
So könnte eine mögliche 2-Tunnel-Lösung nach den Vorstellungen von „Haltern fahrradfreundlich“ aussehen. © Montage Haltern fahrradfreundlich
„Unnötig teuer und überdimensioniert“ - Fahrradfreunde kritisieren DB-Pläne in Sythen
Bahnübergang Sythen
Endlich soll die lange geplante Bahnunterführung in Sythen gebaut werden. Sie wird die Verkehrsführung deutlich verändern. Das müsste aber nicht sein, findet „Haltern fahrradfreundlich“.
Die Deutsche Bahn will in den nächsten Jahren Bahnübergänge in Deutschland reduzieren, um den Verkehrsfluss zu verbessern. Einer der Bahnübergänge, an dem eine solche Maßnahme geplant ist, betrifft die Bahnschranke am Bahnhof Sythen.
Im März sahen Halterner Politiker erstmals die Pläne, die einen großen Eingriff in die Verkehrsinfrastruktur in Sythen ankündigen. Das Tunnelbauwerk wird bis zu zehn Meter tief in die Erde versenkt und hat letztlich eine Durchfahrtshöhe von fünf Metern. Beidseitig werden 2,50 Meter breite Rad- und Fußwege angelegt.
Der Tunnel wird, ähnlich einer Autobahnauffahrt, in einer großen Schleife unter den Bahngleisen durchführen. Die beiden Haltepunkte an den Gleisen bleiben wo sie sind, aber der Stockwieser Damm als Kreisstraße wird Richtung Sythener Mühle durch die Felder verschwenkt und an der Ecke Am Wehr wieder auf die heutige Trasse zurückgeführt.
Erste Pläne stammen schon aus 1988
Die ersten Pläne stammen schon aus dem Jahr 1988. Im Juli 2001 hatte es den Planfeststellungsbeschluss gegeben. 2022 erfolgte jetzt die Vereinbarung über Planung und Ausführung. Fest steht: Der Kreis Recklinghausen wird die Unterführung in Abstimmung mit der von der DB Netz AG beauftragten Deutsche Bahn International GmbH bauen lassen.
Die Initiative „Haltern fahrradfreundlich“ hatte daraufhin mit ihrem Vorschlag, die Unterführung nur für Radfahrer und Fußgänger zu öffnen und den Autoverkehr über die Sythener Ortsumgehung zu leiten, für eine kontroverse Diskussion zum Thema gesorgt.
Inzwischen hat sie in Zusammenarbeit mit „Parents for Future“ einen neuen Vorschlag erarbeitet und in einem Dossier zusammengestellt. Die Autoren kritisieren den bisherigen Entwurf, „weil er bereits vor 21 Jahren beschlossen wurde und den aktuellen politischen, ökologischen und ökonomischen Ansprüchen nicht mehr genügt. Sollte ein Bau tatsächlich 2024 beginnen, wäre die Öffentlichkeit 23 Jahre lang, also fast eine Generation, von der Mitsprache ausgeschlossen gewesen“, heißt es dort.
Neuplanung und erneute Bürgerbeteiligung gefordert
In den letzten 20 Jahren hätten sich die politischen und verkehrstechnischen Prioritäten massiv geändert. Deswegen hält die Initiative eine Neuplanung auf der Höhe der Zeit und eine erneute Beteiligung der Bewohner für unabdingbar. „Es kann nicht sein, dass in Zeiten, in denen angeblich alles getan wird, um im Nahbereich den Radverkehr zu stärken, ein Bauprojekt nach über 20 Jahren ohne jegliche Bürgerbeteiligung durchgezogen wird, obwohl es unnötig teuer und überdimensioniert ist und Radfahrer und Fußgänger massiv benachteiligt“, sagt Adalbert Pollerberg von „Haltern fahrradfreundlich“.

Rechts der weiträumige Fahrbahnverlauf im Plan der Deutschen Bahn, links die 2-Tunnel-Lösung von „Haltern fahrradfreundlich“. © Montage Haltern fahrradfreundlich
In einem ersten Schritt haben die Autoren eine 2-Tunnel-Lösung erarbeitet, die nach ihren Vorstellungen mehrere Vorteile hat: Weniger Flächen müssten versiegelt werden und es treten weniger Probleme mit der Führung der Radwege auf.
Der Vorschlag der Initiative sieht folgende Lösung vor: Wie beim DB-Plan wird der Stockwieser Damm zwischen Mühle und Bahndamm um ca. 70 Meter nach Westen verlegt. Vor der Bahnlinie schwenkt die K16 (Stockweiser Damm) in den Bereich der heutigen Bahnquerung und unterquert die Gleise nahezu im 90°-Winkel. Dahinter folgt sie dem Verlauf der aktuellen K16 (Thiestraße).
Gefahr von „Geisterfahrern“
„Die Länge der Kreisstraße ändert sich nicht und sie beschreibt in der Summe Kurvenradien von rund 140°. Eine Begleitung durch Rad-Fußwege erfolgt nicht. Als zweite Unterführung entsteht dafür zwischen Birkenkamp und Bahnweg auf der Achse des heutigen Stockwieser Damms und Schalwegs eine geradlinige Fahrrad- und Fußgängerunterführung, die als Baumallee gestaltet werden kann.“
Die Versiegelung der Flächen würde beim Plan der Bahn etwa 3030 Quadratmeter betragen, bei ihrem Vorschlag lediglich 850 Quadratmeter, so die Initiative. Die serpentinenartige Führung der Radwege verleite außerdem dazu, Abkürzungen zu nehmen und quasi wie Geisterfahrer entgegen der korrekten Wegeführung zu fahren, weil man sonst einen Umweg von rund 600 Metern in Kauf nehmen müsse.
Inzwischen gebe es erste Reaktionen aus den Fraktionen in Haltern und auch vom Kreis Recklinghausen, berichtet Adalbert Pollerberg: „Tenor: Man möchte den Planfeststellungsbeschluss nicht revidieren, um keine Verzögerung beim Projekt zu riskieren, so wünschenswert die Änderungen auch sein mögen.“
Die Fahrradfreunde geben aber nicht auf. Sie sind bereits dabei, einen weiteren Kompromissvorschlag zu erarbeiten, um doch noch zu einer praktikablen Lösung beizutragen.
Studium der Germanistik, Publizistik und Philosophie an der Ruhr Universität Bochum. Freie Autorentätigkeit für Buchverlage. Freier Journalist im nördlichen Ruhrgebiet für mehrere Zeitungshäuser. „Menschen und ihre Geschichten faszinieren mich nach wie vor. Sie aufzuschreiben und öffentlich zugänglich zu machen, ist und bleibt meine Leidenschaft.“
