Koch verwandelte Ruhrpott-Eckkneipe in ein Sterne-Restaurant

© Sebastian Drolshagen

Koch verwandelte Ruhrpott-Eckkneipe in ein Sterne-Restaurant

rnSerie „Über den Tellerrand“

Das Hannappel in Essen-Horst hat den Wandel von der Eckkneipe zum Gourmetrestaurant vollzogen. Anfang 2020 gab es den ersten Michelin-Stern. Aufsehenerregend ist das Getränke-Angebot.

von Tom Thelen

Dortmund, Essen

, 01.03.2021, 18:02 Uhr / Lesedauer: 2 min

Lange Zeit war das Hannappel ein ganz normales Ruhrpott-Restaurant. Das Ecklokal im nicht gerade hippen und zentralen Essener Stadtteil Horst war eine gutbürgerliche Gaststätte, ja Kneipe. Erst als Knut Hannappel den elterlichen Betrieb übernahm, begann eine Transformation. Das Hannappel wurde zum Musterbeispiel für einen kulinarischen Strukturwandel.

Serie

Über den Tellerrand

In unserer Serie „Über den Tellerrand“ stellen wir Restaurants außerhalb Dortmunds vor, für die es sich lohnt, ein paar Kilometer zurückzulegen.

Bald schon bekam er überragende Kritiken in den relevanten Führern, galt als Gourmetrestaurant mit bestem Preis-Leistungs-Verhältnis und offener Geheimtipp. Allein der Schritt zum ersten Stern ließ warten.

Doch als Knut Hannappel 2019 Tobias Weyers ins Boot holte, der im Mülheimer „Am Kamin“ relevantester Teil der sterngekrönten jungen Ideenschmiede von Sven Noethel war, gelang dies. Michelin-Stern für Hannappel, das Jahr 2020 fing sensationell an. Das Hornstein-Ranking listet die Essener unter den 150 besten Restaurants in Deutschland.

Tobias Weyers, Küchenchef und Kreativkopf der alkoholfreien Getränkebegleitung

Tobias Weyers, Küchenchef und Kreativkopf der alkoholfreien Getränkebegleitung © Sebastian Drolshagen

Doch dann die Pandemie. Tragisch für den Mann, der so lange auf den Stern warten musste. Jedoch: Aufzuhalten ist das Restaurant wohl nicht mehr. Weiterhin werden hier großartige Produkte fabulös in Szene gesetzt, überbordende Kreativität trifft bestechendes Handwerk.

So trafen sich im Sommer in den einzelnen Gängen mal „Zander – Kohlrabi, Seeigel, Meerrettich“, mal „Nordsee-Steinbutt – Unagi, Blumenkohl, Yuzu“, später im Menü „Hummer – Wassermelone, Paprika, Chorizo“ und „Entenbrust – Pfifferlinge, Deichkäse, Lauchvinaigrette“. Grenzenlose Küche.

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Ebenso zu erwähnen ist der exzellente Service und das sagenhafte Getränke-Angebot - besonders im Nicht-Alkohol-Bereich.

Spezialität des Hannappel: Trinkspaß ohne Alkohol

Letzteres ist das Spezialgebiet von Weyers. „Alkoholfreie Speisenbegleitung“ klingt sperrig. Aber es gibt leider (noch?) keine knapp-cool-treffende Bezeichnung für den Trend. Die flüssigen Partner zum gehobenen Essen sind derzeit ein innovatives Feld der Genuss-Forschung.

Denn es gibt viele Gründe, der „herkömmlichen“ Weinbegleitung etwas Autofahrer-freundliches und Gesundes an die Seite zu stellen. Überall wird experimentiert und geforscht an Säften und Sirupen, Tees, Essenzen und Auszügen, Extrakten, Limonaden, Trinkessigen, Molken und alkoholfreien Bieren und Likören. Für Weyers kein neues Thema. Er gehört zu den Pionieren.

Keine Zaubertränke, aber verzaubernde Getränke: essensbegleitende Drinks im Restaurant Hannappel.

Keine Zaubertränke, aber verzaubernde Getränke: essensbegleitende Drinks im Restaurant Hannappel. © Sebastian Drolshagen

Weyers: „Es ist halt eine ganz andere Sache als eine Flasche Wein aufzuziehen.“ Damit umreißt er eine neue Welt. Denn die Entwicklung spezifischer Begleitgetränke ist einerseits von großer Komplexität geprägt, andererseits von schier unendlichen Freiheiten. Viel Raum, sich zu verirren, aber auch viel Potential zur Erschaffung von Großartigem.


Und wie schmeckt es? Die flüssige Begleitung kann absolut überzeugen. Ein Beispiel: Zur „Gelbschwanzmakrele - Auster, Granny Smith, Rettich“ gehört ein Getränk mit Gurke, Birne, Holzkohle und Fichtenöl. Hier ist das Oberthema Meer. Der Fisch und die Auster geben das vor.

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Deshalb passt ein Getränk auf Gurkenbasis gut, das bringt Frische. Die Rauchnote ist eher fein, gibt dem Getränk Tiefe, fünf Minuten im Rauch reichen dem Gurkensaft. Das Ergebnis im Glas hat eine sehr weiche, leicht viskose Textur. Ein samtige, doch frisches Erlebnis im Mund. Nicht alltäglich.

Bedenkt man zudem, dass bei solchen Getränken etwa in Sachen Temperatur noch jede Menge Spielraum ist, so darf man auf die Zukunft sehr gespannt sein. Schon jetzt ist es toll, dass Nicht-Alkohol-trinkende Menschen nicht mehr mit schnödem Wasser oder Soft-Drinks altbekannter Marken abgespeist werden müssen.

Weitere Artikel über kulinarischen Genuss in und um Dortmund finden Sie unter:

www.ruhrnachrichten.de/nachrichten/foodlover-dortmund

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