Gerhard Schulze Hauling ist von Anfang an begeistert von den Schätzen, die damals in seiner Nachbarschaft in der Bauerschaft Haulingort geborgen werden, und ist es immer noch. Nach wie vor hofft er darauf, dass die Wissenschaftler noch mehr entdecken und die Schätze auch irgendwann öffentlich gezeigt werden können: „Das Thema ist nicht vergessen und interessiert uns Anwohner wirklich sehr.“
Nur sehr langsam aber schreitet die wissenschaftliche Auswertung der Haulingort-Funde voran. Ein Grabungsbericht liegt allerdings inzwischen vor. Mit weiteren Erkenntnissen.
Es kommt zu „Notbergungen“
Rückblende. Es ist der Sommer 2020, als ein Archäologen-Team in aller Eile Ausgrabungen am Rande des Mühlenbachs in der Legdener Bauerschaft Haulingort auf einem 300 Meter langen Streckenabschnitt vornimmt. Warum dieser Zeitdruck und warum es dabei dann auch zu so genannten „Notbergungen“ kommt, ist der damaligen Situation geschuldet. Dem Bau der Ferngasleitung Zeelink bis hin zur Verdichterstation Legden.
Was dabei geborgen wird, gibt Auskunft nicht nur über Bestattungsformen, sondern auch über die Lebenswirklichkeit der früheren Bewohner und überhaupt über die Siedlungsentwicklung Legdens. Was aber heißt hier eigentlich früher?
Das ergibt sich aus der Untersuchung der Bestattungsgefäße. Anhand der Keramik können die Archäologen belegen, dass die Gräber aus der Bronzezeit (2200 bis 800 v. Chr.) stammen und damit bereits in dieser Zeit eine Siedlung bestand. Laut Dr. Bernhard Stapel von der Außenstelle des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) von Menschen, die von Ackerbau und Viehzucht lebten und angesichts von Mangelernährung, schlechten hygienischen Bedingungen und schlechter medizinischer Versorgung selten älter als 30 Jahre wurden.
Frühe Siedlungsreste
Weiß man jetzt, drei Jahre später, noch mehr über die Vergangenheit des Haulingortes? Die Antwort ist ein klares Ja. Die 30 Urnengefäße, die eingegipst wurden und sich nach wie vor in den LWL-Restaurierungswerkstätten befinden, sind nämlich nicht die einzigen Fundstücke, die Auskunft darüber geben können. Im Bericht von Ines Jöns (Grabungstechnikerin) und Felix Kunze (Grabungsleiter) wird festgestellt, dass die in der Nähe des Gräberfeldes entdeckten „Siedlungsreste“ beweisen, dass Legdens Siedlungsgeschichte nicht erst in der Bronzezeit beginnt.
Im Grabungsbericht ist die Rede von Befunden und Funden aus verschiedenen Epochen: des „Jungneolithikums (Jungsteinzeit ), der frühen und späten Bronzezeit, der frühen Eisenzeit, der römischen Kaiserzeit sowie des frühen und hohen Mittelalters“. Beispiele: Bruchstück eines Backtellers aus dem Jungneolithikum oder ein frühbronzezeitliches „Randleistenbeil“.
Auch das fanden die Wissenschaftler heraus: Das Areal mit drei Gruben, in denen die ältesten Besiedlungsspuren gefunden wurden, wurde in der späten Bronzezeit als Friedhof genutzt.
Die Toten wurden auf einem Scheiterhaufen verbrannt, die Knochen anschließend aussortiert und bestattet. In diesem Fall wurden in den besagten 30 Brandgräbern, die 2020 dokumentiert werden, 20 sterbliche Überreste in Keramikgefäßen beigesetzt, ein einziges davon mit einer reichen Verzierung.
Bei den anderen zehn wurde ein Behälter aus organischem Material verwandt. So genannte kompakte „Knochennester“ deuten die Archäologen so. Bei den bislang in den Urneninhalten gefundenen „Beigaben“ wird im Bericht als Besonderheit eine Pinzette genannt, als Teil eines persönlichen Toilettebestecks.
Brunnen und Vorratsgrube
Außerdem geben die Funde Hinweise auf alte „Pfostenbauten“ aus der römischen Kaiserzeit, die angesichts der landwirtschaftlichen Nutzung des Geländes über Jahrhunderte aber nicht gesichert rekonstruiert werden können. Gesichert sind aber Spuren „gestelzter Speicherbauten“.
Die Ausgrabungen befördern auch Erkenntnisse über die damalige Wasserversorgung zutage: Sie erfolgte über einen Brunnen/Schöpfstelle. In einer „Vorratsgrube“ wurden Keramiken vom 2. bis 4. Jahrhundert – vor allem einheimische – gefunden. Gleichwohl gibt es auch einen geringen Anteil römischer Keramik sowie spätantike Bronzemünzen.
Anwohner bleiben dran
So weit die im Grabungsbericht zusammengefassten ersten und vorläufigen Ergebnisse. Die Untersuchungen gehen nämlich weiter. Bernhard Stapel: „Das kann noch länger dauern, bis zur wissenschaftlichen Publikation sogar bis zu zehn Jahren.“ Die Archäologen gehen aber davon aus, dass es in Zukunft noch weitere Einblicke in die Besiedlungsgeschichte Legdens und der Umgebung geben wird.
Der Idee eines örtlichen Museums hatte Dr. Stapel schon vor drei Jahren eine Absage erteilt, wohl aber die Möglichkeit einer temporären Ausstellung vor Ort nicht ausgeschlossen. Das wird aber wohl noch dauern.
Für Gerhard Schulze Hauling steht dennoch fest, dass er die ganze Thematik weiter verfolgen wird. Das sieht auch Bernhard Laukötter, Vorsitzender des Asbecker Heimatvereins, genauso: „Das ist einfach spannende Ortsgeschichte.“
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