Radfahren, Sport und gute Nahversorgung – die Heeker sind zufrieden mit der Lebensqualität im Ort. Doch die Verkehrsbelastung und das Kneipensterben trüben die Stimmung.

Heek

, 09.05.2019, 05:00 Uhr / Lesedauer: 5 min

Hedwig Gausling und Friedhelm Kloth liegt Heek am Herzen. Deshalb engagieren sie sich in der Heimatgruppe des Heimat- und Schützenvereins Heek. „Das Vereinsleben funktioniert hier“, nennt Kloth einen der Vorzüge Heeks. „Ich lebe seit 44 Jahren gerne hier“, sagt Gausling, auch wenn ihr Herz eigentlich an ihrem Geburtsort Ahle hängt. Überschwänglich werden beide nicht – und das passt ins Bild unserer Umfrage. Die Lebensqualität stimmt - mit kleinen Abstrichen, lautet das Urteil der 255 Heeker Umfrageteilnehmer. Neun Punkte für die Lebensqualität zeugen von Zufriedenheit, doch die Bestnote gibt es anders als in den Nachbarortsteilen Nienborg und Ahle nicht.

So haben die Heeker abgestimmt.

So haben die Heeker abgestimmt. © Falko Bastos

Das wurde positiv bewertet

Radfahren: Nahezu ideale Bedingungen gibt es für Radfahrer. Bestätigt wird dies nicht zuletzt durch den erneuten Podiums-Platz für die Gemeinde beim Radklima-Test des ADFC. Bei der groß angelegten Umfrage hatte Heek 680 Städte und Gemeinden hinter sich gelassen und den dritten Platz bundesweit belegt. Grund zur Freude nicht nur für Bürgermeister Franz-Josef Weilinghoff, der selbst regelmäßig mit dem Rad durch die Gemeinde fährt. Auch unsere Umfrageteilnehmer bewerten die Bedingungen für Radfahrer mit neun Punkten überaus positiv. „Man kommt mit dem Rad sehr schnell ins Grüne“, meint Friedhelm Kloth.

Spielraum für Verbesserungen gibt es dennoch: „Ein Radweg an der ehemaligen B70 Richtung Schöppingen wäre wünschenswert“, schreibt eine Umfrageteilnehmerin. „Ein Radweg entlang der Dinkel fehlt“, kommentiert eine andere. „Das gibt es in so vielen Gegenden am Bach entlang, nur bei uns nicht“, bemängelt eine weitere Heekerin. „Es werden immer mehr Radfahrer und Inline-Skater, die durch die Natur fahren wollen. Wir haben es und können den Touris und uns unsere Natur nicht anbieten.“

Bei Bürgermeister Franz-Josef Weilinghoff rennen sie damit offene Türen ein. „Wir haben das schon lange auf dem Tableau. Es ist beängstigend, wie lange sich das hinzieht“, sagt er mit Verweis auf die geplante Dinkelsteinroute. Das Projekt war in Zeitverzug geraten, weil ein beauftragter Gutachter im vergangenen Jahre nicht wie vereinbart lieferte. In diesem Jahr gibt es einen neuen Anlauf. Auch der Heimatverein ist bei den Planungen mit im Boot. Doch Weilinghoff dämpft die Erwartungen: „Die Chancen auf einen neuen Radweg stehen leider nicht so gut.“ Grund sei die ablehnende Haltung seitens der Behörden. Stattdessen werde es auf eine Verbesserung der bisherigen Radwege hinauslaufen.

Radeln im Grünen und gut ausgebaute Radwege - für Radfahrer gibt es gute Bedingungen.

Radeln im Grünen und gut ausgebaute Radwege - für Radfahrer gibt es gute Bedingungen. © Markus Gehring

Sport: Glücklich sind die meisten Heeker mit den Sport-Angeboten (9 Punkte) im Ort. Und die nutzen sie auch. Mehr als 60 Prozent der Heeker sind Mitglied in einem Sportverein – das ist einsame Spitze im Kreis Borken. Mitgliederstärkster Verein ist der SV Heek mit 2100 Mitgliedern. Er bietet Sportarten von Fußball über Taekwondo bis zur Skigymnastik. „Da sind wir sehr breit aufgestellt und haben immer neue Ideen, das Angebot zu erweitern“, sagt Andreas Oellerich, erster Vorsitzender des Vereins.

