Rat Ascheberg verabschiedet Haushalt 2024 Defizit fällt erneut geringer aus

Ascheberger Rat verabschiedet Haushalt 2024: Defizit fällt geringer aus
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2023 musste Ascheberg - wie wahrscheinlich jede andere Kommune - mit vielen Herausforderungen kämpfen: Krieg in der Ukraine und im Nahen Osten, Inflation und Anstieg der Energiekosten. Das führte zu finanziellen Engpässen, die wohl auch im kommenden Jahr anhalten. Bürgermeister Thomas Stohldreier und Kämmerer Stefan Feige prognostizierten kürzlich ein Haushaltsdefizit von mehr als vier Millionen Euro für das kommende Jahr. Feige hatte aber bereits in der Woche vor der Ratssitzung eine positive Nachricht verkünden können: In die Gemeindekasse ist mehr Gewerbesteuer geflossen als erwartet, wodurch das Defizit auf rund 2,8 Millionen Euro reduziert wurde (wir berichteten).

Die Fraktionen zeigten sich angesichts dieser Entwicklung zustimmend und alle Parteien mit Ausnahme der Freien Wähler stimmten dem Haushalt zu. Dabei wurden die Verwaltung und der Kämmerer für ihre herausragende Arbeit gelobt, nicht zuletzt, weil der Etat unter sehr schweren Bedingungen aufgestellt wurde. Dennoch stehen der Gemeinde hohe Ausgaben bevor, wie sie bisher noch nie getätigt wurden.

Der Haushalt 2024 veranschlagt unter anderem vier Millionen Euro für den Profilschulcampus, 2,5 Millionen für das Feuerwehrgerätehaus in Herbern, 500.000 Euro für die Druckrohrleitung von Herbern zur Kläranlage nach Ascheberg, eine Million Euro für die Erweiterung der Belebung der Kläranlage und eine weitere Million für die Erneuerung der Sandstraße. Zudem schlägt die allgemeine Umlage an den Kreis Coesfeld mit 7,3 Millionen Euro zu Buche.

Symbolbild Geld
Durch deutlich höhere Einnahmen aus der Gewerbesteuer fällt das Haushaltsdefizit in der Gemeinde Ascheberg mit rund 2,8 Millionen Euro niedriger aus als erwartet. © picture alliance / dpa

Reden der Fraktionen

Vor der Abstimmung hatten alle im Rat vertretenen Fraktionen ihre traditionellen Haushaltsreden vorgetragen. CDU-Vorsitzender Thomas Franzke lobte den Haushalt als „verlässliche Grundlage für das Handeln unserer Gemeinde im kommenden Jahr. Wir setzen die solide Haushaltspolitik der Gemeinde in den vergangenen Jahren konsequent fort und gehen verantwortungsvoll mit dem uns anvertrauten Geld der Steuerzahler um.“ Er betonte, dass die Gemeinde auch im kommenden Jahr sicherstellen werde, „dass den Eltern in ausreichender Zahl Betreuungsplätze in Kindergärten und OGS zur Verfügung stehen. Wir werden weiter Projekte zur Bereitstellung bezahlbaren Wohnraums vorantreiben und fördern.“

Jochen Wismann, FDP, kritisierte die Erhöhung der Grund- und Gewerbesteuer: „Wir sind der Meinung, dass man auf eine Erhöhung durch eine stärkere Haushaltsdisziplin hätte verzichten können. Förderprogramme sind immer dann sinnvoll, wenn ansonsten die gewünschten Investitionen ausbleiben.“ So finde seine Partei die zusätzliche Förderung von privaten Fotovoltaik-Anlagen „unnötig, da die Nachfrage schon jetzt deutlich höher liegt als das Angebot.“ Viele Ratsmitglieder hätten „generell das Bewusstsein für Ausgaben und Schulden zumindest beim Gemeindehaushalt verloren“, so Wismann. Vorschläge, nicht notwendige Ausgaben zurückzustellen, würden im Rat „nicht ernsthaft diskutiert oder in Erwägung gezogen“.

Kein Konzept für Herbern

Frank Holtrup, Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler begrüßte in seiner Rede zwar die bessere ÖPNV-Anbindung und den Bau des Feuerwehrgerätehauses in Herbern, befand allerdings, dass gerade in Herbern „seit Jahren Flickenschusterei betrieben wird. Für Herbern gibt es kein ganzheitliches Konzept.“ Seiner Fraktion sei in der Vergangenheit häufig unterstellt worden, Projekte abzulehnen, das stimme aber nicht. Sie sei nicht gegen den Bau der Profilschule, „wir haben lediglich hinterfragt, ob diese finanziellen Aufwendungen nicht durch gezielte Maßnahmen hätten verringert werden können.“

Auch einen Parkplatz am Schulzentrum lehnen die Freien Wähler nicht ab, sie sehen den Standort kritisch. „Wenn wir heute den Haushalt ablehnen, dann tun wir das mit politischem Aspekt, dass wir gegen die Art und Weise sind, wie Projekte angegangen wurden und auch wie mit konstruktiver Kritik und anderer Meinung umgegangen wird“, schloss Holtrup.

