Grundstücksgeschäft wirft viele Fragen auf Hat Ex-Volksbank-Vorstand Strippen gezogen?

Wirbel um Grundstücksdeal: Auch Ex-Volksbank-Vorstand involviert
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Die guten Zeiten hat das Haus Linnemann in Nienborg längst hinter sich. Die Bausubstanz ist in die Jahre gekommen. Eine Zeit lang hatte die Gemeinde dort Flüchtlinge untergebracht. Dann verkaufte sie es auf im Ort umstrittene Weise an eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR).

Lange wurde ein Geheimnis daraus gemacht, wer sich hinter der GbR verbirgt, die Großes für die Fläche angekündigt hat. Ein Versprechen, das aktuell mit der Realität nichts zu tun hat. Es ist ein Fall, der Fragen aufwirft.

Monatelang recherchiert

Monatelang hat diese Redaktion dazu recherchiert und dabei auch mit vielen Informanten gesprochen. Auch aus Kreisen der Volksbank Gronau-Ahaus, die auf der Grundstückfläche nebenan ihren Neubau hochzieht und eine personelle Verbindung zur GbR hat(te).

Der Redaktion liegen Schreiben, Verträge, (Gesprächs-) Protokolle und vieles weitere vor. So ließ sich das Puzzle um die Wohnbau Epe III – so heißt die GbR –und den Deal Stück für Stück zusammensetzen.

Kommunalaufsicht prüfte

Über die Bühne gegangen ist das Grundstücksgeschäft zwischen GbR und Gemeinde, das zuvor politisch mehrheitlich im Haupt- und Finanzausschuss (HFW) abgesegnet wurde, bereits Mitte August 2023.

Mit diesem Beschluss wurde jedoch ein zuvor gefasster Ratsbeschluss ausgehebelt. Dieser sah vor, die gesamte Fläche an die Volksbank zu verkaufen. Doch dann wurde die Fläche gesplittet und auf Drängen des Geldinstitutes in zwei getrennten Deals an dieses und die GbR veräußert.

Die Gemeinde begründet den HFW-Beschluss in der Dringlichkeit, da der Notartermin für das Geschäft mit der GbR unmittelbar nach der Ausschusssitzung angesetzt war und der Rat vorher nicht mehr tagen konnte. Allerdings steht im Kaufvertrag, dass auch der Rat den Deal abgesegnet habe.

Die Kommunalaufsicht prüfte auch darum das Ganze im Nachgang auf Drängen der SPD-Fraktion, sah aber letztlich keine Verfehlung seitens der Gemeinde. Auch dieses Schreiben liegt der Redaktion vor. Eine Entscheidung, die bei großen Teilen der Lokalpolitik für mächtig Irritationen sorgte.

Der Bau der Volksbank, auf dem Grundstück neben Haus Linnemann, ist angelaufen.
Der Bau der Volksbank, auf dem Grundstück neben Haus Linnemann, ist angelaufen. © Till Goerke

Eine niedrige sechsstellige Summe kassierte die Gemeinde von der GbR für das Grundstück. Doch passiert ist bis heute nichts. Anders als zuvor öffentlich von den Planern der GbR angekündigt wurde. Eigentlich sollte dort ein Mehrfamilienhaus entstehen und das Haus Linnemann abgerissen werden.

Doch das Haus steht noch immer. Mittlerweile ist es sogar wieder bewohnt. Als sich die Redaktion kürzlich vor Ort umsieht, kommt sie ins Gespräch mit einigen Bewohnern.

Sie sagen, sie seien Handwerker, sie wohnten im Haus, solange sie hier in der Region arbeiten würden. Autos parken vor dem Haus, Bierflaschen stehen im Eingang. Alles sieht heruntergekommen aus. Von einer Entwicklung der Fläche - wie es die Gemeinde forciert - ist nichts zu sehen.

Welches Spiel spielt die GbR?

Spielt die GbR also ein Spiel mit der Gemeinde und führt sie an der langen Nase herum? Schaut man sich an, wer unter anderem hinter der GbR steckt, bekommt die Sache auf jeden Fall Geschmäckle.

Einer der GbR-Gesellschafter zum Zeitpunkt der Vertragsunterzeichnung mit der Gemeinde im August 2023 ist der damalige Vorstandsvorsitzende der Volksbank Gronau-Ahaus, der ursprünglich die gesamte Fläche zugesprochen worden war.

Ein schematischer Plan für ein neues Mehrfamilienhaus
Dieses Bauvorhaben kündigten die Planer der Wohnbau Epe III GbR auf der Fläche von Haus Linnemann an. Davon hat die GbR jetzt aber nach dem Erwerb der Fläche erst mal wieder Abstand genommen. © Planungsbüro

Die Fläche wurde nicht öffentlich ausgeschrieben. Andere, potenzielle Investoren hatte somit keine Möglichkeit, sich ins Spiel zu bringen.

Die Pressestelle der Volksbank Gronau-Ahaus tat jedenfalls alles, um die Verbindung zu ihrem jetzt Ex-Vorstand zu verheimlichen.

Anfragen dieser Redaktion, ob es irgendeine, personelle Verbindung seitens der Volksbank Gronau-Ahaus zur besagten GbR gebe, beantwortete die Pressestelle stark ausweichend. Und wenig glaubwürdig.

Pressestelle weicht aus

Bei der ersten Anfrage hieß es, es gebe keinerlei Verbindung. Bei der zweiten Anfrage zog sich das Presseteam auf das „Bankgeheimnis“ zurück und verweigerte jegliche weitere Auskunft.

