Ruhrpott Rodeo: „Irgendwann wollen die Leute wieder nach draußen“

Coronavirus

Alex Schwers organisiert das „Ruhrpott Rodeo“ auf dem Flugplatz Schwarze Heide. Ob das Punk-Festival wegen der Corona-Krise stattfindet, ist unklar. Schwers bereitet die Ungewissheit Sorgen.

Kirchhellen

von Peter Hesse

, 14.04.2020, 16:00 Uhr / Lesedauer: 3 min
Seit vielen Jahren findet das Ruhrpott Rodeo auf dem Flugplatz Schwarze Heide statt.

Seit vielen Jahren findet das Ruhrpott Rodeo auf dem Flugplatz Schwarze Heide statt. Ob das Punk Festival in diesem Jahr abgesagt werden muss, ist noch nicht entschieden. © Foto: Veranstalter

Alex Schwers kommt aus Gladbeck und organisiert seit vielen Jahren das „Ruhrpott Rodeo“, mittlerweile das wichtigste Punk-Festival in unseren Breitengraden. Jedes Jahr findet das Festival mit über 50 Bands am Flugplatz Schwarze Heide statt. Im Zuge der Corona-Pandemie gerät derzeit alles ins Stocken.


Alex, wie ist gerade der Stand der Dinge, was das Ruhrpott Rodeo angeht?

Wir sitzen gerade auf heißen Kohlen, wir planen weiter – aber wir wissen nicht, was passiert, denn wir Festivalmacher hängen gerade alle in der Luft. Ich muss eigentlich so langsam in Verbindlichkeiten gehen, denn von Tag zu Tag wird unser Kostenapparat immer größer.


Musst du als Veranstalter eigentlich im Vorfeld auch in Vorleistung für Gagen für große Bands gehen?

In der Regel schon, ja. Aber angenommen, jetzt wird wegen Corona alles abgesagt, dann würden die meisten Bands auch im nächsten Jahr bei uns spielen. Würde das Ordnungsamt jetzt wegen “höherer Gewalt“ absagen, denn nichts anderes ist diese Pandemie ja, hoffe ich trotzdem, dass ich einigermaßen auf der sicheren Seite bin. Wenn aber jetzt alle Besucher ihr Ticket-Geld zurückhaben möchten, wird das bei mir finanziell auch etwas eng – da ich ja schon Vorab-Gagenzahlungen für ein paar Bands leisten musste.

Es ist schon alles ein Wahnsinn, was gerade passiert…
Ja, aber was soll passieren? Wir machen so lange weiter mit dem Festival, bis uns einer sagt, was Sache ist. Je länger der Shutdown vollzogen wird, desto größer ist der wirtschaftliche Schaden für alle, die beruflich in der Festival-Saison drinhängen. Denn derzeit haben ganz viele große Sorgen: Einige sind auf Kurzarbeit, andere haben ein kleines Geschäft und können nichts verkaufen, um mit dem Geld ihre Miete zu bezahlen.

Derzeit sind alle gefordert, aber niemand hat ultimative Antworten parat.
Wenn die Ungewissheit jetzt noch bis etwa Mitte Juni so weitergeht, sind wir mit den Vorverkaufszahlen ganz weit hinten und niemand kann mir sagen, dass wir das bis zum Festival Anfang Juli noch aufholen könnten. Das Risiko ist in beiden Richtungen – egal ob das Ruhrpott Rodeo stattfindet oder nicht – unglaublich groß. Irgendwann sind die Leute den Viren-Stillstand leid und sie wollen endlich nach draußen gehen im Sommer.
Aber es wird auch viele geben, die Angst haben. Vermutlich werden die Kontaktbeschränkungen noch eine Zeit lang aufrechterhalten werden – und die Gefahr einer flächendeckenden Ansteckung ist sehr groß.

Was musst du zurzeit noch bedenken?
Das sind einige Sachen, das Personal zum Beispiel. Ich bin insgesamt für 200 Leute verantwortlich, die auf dem Ruhrpott Rodeo arbeiten. Die werden alle gebucht, die werden alle angemeldet. Hier melden sich Zapfer oder Helfer aus der Roadcrew und fragen mich nach einem Vorschuss, weil sie gerade keine Kohle mehr haben. Jede Woche, die jetzt weiter ins Land zieht, hinterlässt nicht nur diverse Fragezeichen, sondern auch viele Kosten.
Wenn jetzt das Festival abgesagt wird, wären die vorläufigen Vorverkaufsgelder ein Vorschuss für das Jahr 2021 – und die gehören mir eigentlich ja nicht. Aber wir müssen auch sehen, dass am Ende alle so gut wie möglich aus der Sache rauskommen. Das Ganze ist gerade ein ganz schöner Eiertanz und auf verdammt dünnem Eis gebaut.


Das klingt in der Summe alles ganz schön heikel, aber gibt es auch positive Aspekte?
Wenn jetzt eine schnelle Entscheidung kommen sollte, dass die Festivalsaison abgesagt wird, haben wir viel Zeit und freie Kapazitäten, um zum Beispiel weitere Umweltschutz-Sachen auf die Beine zu stellen. Unser kompostierbares Mehrwert-Becher-System ist zum Beispiel noch nicht der Weisheit letzter Schluss. Aber ich bin froh, dass das Umweltbewusstsein auch bei unseren Besuchern angekommen ist.
Auf dem Campingplatz ist im letzten Jahr zum Beispiel viel weniger Müll liegen gelassen worden, als noch in den Vorjahren. Die Leute sind da schon verantwortungsvoll. Aber natürlich hoffen wir trotzdem auf eine baldige Entspannung der Lage und darauf, dass der Festivalsommer wie geplant stattfindet.
Eines ist sicher: Das Ruhrpott Rodeo wird diese Krise überleben – auch wenn es hart werden könnte!

Das Interview wurde mit freundlicher Genehmigung vom Journalisten-Blog „Ruhrbarone“ übernommen.