreicher bewegender Erlebnisse, heiterer wie trauriger. Wie die der ersten Wöchnerin im Legdener Krankenhaus am 20. August 2019. Oder die der beiden Hebammen Änne Busch und „Fräulein Kleideiter“, die erst im selben Jahr ihren Dienst auch im Krankenhaus antraten. In den ersten Jahren und eben bis 2019 gab es dort nämlich noch keine Geburtenstation. Geboren wurde zuhause.

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Nicht nur in dieser Beziehung hat sich das Krankenhaus weiter entwickelt. Von zuerst 16 Betten auf später 60. Für die Pflege waren bis zu ihrem Ausscheiden 1987 Ordensschwestern, Franziskanerinnen aus St. Mauritz, zuständig. Neben der medizinischen und pflegerischen Betreuung – Ärzte aus dem Ort waren auch im Krankenhaus im Einsatz – gehörte auch die Ernährung von Patienten und Bewohnern dazu. Gemüse und Salat kam aus dem Garten, Kartoffeln vom Acker und das Fleisch stammte von Tieren aus dem eigenen Stall. Zum Krankenhaus gehörte auch ein landwirtschaftlicher Betrieb.

Die wichtige Rolle der Ordensschwestern

Im Zuge seiner intensiven Beschäftigung mit dem Haus und seinen Menschen ist Michel Hülskemper auch auf die große Bedeutung der „Franziskus-Schwestern“, wie sie im Ort genannt werden, gestoßen. Ablesbar sei das schon bei der Einweihung 1872 gewesen, als ihnen von der Kirchengemeinde der Schlüssel übergeben wurde. Bis 1987 waren die Schwestern im Einsatz und seien bis heute, zumindest bei den Älteren, nach wie vor sehr präsent. Auch das hat Michel Hülskemper bei seiner Buch-Arbeit erfahren.

Und auch, dass das Krankenhaus nicht nur das Legdener, sondern auch das Asbecker Krankenhaus war. Zwar hatten die Asbecker lange Zeit selbst auf ein eigenes Krankenhaus gespart, aber tragischer Weise wurde ihnen das Geld gestohlen und damit der Wunsch begraben. Das Jahr 1985 überschreibt Michel Hülskemper im Jubiläumsbuch mit „Ende und Anfang“. Das Jahr, in dem das kleine Legdener Dorfkrankenhaus dem „Krankenhausbedarfsplan“ zum Opfer fällt. Zehn Jahre hatte das örtliche Kuratorium vergeblich um den Erhalt gekämpft.

Vom Ende und Anfang

Eigentlich war es so etwas wie ein „Tauschhandel“, der für den Anfang des Altenwohnhauses St. Josef steht: Der Verzicht der Kirchengemeinde St. Brigida auf Widerspruch gegen die Entscheidung aus Düsseldorf wurde „belohnt“ durch die Unterstützung des Landes bei der Umgestaltung zum Altenheim. Das fand in einer Situation statt, in der im Krankenhaus bereits mehr Pflege- als Akutfälle behandelt wurden. Es sei dann auch kein Schalter umgelegt worden, betonte Michel Hülskemper.

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Der Prozess der Umgestaltung vom Krankenhaus zu einer modernen Altenwohneinrichtung sei in mehreren Abschnitten (baulich wie inhaltlich) erfolgt. Auch der Trägerwechsel, seit 2017 gehört das Altenwohnhaus St. Josef zur Stiftung Haus Hall, sei ähnlich geräuschlos vollzogen worden. Die Bewohner blieben, die Pflegekräfte auch. Und wieder mal steht ein Wandel an: Das teilweise (50 Prozent) schon umgesetzte Hausgemeinschaftsmodell soll auf 100 Prozent erweitert werden. Ein Umbau des aus dem 19. Jahrhundert stammenden Krankenhausbaus aber wäre zu aufwendig und zu teuer. Daher steht ein Neubau auf einer landwirtschaftlichen Fläche im Besitz der Kirchengemeinde im Fokus.

Wilhelm Winter: „Alle Beteiligten wollen das, auch die politische Gemeinde steht dahinter.“ Zurzeit läuft das Bauleitverfahren. Was dann aber aus dem Altbau wird, ist noch völlig offen. Sozusagen als „Appetitanreger“ finden vorab zwei Lesungen statt: am Donnerstag, 19. Mai, um 15 Uhr für Bewohner, Mitarbeiter und Angehörige im Altenwohnhaus; am Freitag, 20. Mai, in Kooperation mit dem Heimatverein um 19 Uhr in Haus Weßling.