Und damit die Bedingungen noch besser werden, hat der SV Heek kürzlich sein Kabinengebäude saniert. Die Mitglieder packten kräftig mit an und die Kosten blieben unter dem Budget. Weitere Sportangebote gibt es bei Angelsportverein, Tennisclub, Reitverein, Schachclub und Bogensportschule.

Nahversorgung: Auch mit der Nahversorgung im Ort sind die Heeker zufrieden. Neun Punkte vergaben sie in dieser Kategorie. Zwei Discounter, ein Vollsortimenter und ein großer Dorfladen sorgen dafür, dass die Heeker die meisten Dinge des täglichen Bedarfs im Ort einkaufen können.

Mit einer Ausnahme: Immer wieder äußern die Umfrageteilnehmer den Wunsch nach einem Drogeriemarkt in Heek. Dieser werde „dringend benötigt“, schreibt ein Teilnehmer. „Ganz klar: ein Drogeriemarkt fehlt“, urteilt eine junge Heekerin. „Wir sind ein kinderreiches Dorf und als Mutter muss man gestresst bis in einen anderen Ort fahren, um Windeln zu kaufen. Einen Drogeriemarkt braucht jeder – ob alt oder jung.“ Auch eine Neubürgerumfrage unter den Zugezogenen in der Gemeinde im vergangenen Jahr bestätigte den Wunsch nach einem Drogeriemarkt.

Einen solchen gab es auf der Einzelhandelsfläche am Gabelpunkt. „Aber das hat der Markt nicht hergegeben“, so Weilinghoff. Gespräche mit anderen Drogerie-Ketten hätten ergeben: „Die werden nicht kommen“. Einen wirklichen Mangel sieht er darin nicht. „Die Grundbedürfnisse sind abgedeckt. Ich habe hier drei Sorten Toilettenpapier zur Wahl. Wer mehr Auswahl braucht, muss eben in den Nachbarort fahren“, so der Bürgermeister. „Ich fahre zum Drogeriemarkt nach Epe“, sagt Hedwig Gausling. „Da ist ja nicht weit.“

Das wurde negativ bewertet

Zwar sind die Heeker im großen und ganzen zufrieden, doch schneidet der Ortsteil in unserer Umfrage schlechter ab als Nienborg und Ahle. Wie kommt das?

Verkehr: Ein häufig genannter Kritikpunkt ist die Verkehrsbelastung im Ort. Mit sieben Punkten bewerten die Heeker die Verkehrssituation schlechter als in den anderen Ortsteilen. 10.000 Autos passieren die Ortsdurchfahrt täglich. Aber auch an der Ahler Straße und Brinkstraße gibt es seit Jahren Grund für Ärger. Denn sie wird als Schleichweg zum Ahauser Industriegebiet genutzt.

„Der Durchgangsverkehr Ahler bzw. Brinkstraße ist in den letzten Jahren unerträglich geworden“, kommentiert ein Teilnehmer. „Die Ahler Straße muss für den LKW-Fernverkehr gesperrt werden, außerdem ist dort Tempo 30 anzuordnen“, fordert ein anderer. Hedwig Gausling bestätigt: „Es ist schlimm. Ich wohne in der Nähe und höre Tag und Nacht die Geräusche.“

„Ich kann jeden Anwohner verstehen“, sagt der Bürgermeister. Von einem LKW-Verbot halt er aber nichts. „Dann fahren die über die Bahnhofstraße, die auch schon stark belastet ist“, so Weilinghoff. „Wir sind aber an dem Thema dran.“ Im Zuge der für das nächste Jahr geplanten Sanierung der Straße werde auch das Verkehrsproblem angegangen. Ein Gutachten ist beauftragt. „Bei der Planung haben wir auch den LKW-Verkehr im Blick. Wir wollen es für LKW natürlich nicht attraktiv machen und zumindest dafür sorgen, dass die Geschwindigkeit eingehalten wird“, so Weilinghoff. Schon in diesem Jahr droht die nächste Belastungsprobe für den innerörtlichen Verkehr, wenn im Herbst die Bundesstraße 70 zwischen Heek und Ahaus für eine geplante Sanierung gesperrt wird.


