Mit Mitte 70 über den Rennsteig gewandert
Ehepaar Jendral
Wenn sie vom Wandern erzählen, leuchten die Augen des Ehepaares. Zu niemand anderem passt Goethes Zitat besser: „Nur wo du zu Fuß warst, bist du auch wirklich gewesen.“ Egon und Gisela Jendral starteten am 4. Mai die 170-Kilometer-Wanderung auf dem Rennsteig.
Der Rennsteig, auch „Runst“ genannt, zieht sich von Hörschel an der Werra im Westen bis nach Blankenstein an der Saale im Osten. Früher war der Rennsteig ein Handelsweg. Neun Tage hat sich das Ehepaar für die Strecke durch den Thüringer Wald Zeit genommen. Und sie haben es sichtlich genossen. „Es ist unglaublich, wie weit die Landschaft dort ist. Überall ist Wald. Und tiefe Schluchten“, schwärmt Gisela Jendral. Nach über 100 Jahre altem Brauch fischten sie zu Beginn der Wanderung einen Stein aus der Werra, um ihn nach 170 Kilometern in die Saale zu werfen. In den ersten zwei Tagen sahen sie keine Menschenseele. „Das hat uns sehr überrascht. Aber die unglaubliche Stille zwischen den Buchen und Fichten haben wir unglaublich genossen.“
Kobold „Pummpälz“
Auch sonst lernte das Ehepaar viel über alte Sagen und Bräuche im Thüringer Wald. So werden alle, die dort Unsinn treiben, von einem Kobold names „Pummpälz“ bestraft. Er springt den Leuten in den Nacken und verteilt Ohrfeigen. Nach ihm wurde der „Pummpälzweg“ benannt. Die Jendrals entschieden sich für kürzere Tagesetappen. Mal liefen sie 17, mal 19 Kilometer. „Es war uns sehr wichtig, dass wir nicht nur strikt den Rennsteig abwandern. Wir wollten auch nach rechts und links schauen und uns die Nebentäler oder auch einige Museen anschauen“, sagt Egon Jendral. So fanden sie den Ort „Hölle“, wo sie auch den Teufel zu Gesicht bekamen. Aus einem Baumstamm schuf ein Künstler einen sechs Meter hohen Teufel, der knallrot angestrichen wurde.
Griffelschiefer
Im Thüringischen Schiefergebirge sahen sie, wie „Griffelschiefer“ abgebaut wurde. Egon Jendral erinnert sich an seine Schulzeit und das Kratzen des Griffels auf den Schiefertafeln. „Da bekomme ich direkt Gänsehaut“, lacht seine Frau. Nach der Reise juckt es beide schon wieder in den Füßen. Wo soll es denn beim nächsten Mal hingehen? „Das wissen wir noch nicht. Das war auf jeden Fall nicht unsere letzte Wanderung. Wir können ja gar nicht anders.“