Gruseliger Fund an der Nienborger Burg Todesfall vor 700 Jahren auf der Spur

An der Nienborger Burg: Todesfall von vor 700 Jahren wird aufgedeckt
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Spurensuche im aktuellen archäologischen Grabungsareal unter der alten „Burgschenke“. Da stockte selbst den beiden LWL-Grabungstechnikerinnen Maja Thede und Birgit Grundmann der Atem, als sie beim Abtragen der einzelnen Schichten im Untergrund des Gebäudes plötzlich auf die Überreste eines Menschen stießen. In rund 1,50 Meter Tiefe. Auf dem Bauch liegend, der Kopf nicht auffindbar. Angesichts der Lage der Knochen fast in Höhe der letzten Füllschicht, ist schnell klar, dass der Tote wohl schon mehrere Jahrhunderte dort gelegen haben muss. Eine historische Sensation!

Mord, Totschlag oder Unfall?

Und zugleich ist das Anlass für etliche Fragen: Handelt es sich um einen Mann oder eine Frau? Was ist die Todesursache? War es ein Unfall oder vielleicht sogar Mord? Antworten, die von Dr. Bettina Jungklaus an diesem Freitag, 24. März, erwartet werden. Sie ist erfahrene Osteoanthropologin und darauf spezialisiert, selbst aus wenigen Knochenfragmenten Rückschlüsse auf Leben und Tod ziehen zu können.

Auch für die Wissenschaftlerin aus Niedersachsen ist das aber, was sie in Nienborg vorfindet, spektakulär: „Ich habe in den 28 Jahren im Beruf schon 10.000 Skelette untersucht, ein einziges, bei dem der Kopf abgetrennt war, aber noch keines ohne Kopf.“ Allein die Auffindesituation des Skelettes, seine Bauchlage, den rechten Arm vor die Brust gebeugt, den linken ausgestreckt, ist mehr als ungewöhnlich.

Kein reguläres Grab

Und die Anthropologin ist sich bei ihrer ersten Einschätzung mit den Grabungstechnikerinnen einig: Das ist kein reguläres Grab, die Person wurde nicht bestattet, sondern in die Grube geworfen. Mit Absicht. Auch ein Unfall erscheint schnell als unwahrscheinlich. Ob es sich bei dem Fundort um den ehemaligen Burggraben oder nur um abschüssiges Gelände handelte, ist auch noch völlig unklar. Für Dr. Jungklaus beginnt ihre eigentliche Detektivarbeit mit dem „Abstieg“ in die Tiefe. Dort liegt ihr Untersuchungsgegenstand, Teile eines menschlichen Skeletts, vom Hals bis etwa zur Hüfte. Ihre Fragestellung: Lassen sich daran Spuren von Gewalteinwirkung, Krankheiten, Lebensgewohnheiten feststellen?

Die restlichen Skelett-Teile sind (noch) nicht freigelegt und werden es vielleicht auch nie sein, weil mit Blick auf den geplanten Neubau die Bereiche rechts und links der Fundstelle unangetastet bleiben müssen. Es sei denn, der Statiker gibt Grünes Licht.

Freigelegt: Wie jetzt klar ist, handelt es sich bei dem Skelett um einen jungen Mann, der geköpft wurde.
Freigelegt: Wie jetzt klar ist, handelt es sich bei dem Skelett um einen jungen Mann, der geköpft wurde. © Christiane Hildebrand-Stubbe

Es ist fast so etwas wie ein Puzzle, nur in umgekehrter Reihenfolge: Jeden einzelnen Knochen nimmt die Anthropologin in die Hand, säubert ihn grob mit dem Pinsel und „verpackt“ alles in Tüten. Beim ersten Überblick findet sie keine Anhaltspunkte für „Hiebspuren“ und muss sich kurze Zeit später dann doch korrigieren: „An den oberen Halswirbeln gibt es deutliche Hiebspuren.“ Ihre Diagnose: „Der Mensch wurde geköpft und entsorgt.“ Die Hintergründe aber bleiben unklar.

Der Kopf hätte noch mehr Anhaltspunkte liefern können, jetzt aber hofft sie darauf, wenigstens das Becken finden zu können: „Dann kann ich auch das Geschlecht bestimmen und vielleicht noch andere Hinweise bekommen, zum Beispiel, ob es vielleicht ein Reiter war.“

Interessierte Beobachter: Bernhard Woltering (v.l), Jürgen Lammers im Gespräch mit Grabungstechnikerin Maja Thede.
Interessierte Beobachter: Bernhard Woltering (v.l), Jürgen Lammers im Gespräch mit Grabungstechnikerin Maja Thede. © Christiane Hildebrand-Stubbe

Becken gibt Klarheit

Für die beiden Grabungstechnikerinnen heißt das Schwerstarbeit, mal wieder: Schaufel für Schaufel wird der Boden unter dem Fundort abgetragen. Erst nach einer weiteren Stunde ist das Becken gefunden und Dr. Jungklaus ist sich sicher: „Es ist ein Mann, vermutlich unter 40 Jahre alt.“ Weitere Erkenntnisse verspricht sie sich von anschließenden Feinuntersuchungen. Die Beutel mit den „Fundstücken“ nimmt sie zuerst mit. Ob sie aber jemals die ganze Geschichte des Geköpften an der Nienborger Burg erzählen kann, möchte sie noch nicht versprechen.

Bis zum Abschluss der Untersuchungen werden sich im Ort aber vermutlich noch zahlreiche Geschichten und Vermutungen ergeben. Ob und wie das Skelett dann zum Schluss bestattet werden soll, wird noch überlegt. Jürgen Lammers, Geschäftsführer des Trägervereins Landesburg Nienborg: „Das werden wir klären und auch, ob das Skelett einen Namen bekommen soll.“ Immer noch ist er, wie auch Gemeindearchivar Bernhard Woltering, die beide die Ausgrabungen auch an diesem Tag intensiv verfolgen, tief bewegt von dieser sensationellen Entdeckung, die mal wieder die Geschichte des Ortes erlebbar machen kann.

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