
Am "Tag des offenen Denkmals" geht die Virtual-Reality-Station des LWL-Römermuseums an den Start. Besucher können sich den Legionärshelm mit VR-Brille aufsetzen und werden mit einem Centurio konfrontiert. © Benjamin Kübart
Virtual Reality im Römermuseum: Besucher werden „unter dem Adler Roms“ zu Legionären
Römermuseum
An einem bestimmten Tag kostet der Besuch im Halterner Römermuseum kein Geld – dann eröffnet das Museum eine Virtual-Reality-Station, mit der Besucher zu Legionären werden können.
Wir schreiben das 5. Jahrhundert nach Christus. Unter Ihnen liegt hölzerner Boden, aus der Entfernung trommeln die Schritte marschierender Legionäre. Sie können hören, wie die Soldaten Kommandos rufen. Sie können den Wind hören, denn Sie stehen auf einem Wehrgang, unmittelbar am Westtor des Römerlagers Aliso. Wie Sie hier gelandet sind? Bevor Sie sich darüber Gedanken machen können, tritt eine gerüstete Gestalt ins Bild. Ihre Stimme donnert: „Halt, stehen geblieben!“
Der römische Centurio mustert Sie mit seinem strengen Blick. Er stellt Ihnen Fragen und fuchtelt mit einem Stab herum, den er in der Hand hält. Damit kommt er Ihnen gefährlich nahe, trotzdem haben Sie Zeit, um sich umzusehen. In der Entfernung stehen Gebäude, auf der Toranlage neben Ihnen halten Legionäre Wache. Vor dem Lager erstreckt sich eine weite Ebene, dahinter warten die dichten Wälder Germaniens.
Virtual Reality
Virtual Reality (auf Deutsch: Virtuelle Realität, kurz: VR) bezeichnet die Darstellung und Wahrnehmung einer computergenerierten Umgebung. Sogenannte VR-Headsets erlauben Nutzern, diese Umgebung durch die Linsen von speziell angefertigten Brillen zu betrachten. Das Ziel ist eine möglichst hohe Immersion: Nutzer sollen sich so fühlen, als wären sie wirklich in der künstlichen Umgebung. Mit VR-Headsets können Nutzer zum Beispiel 360-Grad-Filme schauen. In VR-Videospielen ist es gängig, über zusätzlich Controller mit der virtuellen Realität zu interagieren.
„Unter dem Adler Roms“
Diese Zeitreise ermöglicht eine neue Virtual-Reality-Station im LWL-Römermuseum in Haltern. Der Helm eines römischen Legionärs wurde dazu mit einer VR-Brille ausgestattet. Wer ihn am Westtor der Römerbaustelle Aliso aufsetzt, kann in die Filmwelt abtauchen, die sich an der exakt selben Stelle abspielt.
„Die realitätsnahe Umsetzung ist einem vielfach preisgekrönten Unternehmen zu verdanken“, berichtet Museumsleiter Dr. Josef Mühlenbrock über den neuen 360-Grad-Film. „Die Rekonstruktion entstand auf Basis der neusten archäologischen Untersuchungen, das Unternehmen ist seit Jahren auf historische Rekonstruktionen spezialisiert.“ Es war zum Beispiel an Terra X-Dokumentationen beteiligt.

Mehr als 2000 Jahre in der Vergangenheit: Die Träger des VR-Helms finden sich am Westtor des Lagers Aliso wieder. Die Neuankömmlinge werden von einem Centurio entdeckt. © LWL / Faber Courtial GbR
Der mehrminütige VR-Film trägt den Titel „Unter dem Adler Roms“. Als junger Rekrut Lucius betritt man das Lager Aliso und beginnt den Dienst als Legionär. Die Konzeption und Einrichtung der VR-Station wurde im Programm „Kultur Digital“ der Kulturstiftung des Bundes gefördert. Die Aktion gehört zum Verbundsprojekt „Museum als CoLabor. Öffne die Blackbox Archäologie!“ Vor allem bei der Software der Anwendung waren lokale Förderer beteiligt, so Museumsleiter Mühlenbrock: Die KulturStiftung Masthoff und der Verein der Freunde und Förderer des Westf. Römermuseums Haltern e.V..
Mit der App durch‘s Museum
Ab Dezember sollen Besucher des Römermuseums die Handlung um Lucius noch weiter verfolgen können. Dann erscheint die Smartphone-App „Magic Roads to Aliso“, in der Lucius Protagonist ist. Die App nutzt Augmented-Reality-Technologie (Deutsch: Erweiterte Realität). Das bedeutet: In die reale Welt werden digitale Elemente eingefügt, die zum Beispiel mit der Smartphone-Kamera sichtbar gemacht werden können.
VR-Start am Tag des offenen Denkmals
Am Tag des offenen Denkmals (11. September) wird die VR-Station auf dem Außengelände des Museums offiziell eröffnet und kann von 12 bis 17 Uhr getestet werden. An diesem Sonntag ist der Eintritt zum Römermuseum kostenlos. Auch danach kann der Film zu den üblichen Öffnungszeiten des Museums angeschaut werden. Doch: Die Saison auf der Römerbaustelle Aliso endet am 30. Oktober. Danach öffnet das Außengelände des Museums erst wieder im März 2023.

Römerhelm und VR-Brille lagern auf dem authentischen Gepäckzeug eines römischen Legionärs, erklärt LWL-Mitarbeiter Matthias Bensch. „Das gesamte Projekt war seit Februar und März diesen Jahres in Arbeit“, sagt er. © Benjamin Kübart
Am Tag des offenen Denkmals findet ein „Social Media Walk“ statt: Interessierte können Eindrücke aus dem Museum einfangen und über die sozialen Medien posten.
Zum Programm gehören außerdem zwei kostenlose Vorträge: Um 11 Uhr beginnt die Führung „Vor Ort in Aliso 2.0“ in deren Mittelpunkt die römische Bautechnik steht. Erwachsene und Kinder können dabei einige Handwerks- und Vermessungstechniken selbst ausprobieren.
Um 17 Uhr berichtet Dr. Bettina Tremmel von der LWL-Archäologie für Westfalen über die Ergebnisse der Ausgrabung, die 2013 zur Entdeckung des römischen Wachhauses am LWL-Römermuseum führten. Julian Geiß von der Universität Trier erläutert danach die wissenschaftlichen Grundlagen zur Rekonstruktion des Wachhauses am Westtor.
Geboren im Ruhrgebiet, kann auch die B-Seiten auf „4630 Bochum“ mitsingen. Hört viel Indie-Rock. Hat das Physikstudium an der Ruhr-Uni durchgespielt und wurde Journalist. Liebt tiefe Recherchen, Statistiken und „The Big Lebowski“. Sieht lokale Geschichten im großen Kontext und erzählt sie in Schrift, vor dem Mikro und der Kamera.
