Sportliche Senioren: Stadtlohner „Knackis“ und „Legdener Spätlese“ messen sich beim Kegeln

© Madlen Gerick

Sportliche Senioren: Stadtlohner „Knackis“ und „Legdener Spätlese“ messen sich beim Kegeln

rnKegelwettbewerb

Der Allltag im Altersheim bedeutet jeden Tag schweigend beim Kaffee zu sitzen und sich zu langweilen? Von wegen. Diese Senioren zeigen, wie viel Leben in ihnen steckt.

Legden

, 02.02.2020, 04:00 Uhr / Lesedauer: 3 min

„Der kommt gut!“ ruft eine Frauenstimme. Alle Blicke sind nach vorn gerichtet, es herrscht eine angespannte Stille. Dann bricht Jubel aus. Langsam dreht sich der alte Mann mit seiner Gehhilfe um. Mit einem Strahlen im Gesicht macht er sich auf den Weg zurück zu seinem Platz. „Für deine Begriffe war das schon ganz gut“, neckt sein Teamkollege Heinz Einhaus und lacht.

Die beiden sind Mitglieder im Männerstammtisch „Die Knackis“ des St. Josef Senioren- und Pflegezentrum in Stadtlohn. Heute trifft sich der Stammtisch mit der gemischten Truppe „Legdener Spätlese“ des Altenwohnhaus St. Josef Legden zu einem Kegelwettbewerb in der Gaststätte Hermannshöhe.

Die Kugel muss rollen.

Die Kugel muss rollen. © Madlen Gerick

Direkt zu Anfang wird klar: Der Wettbewerb bedeutet für die Senioren nicht nur Spaß, sondern er weckt auch Ehrgeiz und Siegeswille. „Ich hab noch nie gekegelt“, sagt Marianne Kaminiski aus der Legdener Truppe. „Wenn ich das jetzt ohne die Rampe versuche, wird das dann nur als Probeschuss gewertet?“, fragt sie hoffnungsvoll in die Runde. Aber die Antwort der Stadtlohner Männer in Form eines empörten Brummens ist eindeutig: „Ne, das geht nicht.“

Mit Schmackes werfen und Punkte holen

Um ja keine Punkte zu verlieren, benutzt Marianne Kaminiski, die in diesem Jahr 90 Jahre alt wird, dann doch die Rampe als Kegelhilfe. Sie nimmt die grüne Kugel in die Hand und heftet ihren Blick darauf. Vorsichtig positioniert sie die Kugel auf der Rampe. Die Seniorin presst die Lippen aufeinander. Ein letztes Mal überprüft sie die Position der Kegelhilfe, um einzuschätzen, in welche Richtung die Kugel rollen wird. Mit einem kräftigen Stoß lässt Marianne Kaminski los.

Nach drei Würfen hat sie 17 Punkte zusammen. Stolz kommt die Seniorin wieder zurück zu ihrem Platz. Ihr Geheimnis für so ein gutes Ergebnis? „Ich hab da ein bisschen Schmackes hintergegeben!“

Marianne Kaminski hat zum ersten Mal gekegelt. Dass sie Anfängerin ist, hat man ihr aber überhaupt nicht angesehen.

Marianne Kaminski hat zum ersten Mal gekegelt. Dass sie Anfängerin ist, hat man ihr aber überhaupt nicht angesehen. © Madlen Gerick

Was genau das bedeutet, versucht Altenpflegerin Babsi Heidbrink gerade einem Stadtlohner Senior zu erklären. Zusammen mit ihrer ehemaligen Arbeitskollegin Alexandra Thomas, die Altenpflegerin im Altenwohnhaus in Legden ist, hat sie das Vergleichskegeln der beiden Stammtische organisiert. „Wir haben spontan überlegt: Wir fordern uns mal gegenseitig heraus“, sagt Babsi Heidbrink.