Deutliche Kritik fand Barbara Kehrmann von der UWG-Fraktion zum Klima- und Umweltschutz: „Wollen wir wirklich in Ascheberg immer mehr Flächen versiegeln

und anderswo entstehen durch Ascheberger finanziert ökologische Oasen? Wir von der UWG wollen mehr Klima- und Umweltschutz vor Ort. Wir wollen auch die Nutznießer der Versiegelung mehr in die Verantwortung nehmen.“ Unternehmen, die sich ansiedeln wollen, müssten notfalls vertraglich zu mehr ökologischem Engagement verpflichtet werden. Das solle aber bezahlbar bleiben, aber bitte besser durchdacht.

„Die Nutzung regenerativer Energien und die Durchführung weiterer ökologischer Maßnahmen sollten beim Verkauf festgeschrieben werden. In der Planung sollten die versiegelten Flächen auf ein Mindestmaß reduziert und wo es möglich ist, ökologische Ausgleichsflächen vor Ort geschaffen werden“, befand Kehrmann.

Eine Animation des neuen Feuerwehrgerätehauses in Herbern.
So soll das neue Feuerwehrgerätehaus (Ansicht von Dezember 2022) Herbern an der Lindenstraße einmal aussehen. © Gemeinde Ascheberg

Vorwurf des „Greenwashings“

Karsten Senne, Bündnis 90/Die Grünen, schlug in dieselbe Kerbe: „Eine bedauerliche Trendwende haben wir beim Umweltschutz zu beklagen. Die verfügbaren Mittel wurden deutlich zusammengestrichen. Aufwendungen für den Erwerb von Ökopunkten in Höhe von 220.000 Euro als Investition in den

Umweltschutz beziehungsweise Nachhaltigkeit auszuweisen, hat etwas mit der Methode ‚Greenwashing‘ zu tun: Man zerstört Landschaften, überbaut intakte natürliche Flächen, versiegelt Böden in Bau- und Gewerbegebieten und so weiter.“

Das habe mit Nachhaltigkeit überhaupt nichts mehr zu tun, vielmehr werde so nur versucht, zuvor entstandene Schäden notdürftig zu reparieren. „Umweltschutz drastisch zu senken, macht keinen Sinn, denn Umweltschutz ist Schutz des

Lebensraumes unserer Kinder und Enkel – für die wir an anderer Stelle 32 Millionen Euro ausgegeben haben. Beides steht in keinem Verhältnis zueinander“, sagte Senne.

Wie zuvor im Haupt-, Finanz- und Wirtschaftsförderungsausschuss brachte Christian Ley, SPD, noch einmal seinen Wunsch nach finanzieller Entlastung einkommensschwacher Familien ein. Ihnen sollte es ermöglicht werden, bereits gezahlte Beiträge für Kita oder OGS zurückzubekommen, die Ausschussmitglieder hatten dem aber nicht zugestimmt. „Es wäre unserer Ansicht nach beschämend, wenn wir dies als eine der finanzstärksten Gemeinden im Münsterland nicht leisten könnten“, so Ley.

Angesichts einer Investitionssumme von 15 Millionen Euro schaffe Ascheberg Werte und verbessere die Lebensumstände der Menschen. Ley genieße es, „in einem fairen mitmenschlich geführten Wettstreit mit Demokraten, um die besten Lösungen zu debattieren“. Gleichzeitig bekümmere es ihn, wenn die „Parteien der Mitte“ in rechtsextremen Tonfall einsteigen „und andere Demokraten zum Feind erklären. Ich erhoffe mir, dass wir uns in Ascheberg nicht auf diesen Pfad drängen lassen“.

Mitglieder des Gemeinderates Ascheberg heben die Hand zur Abstimmung.
Der Gemeinderat Ascheberg verabschiedete den Haushalt für 2024 - hier ein Archivbild von der Ratssitzung im Dezember 2022 - am Dienstagabend mit großer Zustimmung. © Jörg Heckenkamp (Archiv)

Berater in Berlin?

Hubertus Beckmann, parteilos, schlug Bürgermeister Stohldreier augenzwinkernd direkt eine neue Aufgabe vor: „Sie sollten eigentlich heute Abend in Berlin sein. Sie und ihre Gemeindeverwaltung haben zirka drei Millionen Euro aus dem Zauberhut unseres Gemeindehaushaltes geholt, die in ihrer nachhaltigen Gemeindepolitik die Wurzel haben. Wer es noch nicht gemerkt hat: Das sind 200 Euro für jeden Ascheberger, die Stohldreiers Politikmannschaft erbrachte, und in Berlin suchen die gerade ebenfalls nach nur 200 Euro pro Bundesbürger. Herr Stohldreier, vielleicht sollten Sie die drei (Ampelparteien, Anm. d. Red.) in die Geheimnisse Ascheberger Fiskalpolitik einweihen. Porschefahrer Lindner ist Ihnen gewiss dankbar.“

Danach wurde er aber ernst. Während in anderen Gemeinden Abfalleimer und Spender mit Plastikbeuteln für Hundekot stehen, suche man so etwas in Ascheberg vergebens. Warum nicht einen Teil der Hundesteuer dafür verwenden? Außerdem wünsche er sich eine nachhaltige Umgestaltung der Landwirtschaft. Das könne durch einen besseren Dialog zwischen Bürgern und Landwirten erreicht werden. Er schlug vor, Klimaschutzmanager Stefan Lohmüller damit zu betrauen. „Thema wäre es, Verständnis für die Landwirtschaft und ihre Situation zu schaffen, aber auch Wege zu suchen, das lokale Artensterben zu bremsen“, so Beckmann.

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