Warum es dieses Vorgehen gab und ob dieses von „oben“ vorgegeben wurde, ist unklar. Doch warum überhaupt dieses gesplittete Grundstücksgeschäft? Aus Kreisen des Geldinstitutes hat die Redaktion erfahren, dass es primär darum gegangen sein soll, Grunderwerbssteuer zu sparen.

Theoretisch hätte die Volksbank ja auch – wie vom Heeker Rat beschlossen – das gesamte Grundstück erwerben und dann die besagte Teilfläche mit dem Haus Linnemann intern an die GbR ihres (Ex-) Vorstandes weiterverkaufen können. Doch genau das ist nicht passiert.

Für die Gemeinde spielen die internen Angelegenheiten der Volksbank allerdings keine Rolle, wie Bürgermeister Franz-Josef Weilinghoff jetzt auf Anfrage klarstellt. Dass der Deal im Zustandekommen kritisch betrachtet wird, weiß dieser.

Er sagt aber auch ganz klar: „Die Kommunalaufsicht hat alles geprüft und keine Verfehlungen festgestellt. Wir wollen diese Fläche einfach nur endlich vernünftig entwickeln.“

Mit Blick auf den Neubau der Volksbank nimmt dies Formen an. Doch was ist mit der GbR? Die Vertragsunterzeichnung ist über ein Jahr her. Auffällig: Den Grundbucheintrag über die Fläche ließ die GbR erst ein Jahr später, im August 2024, ändern. Das ergibt eine Anfrage beim Amtsgericht Ahaus.

Ein Drohnenbild einer Fläche in Nienborg
Auf der Freifläche entsteht derzeit der Neubau der Volksbank. Das Haus Linnemann - die blauen Punkte markieren die drei Dachfenster, die nach dem Verkauf noch auf Kosten der Gemeinde ausgetauscht wurden - wird erst mal nicht abgerissen. Anders als von der GbR angekündigt. © Geodatenatlas Kreis Borken

Kalkül? Nicht bewiesen. Klar ist aber, dass die GbR der Gemeinde gegenüber kommunizierte, vorerst nicht bauen zu wollen. Anderes als zunächst angekündigt. Stattdessen teilte die GbR der Gemeinde mit, das Haus Linnemann erst mal „anderweitig“ zu nutzen. Das bestätigt der Bürgermeister.

Also offenkundig Monteurszimmer statt Neubau mit Sozialwohnungen. Mit einer Entwicklung der Fläche hat das aktuell nichts zu tun. Noch aber bricht deswegen keine Panik in der Heeker Verwaltung aus.

„Wir gehen davon aus, dass die GbR im Frühjahr 2025 mit dem Abriss und Neubau beginnen wird“, stellt Franz-Josef Weilinghoff klar. Dass das Haus Linnemann so lange anders genutzt werde, damit habe er „kein Problem“.

Bauverpflichtung

Davon ab gibt es – auch das bestätigt der Bürgermeister – eine Bauverpflichtung für die GbR. Nach Informationen dieser Redaktion beträgt diese jetzt noch 1,5 Jahre. Viel Zeit bleibt der GbR also nicht mehr. Ansonsten droht eine Rückabwicklung des Kaufes.

Warum die GbR sich derzeit nicht bewegt, sei auch der Gemeinde nicht bekannt, wie es aus dem Rathaus heißt. Interessant ist dabei auch die Nummer mit den neu eingebauten Dachfenstern im Haus Linnemann.

Ein altes Haus in Nienborg
Die GbR nutzt das erworbene Haus Linnemnann aktuell "anderweitig". Das bestätigt die Gemeinde Heek. Die Bauverpflichtung läuft allerdings schon bald ab. © Till Goerke

Zur Erinnerung: Mitte 2022 vergab die Gemeinde den Auftrag an eine Fachfirma, die drei Dachfenster auszutauschen. Da war das Haus noch im Besitz der Gemeinde. Doch der Tausch fand erst statt, nachdem die Gemeinde das Haus an die GbR veräußert hatte. Neue Dachfenster für ein Abrisshaus.

Ein peinlicher Vorfall, der noch heute nachhallt. Auch, wenn es „nur“ um einige Tausend Euro geht. „Darüber waren wir natürlich nicht amüsiert“, formuliert es der Bürgermeister noch freundlich. Denn die beauftragte Firma baute die Fenster von außen ein, ohne die Gemeinde vorher zu informieren.

Auf der anderen Seite vergaß die Gemeinde, den Auftrag nach dem Verkauf des Hauses zu stornieren. Dass alles „blöd gelaufen“ sei, daraus macht der Bürgermeister keinen Hehl. Das Geld für die Fenster habe man sich von der GbR aber dennoch nicht wiedergeholt.

Plan sei es, die Fenster, wenn der Abriss anstehe, auszubauen und anderweitig in der Gemeinde zu nutzen. De facto hat die Gemeinde der GbR die neuen Fenster aber erst mal leihweise finanziert. Mit Steuergeldern.

Ungeachtet der vielen Ungereimtheiten hofft die Gemeinde nach wie vor darauf, dass das Ganze noch ein gutes Ende finden wird. Seit vielen Jahren ist sie dran, die gesamte Fläche an der Ecke Eper Straße/Ochtruper Straße zu entwickeln. Ob das aber mit der GbR gelingen wird, ist die große Frage.

Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel erschien ursprünglich am 28. Oktober 2024.