Mehr als 300 Bürger bei Infoabend von Hamm-Gas

Live-Ticker zum Nachlesen

Gas im Wert von zwei Milliarden Euro vermutet Hamm-Gas in der Bauerschaft Nordick in Herbern. Geschäftsführer Ralf Presse informierte am Mittwochabend in der Schulaula in Herbern über das kontroverse Bohr-Vorhaben. Der Andrang war riesig, detailliert die Fragen der Bürger. Am Ende konnte keine Seite die andere umstimmen. Hier gibt es den Live-Ticker zum Nachlesen.

HERBERN

, 12.11.2014, 05:01 Uhr / Lesedauer: 7 min

Nach rund zweieinhalb Stunden beendet Moderator Tom Lang den Infoabend in der übervollen Schulaula der Theodor-Fontane-Schule in Herbern. Er bedankt sich bei allen, dass alles "sehr gemäßigt abgelaufen ist". Er hofft, dass heute Ängste und Befürchtungen abgebaut werden konnten. "Sprechen Sie miteinander." Applaus.

Jürgen Plümer: "Richtig, wir müssen das Bergrecht ändern. Gas im Boden lassen, lieber unseren gesunden Menschenverstand anzapfen." Ulrich Pahlke: "Hier gibt es viele Emotionen. Hier in der Schulaula haben die Gegner eine Mehrheit, aber haben sie auch außerhalb eine Mehrheit?" Wenig Applaus. Hamm-Gas-Geschäftsführer Ralf Presse: "Das war eine wichtige Veranstaltung. Viele Anregungen nehmen wir auf, offene Fragen werden wir nachträglich beantworten. Eine eigene Gasversorgung ist ein Beitrag zur Versorgungs-Sicherheit. Der Energieträger Gas ist wichtig für die Energie-Wende." Sogar etwas Applaus für Presse.

Der hartnäckige Mann von der Bürgerinitiative Hamm will unbedingt noch seine Frage nach der Bürgerbeteiligung loswerden. Moderator Tom Lang allerdings geht elegant zu den Abschluss-Statements der vier Experten auf dem Podium über. Kreislandwirt Anton Holz: "Wir wollen die Politik dazu bewegen, das Bergrecht zu ändern. Das Verfahren muss ausführlicher werden. Am Schluss eine persönliche Anmerkung: Wir haben dort eine Energiereserve. Die sollten wir dort liegen lassen für unsere Erben." Viel Applaus.

Letzte Frage eines BI-Mannes aus Drensteinfurt: "Wie groß ist das Loch am Ende Ihrer Bohrung? Wie kann man überprüfen, was Sie da unten finden?" Ralf Presse: "Es ist nicht ein Loch. Es sind viele Risse und Klüfte, in denen sich das Gas gesammelt hat. Da erwarten wir keine großen Löcher." Geo-Experte Pahlke bestätigt das: "Kein großes Loch. Millimetergroße Klüfte, da macht's die Masse."

Gute Frage: Hamm-Gas fördert keinen Kubikmeter Gas. Wer bezahlt die Gehälter der Mitarbeiter? Die Gesellschafter, sagt Ralf Presse, finanzieren vor - in Erwartung späterer Gewinne.

Interessant: Ulrich Pahlke vom Geologischen Dienst NRW stellt ganz stark die Annahmen von Hamm-Gas nach der "Gas-Ausbeute" infrage. Hamm-Gas spekuliert auf 100 Milliarden Kubikmeter, von denen man rund zehn Prozent ohne Fracking fördern könne. "Ganz vorsichtig bei solchen Annahmen", sagt Pahlke. Das seien ganz grobe Hochrechnungen. Moderator Tom Lang bleibt cool, läutet allmählich die letzte Fragerunde ein.

Leichte Hektik kommt auf: Jürgen Blümer von der Bürgerinitiative versucht, Ralf Presse unter Druck zu setzen. "Wenn Sie in Herbern fördern, bohren Sie unterirdisch bis Ascheberg und dann Drensteinfurt?" Presse verweist darauf, dass man das jetzt noch nicht genau wissen könne. "Geht es bis nach Ascheberg und Drensteinfurt?" Presse: "Nein, soweit würde ich nie bohren."

Ein Frager stellt sich als Herr Schwarz vor, ehemaliger Chef des damaligen Bergwerkes, wo Hamm-Gas jetzt fördern will. "Wie tief bohren Sie, gehen Sie ins Karbon-Gebirge?" "Die Gesamtbohrlänge ist 1700 Meter", sagt Presse, "aber wir lenken ja vorher in horizontaler Richtung ab. Wir bohren bis kurz unter das Deckgebirge."

