Zusammen ging die Testphase in die zweite Runde. Mit dabei (v.l.): Tobias Ott, Projektleiter für Prof. Seipp TU Gießen, Bürgermeister Dieter Berkemeier, Rojda Polat (TU),  Rektor Knut Kasche, Alfred Mennekes und Paveld Melnik (TU).

© Markus Gehring

Lüftungsversuche mit Verstärkung aus Gießen in zweiter Runde gestartet

rnKlassenlüftung

Die Lüftungsversuche von Alfred Mennekes in Legden wurden in der zweiten Runde unter realen Bedingungen getestet. Auch die Technische Hochschule Mittelhessen war dieses Mal mit am Start.

Legden

, 30.11.2020, 18:00 Uhr / Lesedauer: 3 min

Es ist kalt draußen und dieser Kälte sind derzeit deutschlandweit Schüler ausgesetzt, wegen des Coronavirus. Denn es gilt zwar Maskenpflicht in Schulen, aber zusätzlich auch auch eine strenge Lüftungsroutine, um der Verbreitung des Virus entgegenzuwirken. Das bedeutet für die Schüler vor allem eins: dick einpacken. Aber vielleicht könnte das bald der Vergangenheit angehören und zwar nicht erst, wenn die Temperaturen im Frühjahr wieder nach oben klettern.

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Alfred Mennekes (71) war bis zu seinem Ruhestand Tierarzt in Legden und kennt sich mit Lüftungsanlagen aus. Gesehen hat er die zwar meist in Schweineställen, aber sie haben ihn dazu animiert, sich mit dem Thema Lüftung in Schulen auseinanderzusetzen.

Erste Tests im leeren Klassenraum

Und das macht er nicht etwa im Alleingang, denn mittlerweile schart sich ein Team der Technischen Hochschule Mittelhessen um den ehemaligen Tierarzt. Zu dritt sind sie nach Legden angereist, um die bisher erfolgten Tests in leeren Klassenräumen noch einmal unter realen Bedingungen zu prüfen. Und das taten sie jetzt in einem Klassenraum der Paulus-van-Husen-Schule, inklusive Schülern.

Alfred Mennekes hatte bereits Anfang November in einem leeren Klassenzimmer der Paulus-van-Husen-Schule Lüftungsversuche durchgeführt.

Alfred Mennekes hatte bereits Anfang November in einem leeren Klassenzimmer der Paulus-van-Husen-Schule Lüftungsversuche durchgeführt. © privat

„Ich habe mich gefragt, wie kann man noch effektiver in Klassenzimmern lüften? Da ich nicht davon überzeugt bin, dass das Lüften mit Fenstern effektiv genug ist“, sagte Alfred Mennekes im Gespräch mit der Redaktion bereits im Anfang November.

Versuche unter realen Bedingungen

Nun wurden erneut Messungen durchgeführt, diesmal mithilfe des dreiköpfigen Teams aus Gießen, das zu Prof. Dr. Hans-Martin Seipp gehört. Seipp ist Spezialist für Gesundheitsschutz und Hygiene. Wie bereits bei den ersten Versuchen Anfang November wurden auch dieses Mal unterschiedliche Verfahren getestet. Die Schüler waren bei allen getesteten Verfahren anwesend.

Während des Versuchs Nummer 1 war ein Fenster geöffnet im Klassenzimmer und zwei Ventilatoren liefen „zur Verteilung der Aerosole, damit man sehen konnte, wie die Luftteilchen sich im Raum verteilen“, sagt Alfred Mennekes im Gespräch mit der Redaktion. Nach einer Wartezeit von fünf Minuten wurden im Anschluss drei Minuten lang die Fenster geöffnet. Die Türen blieben geschlossen, um eine Querlüftung zu vermeiden.

