Am Uferkastell in Haltern hat die Archäologin Dr. Bettina Tremmel zusammen mit ihrem Team neue Befunde aus der Zeit der römischen Feldzüge des Kaisers Augustus freilegen können. Befunde sind in der Archäologie von Funden zu unterscheiden. Spuren im Boden werden Befunde bezeichnet und gefundene Objekte als Funde.
Die Pfostenspuren stammen aus der Phase des dritten Kastells der Zeit 11 vor Christus bis maximal 16 nach Christus.
Über die Zeit der Funde ist eine wissenschaftliche Diskussion entbrannt: „Es gab die Varusschlacht um 9 nach Christus. Das Lager wurde aufgegeben und man hat aus politischen Gründen beschlossen, kein Lager mehr aufzubauen. Dieser dramatische politische Einschnitt hielt die Römer jedoch nicht davon ab, sieben Jahre lang um 9 nach Christus dieses Gebiet zurückzuerobern“, sagt Bettina Tremmel.
Jedoch sei es danach zu einer endgültigen Aufgabe des rechtsrheinischen Gebiets gekommen. „Es gibt eine schriftliche Quelle, die vermuten lässt, dass wenigstens ein Militärlager an der Lippe länger belegt war und das über 9 nach Christus bis 16 nach Christus hinaus. Das könnte Haltern gewesen sein. Haltern ist daher der Hauptstandort in Westfalen und diesen Status kann kein anderer Standort einnehmen“, so Tremmel.

Dass die Pfostenspuren einer Holz-Erde-Mauer gefunden werden konnten, hat die Archäologin der preußischen Neuaufnahme Ende des 19. Jahrhunderts zu verdanken. Ein staatlich geprüfter Landvermesser aus Berlin wurde im Jahr 1904 bestellt, der eine Karte erstellte, mit der die Archäologin heute auf den halben Meter genau die Befunde bestimmen konnte. „Der damalige Landvermesser kostete damals so viel wie alle Ausgräber zusammen. Die Ausgaben haben sich dennoch ausgezahlt“, sagt Bettina Tremmel.

Anders als heute mussten im Jahr 1904 die Ausgräber den Humus zunächst händisch in langen, schweren Arbeitstagen abtragen. Heute wird zunächst anhand der älteren vorliegenden Dokumentation geprüft, ob an den Stellen bereits gegraben wurde. Bestätigen erste Informationen, dass Spuren zu finden sind, wird vor Ort der Bagger eingesetzt, um den Mutterboden abzuziehen.
Digitale Aufarbeitung
Direkt in der Nähe der Befunde sind auch Pfostenspuren des ersten Kastells zu finden. Um die Stellen genau zu bestimmen, werden verschiedene Karten in einer Kartei übereinander gelegt. „Wir erstellen die so genannten Überlagerungen. Alles, was in dem Bereich an Karten vorhanden ist, wird digital in einer Kartei übereinandergelegt“, erklärt Bettina Tremmel. „Das sind Karten von den Neubauten mit den Grundstücksgrenzen früherer Bebauungen mit den Karten aus dem 19. Jahrhundert und mit Grabungsplänen früherer Ausgrabungen.“

Die Archäologin stellt sich die Frage, auf wie vielen Flächen noch nicht gegraben wurde. Dabei muss sie stets abwägen, an welchen Stellen noch intakte relevante römische Befunde wie die Pfostenspuren zu erwarten sind.
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