Fazit nach zwei Stunden:

  • Die Zuhörer sind bestens informiert, stellen pointierte Fragen, manchmal sogar zu detailliert.
  • Die Experten antworten sachlich, Hamm-Gas-Chef Presse schlägt sich achtbar gegen die Front der Gegner.
  • Geo-Experte Ulrich Pahlke ist sachlich, stützt aber indirekt die Argumentation von Hamm-Gas.
  • Gasbohr-Gegner Jürgen Blümer argumentiert häufig auf politischer Ebene.
  • Kreislandwirt Anton Holz ist zwar gegen Fracking, hat aber wenig Redeanteil, argumentiert nur aus Sicht der Landwirte.

Wer kontrolliert? "Ein unabhängiger Gutachter?" Ralf Presse kommt wieder etwas ins Stottern, will sich aus der Affäre ziehen. Kommentar des Fragestellers: "Aha, das Unternehmen kontrolliert sich also selbst." Raunen im Publikum. Der Saal ist nach wie vor voll. Keiner ist gegangen.

Hubert Beckmann aus dem Ascheberger Stadtrat verweist auf Fälle von erhöhten Krebsraten in der Umgebung von Bohrungen. Beckmann: "Man kann das nicht genau erklären. Was tun Sie, damit es nicht zu so etwas kommt?" Ralf Presse von Hamm-Gas: "Wir werden das alles untersuchen. Die Bohrung wird zur Umgebung abgedichtet."

Eine Frau von der Bürgerinitiative Drensteinfurt ergreift das Wort: "Hier sind einige Hundert Menschen, die sind dagegen. Wie können Sie dieses Vorhaben aus wirtschaftlichen Gründen durchziehen? Gegen den Willen dieser vielen Menschen?" Ralf Presse: "Wir sind sicher, dass die ganzen Befürchtungen nicht eintreffen werden."

Dr. Habersaat von den Unabhängigen Wählern Ascheberg fragt nach Lagerwasser. "Wie sieht es mit dem geförderten Wasser aus? Ist das belastet, hat es Radioaktivität oder nicht? Gibt es dazu Untersuchungen?" Geo-Experte Ulrich Pahlke: "Radioaktivität ist meines Wissens kein Problem beim Grubenwasser. Aber man wird es analysieren müssen."

Gut eineinhalb Stunden sind vorbei. Der ein oder andere wird unruhig, insgesamt aber ist die Konzentration noch hoch. Gasbohr-Gegner aus dem Publikum liefern sich mit den Experten Wort-Duelle um Detail-Themen. Es fallen Wörter wie "Grundwasser-Bauwerk" oder eben auch "Bohr-Stimulation". 

Ein Zuhörer bezweifelt, dass man ausschließlich ohne Stimulation, also nur durch den natürlichen Druck, das Gas fördern wolle. Denn diese Stimulation habe Hamm-Gas ausgeschlossen. Geo-Experte Pahlke: "Nach-Fracken nach vorherigen Bohrungen, um das letzte Gas herauszukitzeln, gibt es zum Beispiel in Norddeutschland. Aber das ist nicht Bestandteil des Betriebsplans." Wir gehen davon aus, sagt Pahlke, das hier Gas gefunden werden kann. Er windet sich um die Frage, ob man stimulieren müsse. "Das muss die Erkundungsbohrung zeigen."

Ein Anwohner fragt nach dem Lärm. Wird dort nicht dauernder, enervierender Lärm herrschen? Hamm-Gas-Chef Ralf Presse sagt, man werde sich an alle gesetzlichen Vorschriften halten: "Aber das ist kein fortlaufender Prozess." Moderator Tom Lange fragt, wie nah die nächsten Anwohner wohnen. "500 Meter entfernt", sagt Gasbohr-Gegner Blümer. Kreislandwirt Holz sagt, dass es auch Lieferverkehr geben werde und anderen Lärm. Presse: "Wir machen es so leise wie möglich." Unruhe im Publikum, die Leute haben so ihre Befürchtungen.

Bürger-Frage: "Gibt es nach dem Gasbohren eine Zweit- oder Dritt-Verwertung, zum Beispiel der Kohle im Boden?" Presse: "Wir wollen nur das Gas fördern."

Ein Anwohner aus Nordick meldet sich. "Wissen Sie, was wir hier schon erlebt haben?" Schon 99 alte Bohrungen, unkontrollierte Gasaustritte, neues Brunnen-Bohren. "Wir sind sehr skeptisch, weil alles sehr vage ist." Applaus, aber auch befreites Lachen. Moderator Tom Lange hat die Fragerunde bis jetzt gut im Griff.