Messungen in verschiedenen Höhen

Danach wurden Messungen durchgeführt, um zu sehen wie sich die Aerosole im Verlauf weiter verhalten, das heißt beim Lüften und danach. Gleichzeitig wurde der Temperaturverlauf im Klassenraum gemessen, und zwar in verschiedenen Höhen, denn „kalte Luft fällt immer nach unten“. Die Messungen wurden in 10 Zentimetern Höhe, in 30 Zentimetern Höhe, in 60 Zentimetern Höhe und in 1,20 Metern Höhe durchgeführt.

„60 Zentimeter entsprechen ungefähr der Sitzhöhe und 1,20 Meter ist etwa Standhöhe“, erklärt Alfred Mennekes. Die Messungen wurden außerdem in verschiedenen Ecken des Raumes durchgeführt.

Effektives Lüften gewünscht

Im zweiten Versuch lief der Ventilator, und auf der anderen Seite war ein Fenster ganz geöffnet. Danach wurden erneut Messungen durchgeführt. Im dritten Versuch lief der Ventilator „bei langsamer Umdrehung“ und ein Fenster war gekippt. „Damit wurde die Lüftung während einer Schulstunde simuliert“, sagt der Tierarzt im Ruhestand. Die Lüftungsart sei am vielversprechendsten, mit zehn Minuten Lüftung und langsamer Luftbewegung durch zwei Ventilatoren.

Doch die endgültigen Ergebnisse liegen noch nicht vor, da die Versuche noch nicht abgeschlossen sind. Beim nächsten Versuch soll ein größerer Ventilator zum Einsatz kommen, aber dann werden keine Schüler anwesend sein. Das Prinzip ähnelt der Stoßlüftung, so wird eine hohe Menge an Luft ausgetauscht, gleichzeitig soll der Raum möglichst wenig auskühlen. „Man will ja, dass effektiv gelüftet wird, sodass gute Luft rein kommt aber wenig Wärme dabei verloren geht“, sagt Alfred Mennekes.

Ein weiterer Test soll Lüftung weiter optimieren

Um das zu erreichen, wollen Alfred Mennekes und das Team der Technischen Hochschule Mittelhessen das Lüftungsverfahren, das am besten funktioniert, noch ein wenig optimieren. Die Kosten für die Lüftungstechnik sind bereits berechnet und sollen pro Klassenzimmer und inklusive Montage unter 1000 Euro liegen. „Das wäre wesentlich günstiger als ein Luftwäscher, der rund 4000 Euro kosten würde“, so Mennekes. Außerdem ist er der Meinung, dass es mindestens zwei Luftwäscher pro Raum bräuchte, damit lägen die Kosten schon bei rund 8000 Euro.

Alfred Mennekes ist Tierarzt im Ruhestand und tüftelt an der besten Lüftungstechnik für Schulklassen.

Alfred Mennekes ist Tierarzt im Ruhestand und tüftelt an der besten Lüftungstechnik für Schulklassen. © privat

Luftwäscher seien zudem bedeutend lauter, was dazu führt, dass Schüler sich nicht konzentrieren können und unter Umständen auch dem Lehrer nicht folgen können, weil sich schlicht nicht hören können, was er erzählt.

„Es war beeindruckend“

Aber nicht nur der Faktor Geräuschkulisse sei bei einem Ventilator im Klassenraum von Bedeutung. Hinzu komme bei dem Lüftungsverfahren durch Ventilatoren auch, dass es keine verbrauchte Luft mehr nach dieser Lüftungsart im Raum gibt. Das heißt: „Dadurch sinkt der CO2-Gehalt in der Luft und gleichzeitig erzeugt man so einen hohen Sauerstoffgehalt“, erklärte Alfred Mennekes bereits nach seinen ersten Versuchen Anfang November. Das habe auch den Vorteil, dass Schüler nicht mehr so müde seien und die Konzentrationsfähigkeit steige.

Bei der zweiten Versuchsreihe am 24. November unter realen Bedingungen mit Schülern im Klassenraum, haben laut Mennekes sowohl der Lehrer der Paulus-van-Husen-Schule als auch die anwesenden Schüler phantastisch mitgemacht: „Es war beeindruckend, mit wie viel Disziplin sie die Masken tragen. Da können sich viele eine Scheibe von abschneiden.“

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