In die Heeker Landwirtschaft kehrt aktuell keine Ruhe ein. Nachdem jüngst Tierquälereien in einem Bullenmastbetrieb aufgedeckt wurden, müssen jetzt in gleich mehreren Betrieben über 1500 Rinder zwangsgeschlachtet werden.
Die entsprechenden Recherchen der Redaktion bestätigt der Kreis Borken jetzt auf Anfrage. Konkret geht es um 1544 Tiere in drei Betrieben. Sie alle gehören zu ein und demselben Unternehmer. Namen nennt der Kreis in diesem Zusammenhang bewusst nicht.
Abgestimmte Anordnung
Die Zwangsschlachtung der Tiere ist in Abstimmung mit dem Ministerium für Landwirtschaft und Verbraucherschutz NRW durch den Kreis Borken angeordnet worden. Grund ist der Nachweis des hochansteckenden Bovine Herpesvirus 1 (BHV1) in den drei betreffenden Betrieben.
Die Übertragung erfolgt meist direkt, kann aber auch indirekt über Vektoren (Personen, Kleidung, Gerätschaften, Instrumente) erfolgen. Mit Blick auf die Hintergründe handelt es sich in den Heeker Fällen mutmaßlich um direkte Übertragungen. Der Kreis spricht von einem „engen Zusammenhang“.
Ende Dezember, so der Kreis auf dezidierte Nachfrage, sei in einem Fressaufzuchtbetrieb eines Nachbarkreises das BHV1 nachgewiesen worden. Aus diesem Aufzuchtbetrieb soll der Heeker Unternehmer in vier seiner Bullenmastbetriebe Jungtiere übernommen haben.
Entsprechend hat der Kreis Borken Anfang Januar in diesen Betrieben „repräsentative Blutuntersuchungen“ durchgeführt. Ergebnis: In drei der vier Betriebe wurde ein „hoher Durchseuchungsgrad des Tierbestandes“ mit dem BHV1 nachgewiesen.
Nicht gefährlich für Menschen
Laut Kreis ist das Rinderherpesvirus nicht auf den Menschen übertragbar. Da die betreffenden Tiere auch nicht klinisch erkrankt seien, gebe es gegen die Schlachtung und den anschließenden Verzehr keine Bedenken. Das Fleisch könne also entsprechend in den Handel kommen.
Im Regierungsbezirk Düsseldorf und im Kreis Borken ist die Zahl der mit BHV1 infizierten Rinderbestände in den zurückliegenden Monaten kontinuierlich gestiegen. Darum hat das Landwirtschaftsministerium NRW zusammen mit den rinderhaltenden Betrieben im Regierungsbezirk Düsseldorf und im Kreis Borken einen verbindlich anzuwendenden Leitfaden entwickelt. Gültig ist dieser seit Juni 2022.
Zum Hintergrund: Deutschland hat im Mai 2017 nach Ausmerzung aller entdeckten Überträger ein jahrelanges Tilgungsprogramm abgeschlossen. Seitdem gilt die Bundesrepublik als BHV1-frei.
Dieser Status ermöglicht und erleichtert den Handel mit anderen BHV1-freien Regionen. Mit dem Freiheitsstatus geht ein Impfverbot einher, damit sich Virusinfektionen nicht unter einer Impfdecke unentdeckt ausbreiten können.

Doch dieser Status ist in Gefahr. Genau darum, das betont der Kreis Borken, sei „die Räumung der Betriebe zur Aufrechterhaltung des bundesweiten BHV1-Freiheitsstatus in Bezug auf die Tierseuche“ so wichtig.
„Infizierte Tiere bleiben lebenslang Träger des Infektionserregers und stellen somit ein hohes Risiko für eine Verbreitung dar“, unterstreicht Kreis-Sprecherin Leonie Dreier. Darum stehe nach der Anordnung zur Zwangsschlachtung im Nachgang auch eine „gründliche Reinigung und Desinfektion der Stallungen und Standorte“ an.
Die Zwangsschlachtung in den betreffenden Heeker Betrieben ist nach Angaben des Kreises bereits angelaufen. Bei der enorm hohen Zahl an betroffenen Tieren sei derzeit aber noch nicht absehbar, wann diese abgeschlossen sei. „Das zieht sich jetzt natürlich“, so Leonie Dreier.
Dass das Töten aller Rinder eines Bestandes zur BHV1-Bekämpfung für alle Beteiligten wie die amtlichen Tierärzte, die betroffenen Tierhalter sowie die bestandsbetreuenden Tierärzte eine enorme Belastung ist, liegt auf der Hand.
Reinigung und Desinfektion
Erst wenn der Kreis durch den Fachbereich „Tiere und Lebensmittel“ die betreffenden Standorte und Stallungen nach der Reinigung und Desinfektion überprüft und abgenommen hat, ist wieder eine Nutzung möglich. Bis es aber so weit ist, wird noch einiges an Zeit vergehen.
Aktuell gibt es nach Angaben des Kreises keine Hinweise auf die Beteiligung weiterer Betriebe in der „näheren Umgebung“. Entsprechende Erkenntnisse auf eine Verschleppung des Virus lägen aktuell nicht vor. Die Situation werde aber weiter genau im Auge behalten.
Übrigens untersuchen laut des Kreises „sämtliche Milchviehbetriebe in der Nähe“ monatlich ihre Tiere über Tankmilchproben auf BHV1. Auch das ist Teil der freiwilligen Vereinbarung aus dem Juni 2022 im Regierungsbezirk Düsseldorf und im Kreis Borken.
Notstand bei Blutpräparaten: DRK-Ortsverein appelliert an Spendenbereitschaft
Wohnen in Heek wird 2023 teurer: Bürger werden dennoch entlastet
Benefizkonzert für Mutmachwerkstatt : Chor Singfonie „öffnet viele Herzen“