„Legden 3.0“ - so haben Studierende des Masterstudiengangs „Architektur: Projektentwicklung“ der Hochschule Bochum ihre Visionen für das sogenannte Venceremos-Areal betitelt, die sie am Samstag (29. April) im Haus Weßling der Legdener Öffentlichkeit vorstellten. Auf dem Grundstück an der Hauptstraße mitten in Legden wird heute noch Papier produziert, bald könnten dort Wohnungen, Supermärkte, Grünflächen und Gastronomie entstehen.
Als „kleinen Blick in Legdens (mögliche) Zukunft“ bezeichnete Zentrenmanager Dr. Thomas Hakenfort das, was sie in einer „Machbarkeitsstudie über einen integrierten Einzelhandelsstandort in Legden“ entwickelt haben. Und das für eine „sehr bedeutsame Fläche“, die bereits 2014 beim „Integrierten Handlungskonzept“ im Fokus künftiger Orts-Entwicklungen stand.
Als „Potenzialfläche“, auf der laut Wortbedeutung vieles möglich ist und die eben großes Potenzial besitzt, wurde sie auch diesmal genauer beleuchtet. Beim gemeinsamen Nachdenken mit den Studierenden, an dem auch Paul Königsmann als Eigentümer des größten Teils der Planfläche, sowie Vertreter von Rossmann, Rewe, Aldi und Ernstings Family und der Kreis Borken beteiligt waren, sei es aber nicht um „Luftschlösser“, sondern um eine „realitätsnahe Entwicklung“ gegangen, sagte Thomas Hackenfort.

Wie diese aussehen könnte, haben die Studierenden auch in einer Broschüre zusammengefasst, deren Inhalt sie am Samstag komprimiert präsentierten. Dabei haben sie nicht allein die Venceremos-Fläche „überplant“, sondern das „Suchgebiet“ um angrenzende Flächen verschiedener Eigentümer erweitert.
In Planungsworkshops hatten sie zuerst zehn Ziele entwickelt, die dabei berücksichtigt werden sollen. Zum Beispiel auch: ökologischer Mehrwert, Aufenthaltsqualität, Orte der Begegnung, Fußgängerfreundlichkeit.
Drei Planungsvarianten
Herausgekommen sind drei Varianten, die grob gesagt eine (verdichtete) Wohnbebauung im Norden und Einzelhandel im Süden, Grüngürtel, Begegnungsräume, Gastronomie vorsehen und auch Rathaus (plus Polizei) und Kindergarten St. Brigida dort neu platzieren. Als Flächengröße werden für Rewe 1650, für Aldi 1500, für Rossmann 750 und für Ernstings Family 250 Quadratmeter angenommen. Zahlen, die auf Angaben der Unternehmen basieren.
Von Herbert Feldhaus (CDU), aber auch aus dem Publikum, gab es dazu trotz Anerkennung der „interessanten Vorschläge“ etliche kritische Nachfragen. Die drehten sich im Kern um die Parkmöglichkeiten sowie die Erschließung des Wohngebietes mit den rund 35 angedachten Wohneinheiten.
Kritische Nachfragen
Woran sich die Kritik vor allem entzündete, war, dass zwar die gesetzlich vorgeschriebene Stellplatzanzahl eingehalten, Parkflächen aber nicht am Haus, sondern auch auf den Gebäuden der Einzelhändler vorstellbar sind. Ein Zuhörer wurde da ganz deutlich: „Das passt einfach nicht zu Legden, das ist komplett falsch gedacht, jeder braucht ein Auto.“
Mit dem Parken auf dem Dach konnten sich die Vertreter von Rewe und Rossmann nicht anfreunden, mit dem Standort schon. Andreas Beckers (Rossmann): „Das funktioniert nicht, nicht in Legden, nicht in Ahaus oder Münster.“ Als Beispiel aus der Region nannte er den Dach-Parkplatz von Edeka in Stadtlohn, der immer leer sei. Aber: „Es sind ja erste Ideen, das Potenzial ist da.“