Auf die Frage nach der Anzahl der Bohrungen bei einer etwaigen Förderung kommt Ralf Presse von Hamm-Gas etwas ins Stottern. Von einem Bohrplatz würde man - äh - mehrere Bohrungen aus Gründen der - äh - Wirtschaftlichkeit nacheinander niederbringen. Zwischenruf: "Flächenbedarf?". "Circa 5000 Quadratmeter pro Bohrloch", sagt Presse. Zahlreiche Bürger zeigen auf, haben Fragen.

Die Podiumsdiskussion ist zu Ende. Kein Applaus. Der Moderator gibt die Fragerunde frei. Es meldet sich ein Gasbohr-Gegner aus Hamm. Er will Details zur Art der Bohrungen wissen und lässt sich die Zeichnung noch einmal anzeigen. Ralf Presse verweist darauf, dass es sich um eine schematische Zeichnung handle. Zwischenruf: "Ihre theoretische Fiktion?" Presse: "Unsere Annahme."

Knapp eine Stunde ist vorbei. Die mehr als 300 Zuhörer sind hoch konzentriert, zwischendurch mal Beifall oder ironisches Lachen. Gasbohr-Gegner Jürgen Blümer macht darauf aufmerksam, dass bei solchen komplexen Themen viel schief gehen kann. Deshalb müsse man ganz sorgfältig vorgehen, das koste aber mehr Zeit, als Hamm-Gas bis jetzt eingeplant habe. Geo-Experte Pahlke gibt seine persönliche Meinung bekannt: "Ich glaube nicht, dass man hier Gas fördern kann." Er wolle sich aber gerne überraschen lassen.

Kleines Wort-Scharmützel zwischen Blümer (BI) und Presse (Hamm-Gas). Ob Presse die Beweislast-Umkehr unterstützen würde? Er windet sich ein wenig, stimmt dann aber zu. Blümer und die meisten Zuhörer applaudieren. Erstmals Stimmung im Saal.

Die kann der Geo-Experte nicht ganz ausschließen, sie wäre aber gering. Deshalb spricht er noch nur von "Erdbewegungen", etwa zwischen 2 und 3 auf der Richterskala. Pahlke: "Die spüren sie kaum." Jürgen Blümer verweist auf ein stärkeres Beben in Niedersachsen nach Bohrarbeiten.

Ulrich Pahlke vom Geologischen Dienst relativiert die Gefahren von Gasbohrungen. Auch die oberflächennahen Bohrungen, zum Beispiel beim Brunnenbau bis 80 oder 90 Meter, seien nicht ganz frei von Gefahren. Aber seine Behörde würde die Risiken abschätzen. Jürgen Blümer von der Bürgerinitiative Drensteinfurt sieht das ganz anders, erntet den zweiten Szenenapplaus des Abends.

Kreislandwirt Holz schildert die Angst der ländlichen Bewohner, die oft auch Wasser aus eigenen Brunnen gewinnen. Gasbohrungen könnten für Veränderungen sorgen, Wasserspiegel absinken lassen, den Verlauf von Wasseradern ändern. Das Publikum ist weiter aufmerksam, ruhig, es gibt bis dato keine Zwischenrufe.

Moderator Tom Lang stellt Fragen, die die Bürger vorab bei der Gemeinde eingereicht haben: "Steht nicht zu befürchten, dass nach einiger Zeit doch Fracking zum Einsatz kommt?" Hamm-Gas-Geschäftsführer Presse verneint: Fracking gibt's nicht, auch nicht durch die Hintertür, auch keine Salami-Taktik.  Geo-Experte Pahlke ergänzt: Wenn die Flözgas-Lager in Herbern so seien, wie vermutet, mache Fracking überhaupt keinen Sinn: "Es funktioniert da nicht." Jürgen Blümer entgegnet, dass sich die Gesetzeslage zum Thema Fracking ändern könnte. Blümer: "Es gibt derzeit kein Fracking-Verbot."

Die Podiums-Diskussion beginnt, es sind dabei: Anton Holz, Kreislandwirt; Ralf Presse, Geschäftsführer Hamm-Gas; Jürgen Blümer, Bürgerinitiative gegen Gasbohren Drensteinfurt; Dr. Ulrich Pahlke vom Geologischen Dienst NRW. Szenenapplaus für den Mann von der Bürgerinitiative, Jürgen Blümer. Die Mehrheit der Gäste scheint gegen das Gasbohren zu sein.

Zusammenfassung von Hamm-Gas: "Eine ganz konventionelle Bohrung. Das ist so, als wenn Sie nach Mineralwasser bohren würden." Ralf Presse sichert Transparenz zu, hofft auf einen fruchtbaren Dialog an diesem Abend. Es gibt sogar etwas Applaus.