Kegeln weckt Erinnerungen

Der Legdener Stammtisch kegelt normalerweise einmal im Monat in der Gaststätte Ostermann in Legden. Der Stadtlohner Männerstammtisch hingegen trifft sich nicht so regelmäßig zum Kegeln, sondern oft zum gemeinsamen Kochen.

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Trotzdem war den beiden Altenpflegerinnen ein Kegelwettbewerb sehr wichtig. „Die meisten Senioren können kegeln, manche waren früher im Kegelclub. Da kommen natürlich Erinnerungen wieder hoch“, erklärt Alexandra Thomas. Besonders für Demenzkranke sei das bedeutend.

„Das Schöne ist auch einfach mal rauszufahren und sich gegenseitig kennenzulernen“, ergänzt Babsi Heidbrink. Und dazu haben die Senioren beim Kegeln und anschließendem Essen ausreichend Zeit. Auch das ein oder andere Späßchen gehört dazu. So kommentiert Heinz Einhaus seine Kegelleistung mit den Worten: „Drei mal sechs! Genau das hatte ich auch immer auf meinem Zeugnis!“

Altenpflegerin Babsi Heidbrink und Franz Einhaus verstehen sich Bestens.

Altenpflegerin Babsi Heidbrink und Franz Einhaus verstehen sich Bestens. © Madlen Gerick

Auch nach 20 Jahren Pause noch geübt

Danach ist Hedwig Lauber an der Reihe. Die 80-Jährige war zehn Jahre lang Vorsitzende in einem Kegelverein in Gelsenkirchen. Doch als sie nach Asbeck zog, war im dortigen Verein kein Platz mehr frei. Stattdessen wurde sie Mitglied im Strickclub und im Seniorenverein. Das Kegeln heute ist eine Premiere: Zum ersten Mal seit zwanzig Jahren steht Hedwig Lauber wieder auf der Bahn.

Ihr Stand ist sicher, die Bewegung ihrer Arme wirkt gekonnt. Alles an ihr verrät: Verlernt hat sie den Sport noch lange nicht. „Ich hab immer schon gerne gekegelt und es gefällt mir auch jetzt noch. Aber Kegeln ist auch immer Glückssache“, sagt sie.

Hedwig Lauber hat zum ersten Mal seit zwanzig Jahren wieder gekegelt.

Hedwig Lauber hat zum ersten Mal seit zwanzig Jahren wieder gekegelt. © Madlen Gerick

Pflegerinnen spielen mit

Wie viel Glück man dabei haben kann, beweist Pflegerin Babsi Heidbrink. Sie darf, genau wie Alexandra Thomas und die beiden Altenpflegeschüler, auch einmal werfen. Dabei haut sie direkt alle Kegel um.

Jubelgeschrei und Geklatsche ertönt auf der Stadtlohner Seite des Tisches. „Das habe ich nur für die Knackis gemacht!“, ruft die Pflegerin erfreut. Mit einem Augenzwinkern sagt sie zu ihrem Team: „Zur Belohnung gibt’s jetzt aber ein Spaghetti-Eis von euch.“

„Wir haben ganz viel Spaß und lachen zusammen!“

Nachdem alle ein paar Mal an der Reihe waren, werden die Punkte zusammen gezählt. Alexandra Thomas verkündet den Sieger des Wettbewerbs: Der Stadtlohner Männerstammtisch „Die Knackis“! Sie überreicht den Senioren einen großen Pokal, der beim nächsten Vergleichskegeln zurück- oder wiedergewonnen werden kann. Denn nach diesem ersten Wettbewerb steht fest: Solche Treffen sollen öfter organisiert werden.

Freude bei den Stadtlohner „Knackis“ über den Pokal

Freude bei den Stadtlohner „Knackis“ über den Pokal © Madlen Gerick

„Altenheim ist eben nicht nur Pflegenotstand und traurig im Zimmer sitzen, wie das manchmal dargestellt wird“, erklärt Babsi Heidbrink. „Wir haben ganz viel Spaß und lachen zusammen!“

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