Dem Wald geht es schlecht Ist auch in Legden nur noch jeder fünfte Baum gesund?

Dem Wald geht es schlecht: nur jeder fünfte Baum ohne Kronenschaden
Lesezeit

Gut 17 Prozent der Gemeindefläche Legdens ist Wald. Das sind fast 10 Quadratkilometer oder 1400 Fußballfelder. Die Legdener sind in ihrer Freizeit gerne im Wald unterwegs, sei es rund um die Egelborg, in den Waldgebieten in den Bauerschaften oder im nahe gelegenen Waldgebiet Bröke. Immer wieder stoßen Besucher dabei auf Veränderungen des Bewuchses. Sturm, Trockenheit und Hitze setzen den Bäumen zu und sorgen für Schäden.

Die Waldzustandserhebung für 2022 wurde in der vergangenen Woche vom Bundesministerium für Landwirtschaft veröffentlicht und gibt einen Überblick über den Zustand des Deutschen Waldes. Freiherr Clemens von Oer spricht als Waldbesitzer und -kenner mit der Redaktion über den Zustand der Legdener Wälder und gibt direkt zu Beginn zu bedenken, dass die Zustandserhebung eine rein statistische Auswertung sei. „Die regionalen und örtlichen Einflüsse auf die Wälder werden dabei nicht berücksichtigt“, erklärt er.

„Das allgegenwärtige, flächendeckende Absterben der Fichten liegt in Legden nicht am Klimawandel“, sagt er. Rückwirkend betrachtet, sei der Anbau der Fichte im Münsterland ein Fehler gewesen. Nach dem Zweiten Weltkrieg haben die Alliierten ganze Wälder gerodet und das Holz als Reparationszahlung mitgenommen.

Es wurde also schnell viel Holz für den Wiederaufbau benötigt. „Die Fichte bot sich als schnell wachsender Baum mit geringen Nährstoffanforderungen, einer hohen Anwachsrate und dem günstigen Preis für Setzlinge an“, erklärt Clemens von Oer.

Außerdem habe die Fichte einen hohen Vornutzen. „Nach nur wenigen Jahren konnte sie als Weihnachtsbaum, für den Stallbau und als Führungsstange für Klettergemüse wie Bohnen genutzt werden“, weiß Clemens von Oer. „Nach nur 50 Jahren stand ein sägefähiger Baum im Wald, der geerntet werden konnte und als Bauholz, für den Innenausbau und für Möbel verwendet wurde“, erklärt er weiter.

Dass die Fichte eigentlich ein Gebirgsbaum sei, der wegen der Staunässe im Flachland nur flach wurzelt und dadurch an Standfestigkeit einbüßt, wurde damals nicht bedacht.

Dass es dann zu einem so massiven Sterben der Fichtenpopulation gekommen sei, hänge von mehreren Faktoren ab und sei auch einfach Pech gewesen. Begonnen habe es mit einem sehr nassen Winter in den Jahren 2016 und 2017, der an der Standfestigkeit der Fichten genagt habe. Die dann folgenden Stürme rissen große Löcher in die Fichtenbestände. Und in diese Löcher schien die heiße Sommersonne.

Borkenkäfer in Scharen

Das sorgte nicht nur dafür, dass die Bäume vertrockneten, auch die Borkenkäfer verbreiten sich unter diesen Umständen rasant. „Ich habe noch nie so viele Borkenkäfer gesehen wie in diesen Sommern. Ganze Wolken zogen durch meine Wälder“, erzählt der Legdener. Diese ungünstige Kombination habe dafür gesorgt, dass vielerorts kahle Waldstücke zurückblieben.

Borkenkäfer und Larven unter in einem Baumstamm.
So sieht das aus, wenn der Borkenkäfer es sich mit seiner Familie unter einem Stamm gemütlich macht. © picture alliance/dpa

„Die Aufforstung dieser Flächen mit Mischkulturen ist das Gebot der Stunde“, weiß Clemens von Oer. „Als Ersatz für die Fichte werden Douglasien, Küstentannen oder japanische Lärchen empfohlen. Deren Holz ist ähnlich vielseitig verwendbar wie das der Fichte und sie kommen gut mit trockenen Sommern zurecht“, erläutert der Fachmann.

Würde man die Flächen einfach brach liegen lassen, entwickele sich in kürzester Zeit eine Brombeer-Wüste mit nur wenigen Sträuchern und vereinzelten Bäumen. „Das Samendepot unter Fichten ist zu gering“, sagt er. Das reiche nicht für eine sogenannte Naturverjüngung, wie der durch heruntergefallene oder angeflogene Samen entstandene Nachwuchs genannt wird.

Biotope statt Wald

„Solche Flächen gelten dann als Biotop und dürfen nicht mehr verändert werden“, so Clemens von Oer weiter. Es könne kein neuer Wald entstehen, wie viele ihn kennen und lieben. Gehandelt wird nach dem heutigen Wissensstand. „Niemand weiß, welche Schädlinge es noch geben wird und wie sich das Klima entwickelt“, erläutert der Freiherr.

Auch in Legdens Wäldern sind die Laubbaumarten Buche und Eiche am verbreitetsten. „In unseren Wäldern stehen überwiegend Stieleichen, die kommen mit der Trockenheit erstaunlich gut zurecht“, stellt der Waldbesitzer fest. Ähnlich spiegelt es auch der Bericht der Bundesregierung wider.

„Die Buchen leiden mehr. Selbst Bäume, die schon hundert Jahre an der gleichen Stelle stehen, bekommen Schäden aufgrund des fehlenden Wassers“, berichtet er. „In einem meiner Wälder gibt es eine natürliche Nachzucht von Buchen. Spannend ist jetzt zu beobachten, ob die sich den veränderten Bedingungen anpassen und vielleicht besser mit der Trockenheit im Sommer zurechtkommen als ihre ‚Vorfahren‘. Das werde ich aber leider nicht mehr erleben“, sagt der Legdener mit einem Schmunzeln.

Wenige Einschränkungen

Zur Schonung des sich im Umbruch befindlichen Waldes könne jeder Besucher beitragen, appelliert Clemens von Oer abschließend. „Wer seinen Hund bei sich behält, nicht nach Sonnenuntergang durch den Wald läuft und auf den Wegen bleibt, leistet schon einen wichtigen Beitrag“, erklärt er. „Dann werden keine Setzlinge zertrampelt und das Wild frisst weniger Knospen. Rehwild ist da sehr empfindlich bei Störungen des Tages- beziehungsweise Fressablaufs.“

Kita-Schließung aufgrund Personalmanagels: Müssen Legdens Eltern bangen?

Halbzeit bei Legdener Energiesparwochen: Die nächste Runde soll noch mehr interessieren

Legdener Ausbildungscampus geht in die zweite Runde: Gleicher Ort, ausgeweitetes Angebot