Gastronomie: Keine guten Noten verteilen die Heeker für das gastronomische Angebot im Ortsteil. Fünf Punkte vergaben sie in der Kategorie Gastronomie, der schlechteste Wert im Ortsteilcheck. „Schönes Wohndorf, Gastronomieangebot eher am unteren Ende der Skala“, fasst ein Teilnehmer knapp zusammen. „Einziges großes Manko ist das Aussterben von Gaststätten und Cafés vor Ort“, sorgt sich eine junge Heekerin. „Das ist ein echtes Problem“, findet auch Ralf Münstermann, Präsident des Heimat- und Schützenvereins. „Wenn hier noch eine Gaststätte schließt, wird es richtig eng.“ Friedhelm Kloth erinnert sich wehmütig: „Wir hatten hier früher 13 Gaststätten und sind beim Schlöffken von Kneipe zu Kneipe gezogen.“

Das Kneipensterben im Ortsteil macht vielen Heekern Sorgen.

Das Kneipensterben im Ortsteil macht vielen Heekern Sorgen. © Falko Bastos

„Das ist ein echtes Manko“, findet auch der Bürgermeister. „Es ist nicht so, dass es nichts gibt, aber die klassische Kneipenkultur bricht weg.“ Längst gehe es nur noch darum, wenigstens das bestehende Angebot zu erhalten. Aber dafür fehle es einfach an Nachfolgern. „Dass jemand wie beim M3 etwas neues baut, kommt nur alle 100 Jahre vor.“ Ansonsten gelte: „Wenn eine Kneipe einmal weg ist, kommt sie nicht wieder.“

Eng verknüpft mit beiden großen Kritikpunkten ist die Frage nach der Aufenthaltsqualität im Ort. „Uns in Heek fehlt ein gemütlicher Ortskern als Treffpunkt für jung und alt“, schreibt einer der Kommentatoren. „Was fehlt, sind Orte, wo man sich mal gemütlich aufhalten kann“, bestätigt eine andere Umfrageteilnehmerin.

Fast 5000 Einwohner: Die Bevölkerungsstatistik für den Ortsteil Heek

Fast 5000 Einwohner: Die Bevölkerungsstatistik für den Ortsteil Heek © Falko Bastos

„Das fehlt tatsächlich“, findet auch Weilinghoff. Das größte Potenzial für einen Dorftreffpunkt mit Aufenthaltsqualität sieht er nach wie vor auf dem Marktplatz: „Da müssen wir ran.“ Doch die Umgestaltung des Marktplatz wurde auf Beschluss des Rates erneut verschoben. Dafür wird zunächst der Stiegenpark aufgehübscht.

Dass die Aufenthaltsqualität auch durch den allgegenwärtigen Verkehr beeinträchtigt wird, sieht Weilinghoff „mit einem lachenden und einem weinenden Auge.“ Denn das sei eben der Preis für die Ortsdurchfahrt. Von dem Durchgangsverkehr profitiere die Gemeinde schließlich auch. „Hier ist viel Umlauf und Bewegung. Andere haben einen schönen Kirchplatz mit Totenruhe.“

Chronologie
Ansicht der Gemeinde in den 1950er Jahren

Ansicht der Gemeinde in den 1950er Jahren © Gemeinde Heek


  • Der Ortsname Heek leitet sich vermutlich ab von „Eiche“. Der Legende nach stand eine berühmte Eiche im Ort. Diese soll St. Ludgerus gefällt und dort anschließend eine Kirche errichtet haben. Erstmals urkundlich erwähnt wird die Pfarrei 1256. Mit seinem romanischen Kreuz wurde Heek zum Wallfahrtsort. Erstmals erwähnt wird das Dorf Heek 1344.
  • 1803 ging Heek nach Aufhebung des Fürstbistums Münster an die Grafschaft Salm Horstmar, 1806 an das Großherzogtum Berg, 1810 an das Kaiserreich Frankreich und nach den Befreiungskriegen an Preußen.
  • Da in der Gemeinde Schafzucht betrieben und Flachs angebaut wurde, erlernten die Heeker die Herstellung von Garn und Leinen. Es entwickelte sich eine blühende Textilindustrie, die 1933 ihr Ende fand.
  • Am 1. Juli 1969 schlossen sich Heek und Nienborg zur neuen Gemeinde Heek zusammen.