
© Manuela Hollstegge
Die letzte Wurst ist verkauft - Christa Pawlenka verabschiedet sich
Wochenmarkt
51 Jahre war Christa Pawlenka mit ihrem Grill auf Markt, Kirmessen und Schützenfesten in Bottrop eine feste Institution. Mit 73 ist jetzt Schluss. Die erste Wurst verkaufte sie in Dorsten.
Der letzte Wagen ist verkauft, die letzte Pfanne entsorgt – für Christa Pawlenka ist nach 51 Jahren Schluss. Mit ihrem Grillwagen war sie nicht nur auf dem Bottroper Wochenmarkt eine Institution. Lange hat sie gezögert, doch mit jetzt 73 Jahren hängt sie endgültig die Kochschürze an den Nagel.
„Ich konnte erst jetzt, wo ich für alle meine Grillwagen einen Nachfolger gefunden habe, aufhören. Das war ich meinen Kunden schuldig“, sagt Christa Pawlenka. Der Abschied nach so vielen Jahren fällt ihr sichtlich schwer. Besonders die Gespräche mit ihren Kunden vermisse sie, erklärt die frisch gebackene „Rentnerin“. Daher wird sie auch weiterhin den Wochenmarkt besuchen und hier und da ein Pläuschchen halten.
Seit 1970 hat die Bottroperin Würstchen und mehr aus dem Wagen heraus verkauft. Seit 1983 stand sie mit „Christa’s Grill“ auf dem Bottroper Wochenmarkt. Dort und eigentlich in ganz Bottrop ist sie bekannt wie der sprichwörtliche „bunte Hund“.
„Ich habe viele Kinder groß werden sehen, die jetzt mit ihren eigenen Kindern zu mir an den Stand kommen“, erzählt die 73-Jährige. Eigentlich hat sie Näherin gelernt, aber nie in diesem Bereich gearbeitet. Seit ihrem 16. Lebensjahr stand Christa in der Gaststätte ihrer Eltern – dem ehemaligen Billardeck.
Dort lernte sie auch ihren heutigen Ex-Mann kennen und fing an, im Grillwagen der Schwiegermutter auf verschiedenen Kirmessen mitzuarbeiten. „Meine erste Wurst habe ich auf der Kirmes im Lippetal in Dorsten verkauft.
„Anscheinend war ich ein Naturtalent“
Meine Schwiegermutter war damals ganz begeistert, weil ich anscheinend ein Naturtalent war“, erinnert sich Christa Pawlenka. Nach der Scheidung von ihrem Mann bot ihr ein Kollege einen eigenen Grillwagen zum Kauf an. Sie überlegte nicht lange und griff zu.
„Der sah aus wie ein Osterei – hatte keine Front. Ich musste erst einmal renovieren“, so Pawlenka. Auf die neue obere Front schrieb sie „Christa’s Grill“ und von ihrem ersten verdienten Geld kaufte sie sich eine Leiter, um zum Aufklappen oben auf den Wagen zu kommen. Erst verkaufte sie nur Würstchen, später kamen Reibekuchen, Zwiebelfleisch und Champignons hinzu – genauso wie drei weitere Wagen.

Christa Pawlenka (r.) übergibt ihren Grillwagen auf dem Bottroper Wochenmarkt an Ilona Rauhut (l.) aus Oberhausen. © Manuela Hollstegge
Zu Hochzeiten war Pawlenka mit ihrem Grillwagen auf jedem Schützenfest in Bottrop und Kirchhellen zu finden, auch Kirmes und Weihnachtsmarkt liefen nicht ohne sie. Die 73-Jährige stand mit ihrem Wagen schon auf unzähligen Geburtstagsfeiern und Hochzeiten, aber auch auf der Halde am Tetraeder.
„Ich hätte da oben ja sehr gerne mal an Silvester gestanden, aber dann hätte ich den entstandenen Müll hinterher selbst wegräumen müssen und das wäre doch zu viel gewesen“, erzählt sie.
Auf dem allerersten Pferdemarkt überrannt worden
Christa Pawlenka erinnert sich auch daran, auf dem allerersten Pferdemarkt in Bottrop gestanden zu haben. Damals sei sie als einziger Gastro-Wagen dort gewesen: „Die Leute haben mich fast überrannt und ich hatte nur Würstchen da.“
Damals wie heute war ihr immer wichtig, mit ihren Preisen fair zu bleiben.
So kostete die Wurst im Brötchen auf dem Wochenmarkt bei ihr schon lange 2,50 Euro, für Apfelmus auf den Reibekuchen musste kein Aufpreis bezahlt werden. Sonderwünsche – insbesondere von Kindern – erfüllte Christa immer gerne. Und das, obwohl sie oft alleine in ihrem Wagen stand.
Helferinnen wurden immer persönlich von Christa gefahren
Nur bei größeren Veranstaltungen hatte sie Unterstützung von ihren „Frauen“. Die wurden auch immer von ihr persönlich abgeholt und abends nach Hause gefahren.
51 Jahre lang stand sie in ihrem Grillwagen. Rücken- oder Fußschmerzen – so etwas kennt die 73-Jährige nicht. „Ich konnte immer ohne Probleme 17 bis 18 Stunden am Stück stehen“, erzählt sie. Selbst ein Schlaganfall vor neun Jahren hielt sie nur drei Wochen von der Arbeit ab, dann stand sie wieder in ihrem Wagen. Vorsichtiger im Umgang mit ihren Einnahmen wurde sie jedoch, als sie mitsamt ihrer Kasse nach einer Veranstaltung vor ihrem Haus überfallen wurde.
In den letzten Jahren stand die Bottroperin nur noch an zwei Tagen in ihrem Wagen, seit wenigen Wochen ist ganz Schluss. Ihren ersten und letzten Wagen hat sie an die 57-jährige Ilona Rauhut übergeben.
Christa Pawlenka möchte jetzt einfach die freie Zeit mit ihrem Lebensgefährten genießen, das Haus renovieren, Urlaub machen. „Ich hatte immer Sorge, dass ich ohne die Arbeit depressiv werde, aber bislang habe ich alles ganz gut verkraftet“, sagt sie.
Ich bin gebürtige Dorstenerin, lebe und arbeite hier. Dorsten und vor allem die Menschen der Stadt liegen mir sehr am Herzen. Wichtig sind mir jedoch auch die Kirchhellener. Seit mehreren Jahren darf ich über den kleinen Ort berichten und fühle mich daher sehr mit dem Dorf verbunden. Menschen und ihre Geschichten, Bildung und Erziehung – das sind Themen, die mir wichtig sind. Und das liegt nicht nur daran, dass ich zweifache Mutter bin.
