
Die angeklagte Mutter aus Kirchhellen zwischen ihren Verteidigern Malte Englert (l.) und Siegmund Benecken © Jörn Hartwich
Mordfall Emma in Kirchhellen: Sechsjährige hat sich verzweifelt gegen Mutter gewehrt
Landgericht Essen
Die Sechsjährige aus Kirchhellen, die von ihrer Mutter umgebracht worden ist, hat sich offenbar noch verzweifelt gewehrt. Die Details, die im Prozess ans Licht kommen, sind erschütternd.
Beruhigungsmittel im Blut, die Seele voller Traurigkeit: Im Prozess um den gewaltsamen Tod der kleinen Emma aus Kirchhellen sind am Mittwoch weitere bedrückende Details bekannt geworden.
Nach Angaben einer Toxikologin war die Sechsjährige noch bei Bewusstsein, als ihre Mutter damit begonnen hat, sie zu töten. Das Mädchen habe zwar eine Überdosis Psychopharmaka im Blut gehabt, das habe aber wahrscheinlich nur ihre Reaktionsfähigkeit verlangsamt.
Abwehrverletzungen an der Hand
„Es gibt keine Hinweise auf eine komplette Bewusstlosigkeit“, sagte die Gutachterin den Richtern am Essener Schwurgericht. Emma müsse sich sogar noch gewehrt haben. „Darauf weisen Abwehrverletzungen hin.“
Der Mutter der Sechsjährigen hatte bereits zum Prozessauftakt gestanden, ihre Tochter in der Nacht auf den 28. Januar 2022 umgebracht zu haben.
Laut Anklage hatte die offenbar unter Depressionen leidende 46-Jährige zunächst versucht, ihre Tochter in der Badewanne zu ertränken. Danach wurde dem Kind die Kehle durchgeschnitten. Die Toxikologin hält es für wahrscheinlich, dass die Angeklagte eigene Medikamente in Cola aufgelöst und dem Kind eingeflößt hat.
Konzentration über der Warngrenze
„Die Konzentration lag über der sogenannten Warngrenze“, so die Gutachterin. Tödlich sei die Dosis aber noch nicht gewesen. Auch im Blut der Mutter seien nach der Tat hohe Medikamenten-Konzentrationen festgestellt worden. Was zu einer gewissen „Verwirrtheit“ und „Erregung“ geführt haben könnte.
Wie am Mittwoch außerdem bekannt wurde, ist die Angeklagte inzwischen vom Dinslakener Gefängnis ins Justizvollzugskrankenhaus Fröndenberg verlegt worden. Dort befindet sie sich auf der gerade erst eröffneten psychiatrischen Abteilung. Die Verlegung war von den Essener Richtern mit Hochdruck vorangetrieben worden, da man sich offenbar Gedanken um den Gesundheitszustand der 46-Jährigen macht.
In den Monaten vor der Tat hatte die kleine Emma offenbar immer mehr Zeit bei ihrem Vater verbracht, der nach der Trennung von seiner Frau mehr Umgangsrecht eingefordert hatte.
„Noch nie so ein trauriges Kind gesehen“
Das war von einer Psychologin, die bei den ersten Vater-Tochter-Treffen mit dabei war, auch eindeutig befürwortet worden. Die Mutter habe das erweiterte Umgangsrecht allerdings abgelehnt. „Sie hat mir von Anfang an klargemacht, dass sie entscheidet, was für Emma gut ist, weil sie die Mutter ist“, sagte die Psychologin den Richtern.
Das Mädchen selbst muss unter der ganzen Situation stark gelitten haben. Eine Grundschullehrerin hatte vor Gericht diesen Satz gesagt: „Ich habe noch nie so ein trauriges Kind gesehen.“
Der Prozess wird fortgesetzt. Die Anklage lautet auf Mord.