Peter Gumprich (Rewe), selbst mal Stadtplaner, sah das nicht anders: „Parken auf dem Dach funktioniert nicht bei Lebensmitteln.“ Erst recht problematisch sei es, wenn der Mitbewerber dann andere Parkplatzmöglichkeiten anbiete. Auch die angedachte gemeinsame Anlieferung funktioniere nicht. Das habe viele, auch versicherungstechnische Gründe. Stattdessen regte er an, die Größe der Grüngürtel angesichts des vielen Grüns ringsum zu überdenken.
Zentrenmanager Dr. Stefan Hochstadt versuchte zu beruhigen: „Es soll hier keine Kulturrevolution geben.“ Und natürlich müsse man die Besonderheiten des ländlichen Raumes berücksichtigen. Es gehe aber auch um eine sich rapide verändernde Wirklichkeit und die Überlegung über die sinnvolle Nutzung oder Ver-nutzung von Flächen.
Lob für mutige Planung
Es gab aber auch viele positive Reaktionen der Gäste. Wie die Aufforderung, den Mut zu haben, mal anders zu planen oder nicht nur über das Parken zu reden, sondern herauszufinden, was wirklich gebraucht wird. Von SPD-Fraktionschef Tobias Ebbing gab es ein großes Dankeschön an die Studierenden und ihre Angebote, um in den politischen Diskurs eintreten zu können: „Jetzt können wir loslegen.“

Der gesamte Prozess beruhe auf absoluter Freiwilligkeit, keiner der Beteiligten habe sich aus Not heraus eingebracht, so Zentrenmanager Thomas Hackenfort. Für ihn war aber auch klar, dass man erst ganz am Anfang stehe, man sich Zeit nehmen müsse, um „für alle das Beste zu erreichen“. Auch Bürgermeister Dieter Berkemeier, der sich freute, dass jetzt etwas in Gang gekommen sei, betonte, dass bis zum Ziel „noch ganz dicke Bretter“ zu bohren seien.
Paul Königsmann, Mit-Gesellschafter der „Venceremos GmbH“, erklärte seine Beweggründe, sich an Zukunftsplänen für das 13.000 Quadratmeter große Areal in zentraler Lage zu beteiligen. Nicht, weil das 1980 gegründete Unternehmen, das vorzugsweise Papier aller Art produziert, nicht weiterhin höchst erfolgreich wäre: „Wir sind nach wie vor einer der größten Gewerbesteuerzahler am Ort.“ Allerdings ist der Unternehmer auch Realist und sieht die Entwicklung des Marktes, auf dem die Nachfrage nach Papier sinkt und die Rohstoffpreise stetig steigen.
Zwar steigen auch die Venceremos-Umsatzzahlen weiter, aber mengenmäßig geht Paul Königsmann nicht von einem weiteren Anstieg aus, sodass er offen ist für Vorstellungen, „was in drei, vier Jahren geschehen kann“.

Zentrenmanager Stefan Hochstadt war es wichtig, dass die städtebauliche Entwicklung des Areals eine gemeinsame Aufgabe sei, die aktuelle Studie „Denkansätze, Denkangebote“ beinhalte. Und: „Wir reden über eine Zukunft, die noch nicht begonnen hat und über eine Fläche, ohne den Ort aus dem Blick zu verlieren.“ Aber: „Dass es uns gelingt, Zentrum anders zu denken als über Einzelhandel.“ Sein Stichwort: „Konzentrierte Versorgung“.
Zielvereinbarung als Einstieg
Eigentlich nur ein formaler Akt, aber inhaltlich folgenschwer und gleichzeitig Höhepunkt sowie offizieller Abschluss der Veranstaltung, war dann die Unterzeichnung der „Zielvereinbarung“ von Bürgermeister, Flächen-Eigentümer und Zentrenmanagern. Damit wird grundsätzlich festgelegt, „dass die Überlegungen für eine sinnvolle Nachnutzung des Venceremos-Areals zügig vorangebracht werden“.

Aus dem darin verankerten 13-Punkte-Plan ein kleiner Auszug: „Bis zum Ende des Jahres 2023 sollen circa drei Entwürfe erstellt werden, die unterschiedliche Nutzungen und Gestaltungen (wenigstens als Varianten) zeigen. Bei Bedarf und Interesse kann verabredet werden, diese Entwürfe öffentlich zu präsentieren und zu diskutieren. Bis zum Ende des Jahres 2024 sind die Entwürfe so weit zu konkretisieren, dass in die Vorplanung eingestiegen werden kann, die dann im Jahr 2025 abgeschlossen werden soll. Beginnend im Jahr 2023, wird die Erstellung eines Bebauungsplans vorbereitet“.
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