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Nebeneffekt: AHA-Regeln wirken sich auch auf weitere Infektionskrankheiten aus
Infektionskrankheiten
Seit dem zweiten Quartal 2020 beherrschen Abstands- und Hygieneregeln den Alltag. Wie die Statistik zeigt, haben diese Maßnahmen Einfluss auf die Übertragung weiterer Infektionskrankheiten.
,Mehr Hygiene, weniger Kontakte: Die Maßnahmen gegen die Corona-Pandemie haben nicht nur laut Robert-Koch-Institut (RKI) dazu beigetragen, dass auch andere Infektionskrankheiten seltener auftreten. Die Zahlen für den Kreis Borken belegen diese These: Im Corona-Jahr 2020 ist im Kreis Borken durch die Hygienemaßnahmen ein deutlicher Rückgang bei vielen Infektionskrankheiten – Corona-Infektionen natürlich ausgenommen – festzustellen.
In der Summe seien 40,8 Prozent weniger Nachweise gemeldet worden, teilt die DAK-Gesundheit mit. Und auch in Legden kann dieser Eindruck aus der Praxis bestätigt werden, berichtet Bernd Balloff aus der Hausarzt-Praxis Münsterland.
Auffälliger Rückgang der Zahlen mit Beginn der Pandemie
Wie das RKI mitteilt, war tatsächlich der stärkste Einbruch bei den Erregern zu verzeichnen, die sich über Atemwege verbreiten. So lag das Minus bei Masern deutschlandweit bei gar 85,5 Prozent. Weitere sogenannte Kinderkrankheiten kamen weniger oft vor. So sank, wie auf Nachfrage beim Kreis Borken zu erfahren war, die Zahl der meldepflichtigen Keuchhusten-Fälle im Kreis von 70 im Jahr 2019 auf 31 im Jahr 2020.
Bei den Windpocken ist der Rückgang in Summe zwar eher marginal (129 auf 117) und auch im Fünf-Jahres-Vergleich nicht besonders, aber die Analyse der unterjährigen Zahlen ist schon auffällig. So trat – wie beim Keuchhusten auch – fast exakt die Hälfte der Infektionen in den ersten drei Monaten auf – und damit bis zum Beginn der Corona-Pandemie. In der zweiten Jahreshälfte waren es noch ganze 22 Fälle.
Teilweise ähnlich stark gingen zudem die Meldezahlen bei Erregern zurück, die den Magen-Darm-Trakt befallen. Laut einer Analyse der DAK-Gesundheit von Zahlen des RKI gingen Norovirus-Infektionen um 61,7 Prozent im Kreis zurück (wir berichteten).
Kontaktbeschränkungen wirken sich aus
Die Gründe für den Rückgang sehen Experten vor allem bei den Corona-Maßnahmen der Regierung, die auch einen Einfluss auf die Übertragung von anderen Krankheiten gehabt haben. „Das entspricht auch unserer Erfahrung“, bestätigt Bernd Balloff. Er verweist vor allem auf die gängige AHA-Formel, Abstandsregeln und Handhygiene hätten diesen positiven Nebeneffekt neben dem Masken tragen. Dazu gesellen sich Kontaktarmut und -beschränkungen. Maßnahmen wie etwa Schul- und Kitaschließungen oder auch Homeoffice-Lösungen können ebenfalls angefügt werden.
Der Gesamtrückgang betraf laut RKI alle Altersgruppen und war bei Kindern bis 14 Jahre und Senioren über 80 am stärksten. Insgesamt hätte die Corona-Pandemie auch dafür gesorgt, dass das Bewusstsein der Menschen dahingehend geschärft worden sei, dass Infektionskrankheiten auch sehr schwere Verläufe haben können, ergänzt Balloff. Und das betreffe nicht nur Covid-19.
Grippesaison 2020 endet früh nach erstem Lockdown
Vergleichsweise moderat scheint auf den ersten Blick der Rückgang gemeldeter Influenza-Fälle, also der Grippe, zu sein. Der genaue Blick auf die Zahlen zeigt jedoch, dass die meisten jährlichen Influenza-Ansteckungen auf die Grippe-Saison entfallen. Und diese hatte auch 2020 im Februar und März ihren Höhepunkt – also zum Beginn der Corona-Pandemie.
Auffällig ist dabei auch hier, dass die Grippesaison im Vergleich zu den Jahren 2018 und 2019 im Corona-Jahr 2020 früher endete als sonst – und zwar unmittelbar nach dem ersten Lockdown im März 2020.