
© Bernd Schäfer
Co-Working-Space im ehemaligen Stall: Arbeiten mit Blick auf die Felder
Umnutzung
In der Nienborger Bauerschaft Callenbeck entsteht derzeit ein ganz neues Arbeits-Konzept: Bernhard Holtkamp richtet in seinem ehemaligen Stall ein neues Co-Working-Space ein.
Bernhard Holtkamp hat die Vor- und Nachteile der Arbeit im Homeoffice selbst erfahren: Normalerweise würde er in seinem Dienstwagen 50.000 Kilometer im Jahr abspulen. Zuletzt waren es gerade einmal ein paar hundert – Corona und die dadurch verursachte rasante Ausbreitung von Möglichkeiten, Gespräche, Konferenzen und Meetings auf entsprechende Online-Plattformen zu verlagern, lassen grüßen.
Statt in einem Büro irgendwo in Deutschland sitzt er beim Gespräch mit Kunden jetzt an seinem Schreibtisch im eigenen Haus, mit einem idyllischen Blick auf die Felder der Bauerschaft Callenbeck.
Neue Art von Arbeit
Mit der Familie hatte sich die neue Art der Arbeit irgendwann eingespielt – „Aber mir fiel die Decke auf den Kopf“, sagt Holtkamp lachend. „Immer wenn ich hier so alleine saß, dachte ich, irgendwie fehlt mir was.“
Normalerweise gebe es in Betrieben eine Kaffeemaschine, an der man sich trifft und untereinander austauschen kann, oder man kann bei Fragen mal eben ins Nachbarbüro gehen. Das geht zuhause natürlich nicht.
Unabhängig arbeiten
Bei der Suche nach Alternativen stieß der Nienborger auf die Genossenschaft „Co-Work-Land“. Deren Ziel ist es, Menschen die Möglichkeit zu geben, „an möglichst vielen Orten im ländlichen Raum ortsunabhängig zu arbeiten“. Nach Rücksprache mit seiner Familie entschloss sich Holtkamp, der Genossenschaft beizutreten, die ihre Mitglieder auch bei der Gründung und im Betrieb von Co-Working-Spaces unterstützt.
Und er erklärte seiner Familie eine Planänderung: Eigentlich sollte der ehemaligen Rinderstall des Gehöfts zu zwei Wohnungen umgebaut werden. Jetzt entstehen dort Büroräume, die von ganz unterschiedlichen Personen genutzt werden können. Die müssen dann nur ihren Laptop mitbringen und können die Infrastruktur mit Schreibtischen, Datenleitungen und Besprechungsräumen nutzen. Und natürlich einer Kaffeemaschine samt Sitzecke zum gegenseitigen Austausch.
Behutsame Renovierung
Bei der Renovierung des ehemaligen Stalls und des darüberliegenden Dachbodens geht Holtkamp behutsam vor. „Wir wollen das Ländliche behalten, aber trotzdem moderne Arbeitsmöglichkeiten bieten.“ Bis zu 25 Co-Worker sollen sich einmal die Räume teilen können. Sie können entweder flexible Arbeitsplätze oder auch feste Büroräume buchen.

Hohe Decken gibt es im neuen Co-Working-Space. © Bernd Schäfer
Das Arbeiten in so einer Umgebung habe gleich zwei Vorteile, sagt Holtkamp: Man spart die unter Umständen lange Fahrtzeit zum Unternehmen, in dem man beschäftigt ist, sei aber dennoch in einem Büro – ohne die Ablenkungen das familiären Alltags.
Urlaub bei der Arbeit
Die in die Landschaft eingebettete Hofidylle könnte darüber hinaus einen neuen Trend bedienen: „Workation“. Der aus den englischen Worten für „work“ (Arbeit) und „vacation“ (Urlaub) zusammengesetzte Begriff beschreibt die Verbindung von Job und Freizeit: Wer etwa dem Trubel einer Großstadt für ein paar Wochen entfliehen will, könnte sich in Nienborg oder der Umgebung ein Zimmer nehmen, tagsüber im Co-Working-Büro arbeiten und abends Radtouren durchs Münsterland unternehmen.
Das Projekt, das von der Leader-Region AHL als unterstützungswürdig anerkannt wurde, soll Anfang nächsten Jahres in Betrieb gehen. „Es geht uns nicht nur ums Vermieten, sondern auch um den Anspruch, Menschen, die sich gegenseitig unterstützen können, zusammenzubringen“, sagt Bernhard Holtkamp. „Ich freue mich darauf, wenn jüngere und ältere Leute kommen, sich austauschen und Netzwerke knüpfen.“ Und einer von denen, die an der Kaffeemaschine neue Kontakte knüpft, wird auf jeden Fall Holtkamp selbst sein.