
© Laura Schulz-Gahmen
Mit Video: Spaziergang durch Amprion-Tunnel in 14 Metern Tiefe
Reportage
Das Projekt Erdkabelverlegung wird die Legdener noch eine Weile begleiten. Unsere Redakteurin hat einen Blick ins Innere des Amprion-Tunnels geworfen und Eindrücke in 14 Metern Tiefe gesammelt.
Glitschig und nass war der Boden, warm und schwül die Luft. So war es am Dienstagvormittag, als ich mich in einer Situation befand, von der ich dachte, ich würde mehr Panik haben. Mit Helm und Weste bewaffnet, fühlte ich mich wie eine Abenteurerin.
Der Amprion-Tunnel in Legden soll etwa 1300 Meter lang werden. Er liegt in 14 Metern Tiefe und das Rohr, in das später insgesamt zwölf stromfähige Kabel verlegt werden sollen, hat einen Außendurchmesser von 3,60 Metern. Die Wandstärken betragen 30 Zentimeter, sodass innen ein Durchmesser von 3 Metern ist.
Die ersten Schritte im Tunnel
Für mich geht es zusammen mit Projektsprecher Jonas Knoop und Bauleiter Boris Peirick die Stufen runter zum Tunnel. Wer nicht schwindelfrei ist, dem könnte hier mulmig werden. Unten angekommen, schaue ich nach oben. Beeindruckend ist es ja schon, wenn man sieht, wie viele Tonnen Erde einen umringen, finde ich.

Ganz schön lang: Insgesamt 580 Meter lang ist der 14 Meter tiefe Tunnel bereits. © Laura Schulz-Gahmen
Ich setze mir einen Baustellenhelm auf, trage Handschuhe und eine Warnweste. Los geht es. Die ersten Schritte im Tunnel klettern wir an großen Gerätschaften vorbei, ab und an ist es etwas rutschig, sodass man genau aufpassen muss, wo man hintritt. Danach geht es im Grunde nur noch geradeaus. Auf dem Boden ist mal mehr und mal weniger Wasser, „aber alles ganz normal auf so einer Baustelle“, sagt Boris Peirick mir. Ab und zu bleiben wir stehen, hören uns die Maschinengeräusche an und lassen Arbeiter an uns vorbeigehen.
Sechs Rohrstücke pro Tag
Seit dem 23. April laufen die Arbeiten am Bauabschnitt S1 in Legden auf Höhe der Adresse Beikelort 5 bereits. Die Schildtaufe war wenige Tage zuvor. Geschafft haben die Mitarbeiter seither sage und schreibe 580 Meter.

Vom Maschinenraum aus werden die Maschinen außerhalb des Tunnels gesteuert. © Laura Schulz-Gahmen
Damit das vorangeht, „wurden etwa drei Rohrstücke pro Tag in den Boden verlegt“, sagt Bauleiter Boris Peirick vom Unternehmen Rohrvertrieb Epping im Gespräch mit der Redaktion. Das entspricht etwa zwölf Metern an täglichem Baufortschritt. Seit etwa einer Woche wurde der Schichtbetrieb umgestellt, sodass jetzt – „wenn alles optimal läuft – sechs Rohrstücke am Tag verlegt werden“, so Peirick weiter. Seitdem werden also sogar 24 Meter pro Tag gemacht. Ein Rohrstück hat das Gewicht von 32 Tonnen und ist vier Meter lang.
Zehn Meter pro Schicht
Mittlerweile wird an vier Wochentagen auch nachts gearbeitet. Die Mitarbeiter arbeiten im Drei-Schichtbetrieb in 24 Stunden. „Wenn alles optimal läuft, können zehn Meter in einer Schicht gemacht werden“, sagt Boris Peirick.
Derzeit bohrt sich der Bohrer durch sogenannten Mergel. „Das hat fast schon Festgestein-Charakter“, so Peirick. Auf den letzten Metern erwartet er dann aber wieder sandigeres und somit besser durchdringbares Bodenmaterial.
Vom Bauabschnitt S1 Beikelort bis hin zur Zielgrube Ü2 an der Reithalle Legden müssen insgesamt etwa 1300 Meter Kabelgräben geschaffen werden. Am Bauabschnitt Ü2 werden aus dem Tunnel in zwei Metern Tiefe dann Kabelgräben hochgeführt und „dann geht es in die offene Verlegung über“, so Jonas Knoop, Projektsprecher vom Unternehmen Amprion im Gespräch mit der Redaktion.
Laser als genaues Messgerät für Bohrung
Ein dunkelgraues dickes Rohr zieht sich durch den kompletten Tunnel. Es fördert Frischluft ans andere Ende, dort wo die Arbeiter sind. Ein Gefährt kommt uns entgegen, es ist dafür vorgesehen, verletzte Personen zum Ausgang zu befördern. Aber die Arbeiter nutzen es auch als Beförderungsmittel für Materialien. Es bleibt vor uns stehen, vorsichtig klettern wir am Gefährt vorbei und setzen unseren Marsch fort.

Mithilfe dieses Lasers wird die Bohrung ganz genau. © Laura Schulz-Gahmen
Unterwegs fällt mir auf, dass auf dem Baustellenhelm vor mir, von Jonas Knoop, ein roter Punkt aufgetaucht ist. Boris Peirick erlärt mir, woher der kommt und was es damit auf sich hat: „Das ist der Laser, er dient als generelles Messgerät für die genaue Bohrung. Am Ende des Tunnels gibt es ein Fadenkreuz, sodass die Arbeiter, die oben die Maschinen bedienen, genau wissen, wie sie die Maschine einzustellen haben“, so der Bauleiter.
Projekt soll in 2023 abgeschlossen sein
Ende August soll der Tunnelbau zwischen Abschnitt S1 und Ü2 dann geschafft sein. „Dann wird die Vortriebsmaschine im Ü2-Schacht geborgen und in Richtung Ü1 gebracht. Das liegt dann ein kurzes Stück hinter dem Ortsausgang von Legden in Richtung Stadtlohn“, sagt Jonas Knoop.

Am Ende des Tunnels angekommen Jonas Knoop und Boris Peirick (v.l.). © Laura Schulz-Gahmen
„Die Vortriebsarbeiten sollten Ende Oktober beendet sein“, so Knoop weiter. Dann folgen die Vorbereitungen für den Kabeleinzug. Dafür werden extra Halterungen an die Innenwände des drei Meter breiten Rohres angebracht. Die Schlitze für die Anbringung sind bereit gut zu sehen. Der Bau des Übergangbauwerks soll voraussichtlich im kommenden Jahr erfolgen. Abgeschlossen sein soll das gesamte Projekt voraussichtlich im Jahr 2023.
Ich bin beeindruckt. Ich hatte erwartet, dass ich mich so tief unter der Erde unsicher fühlen würde, beklommen oder zumindest unwohl. Aber das Gegenteil war der Fall. In aller Ruhe haben mir Bauleiter und Projektsprecher meine Fragen auf unserem Marsch durch das etwa drei Meter breite Rohr beantwortet. Am Ende fühlte ich mich wie eine kleine Abenteurerin. So dürften sich die Arbeiter im Amprion-Tunnel jeden Tag fühlen.
Laura Schulz-Gahmen, aus Werne, ist Redakteurin bei Lensing Media. Vorher hat sie in Soest Agrarwirtschaft studiert, sich aber aufgrund ihrer Freude am Schreiben für eine Laufbahn im Journalismus entschieden. Ihr Lieblingsthema ist und bleibt natürlich: Landwirtschaft.