Ralf Presse stellt den Zeitplan vor: 

  • Probebohrung in Herbern-Nordick wohl im dritten Quartal 2015.
  • Eigentliche Bohrtätigkeit, bei 24-stündiger Arbeit, rund ein Monat. Die Genehmigung ist aber noch nicht beantragt worden.

Thema Fracking: Der Geschäftsführer sagt klipp und klar: "Wir machen kein Fracking." Wenn man Fracking machen würde, zerstöre man sogar die Flözgas-Lagerstätte.

Hamm-Gas stellt die Details der Bohrtechnik vor, die nichts mit Fracking zu tun habe. Der Geschäftsführer erklärt ruhig, sachlich, fast zurückhaltend. Man hört nur ab und an ein Räuspern aus dem Publikum. 

Der Moderator hat die Spielregeln erklärt, hofft auf einen fairen Abend. Jetzt stellt Hamm-Gas-Chef Ralf Presse die Gasbohr-Pläne auf der ehemaligen Bergbaufläche Radbod 7 in Herbern vor. Gespannte Erwartung im Publikum. Es sind immer noch nicht alle Interessenten in der Aula.

Moderator Tom Lang übernimmt. Will die Gäste hereinbitten, die noch draußen stehen. Regt an, dass alle etwas zusammenrücken. Lang fragt: "Wie viele stehen da noch draußen?". "100", ruft jemand.

Bürgermeister Risthaus begrüsst die Gäste. "So voll habe ich die Aula noch nie erlebt." Nach der Begrüßung stellt Hamm-Gas zunächst das Vorhaben mittels einer Präsentation vor.

Der Start scheint sich zu verzögern, um 18 Uhr sollte der Infoabend los gehen. Der Hausmeister und Verwaltungsmitarbeiter schleppen zusätzlich Stühle an. So voll war die Aula sicherlich noch nie.

In der prallvollen Schulaula, sicherlich drängen sich hier 300 Menschen, herrscht einerseits Gelassenheit. Denn viele kennen sich untereinander, begrüßen sich, scherzen. Aber auch gespannte Erwartung liegt in der Luft. Was wird der Infoabend bringen?

Die 270 Stühle sind - eine Viertelstunde vor Beginn - alle besetzt. Noch immer kommen Besucher, sie setzen sich auf provisorische Plätze auf den Heizungen.

Die rund 270 Sitzplätze sind bereits zu zwei Dritteln gefüllt. Gasbohr-Gegner haben ihre Transparente entfaltet. Die Mannschaft von Hamm-Gas mit Geschäftsführer Ralf Presse steht geschlossen vor der Bühne, hat schon erste Interviews gegeben.   Fünf Stunden vor Beginn der Bürgerversammlung zum Thema Gasbohrung in Herbern hat die Hamm-Gas GmbH bestätigt, dass es einen Partner für das Projekt hat.

Heute Abend will das Unternehmen in der Bürgerversammlung ab 18 Uhr in der Herberner Schulaula die Pläne konkret vorstellen. Die Aula dürfte dann prall gefüllt sein. In der vergangenen Woche nahmen bereits rund 50 Anwohner an einem spontanen Infoabend in Nordick teil.

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"Bisher war die Besucherzahl in der Schulaula auf 199 Personen begrenzt", erklärt Klaus van Roje von der Gemeindeverwaltung Ascheberg. Unterdessen hat sich der Glaskasten an der Altenhammstraße 29 in eine Versammlungsstätte verwandelt, schließlich entsteht hier demnächst der größte Saal der Gemeinde. Rund 250 Sitzplätze sollen bis Mittwochabend aufgebaut sein. Fraglich ist, ob die aufgrund der Brisanz des Themas überhaupt reichen.

  • 18 Uhr: Vorstellung des Bohr-Vorhabens durch den Geschäftsführer von Hamm-Gas, Ralf Presse.
  • Es schließt sich eine moderierte Podiums-Diskussion an. Es nehmen teil: Ralf Presse von Hamm-Gas, Kreislandwirt Anton Holz, Jürgen Blümer von der Drensteinfurter Bürgerinitiative gegen Gasbohren sowie ein Geotechnik-Experte.
  • Anschließend bleibt Raum für Fragen aus dem Plenum. Die Gemeinde hatte dazu aufgerufen, Fragen in schriftlicher Form einzureichen, damit sich die Experten schon im Vorfeld damit befassen können. Wie zu hören war, haben die Bürger dieses Angebot rege genutzt.
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