Überfüllte Praxen in Haltern „Kinder müssen nicht sofort mit Husten, Schnupfen, Heiserkeit zum Arzt“

Überfüllte Kinderarztpraxen in Haltern: Wann sollen Kinder zum Arzt?
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Die Kinderarztpraxen deutschlandweit sind überfüllt. Viele Kinder sind momentan erkrankt. Besonders viele Säuglinge und Kleinkinder haben eine RSV-Infektion, die zu teilweise schweren Erkrankungen führt. Die Mediziner sehen sich gezwungen, eine Lösung zu finden. Unter anderem sollen nicht notwendige Arztbesuche und die Ausstellung von Attesten reduziert werden.

Auch in Haltern sind die Praxen voll. Viele Kinder und Jugendliche haben grippale Beschwerden mit Fieber oder Magen-Darminfekte. „Wir bitten Eltern, das Lehrpersonal, die Erzieher sowie Tagesmütter von unnötigen kinderärztlichen Schulbescheinigungen oder ‚Wieder-Gesundschreibungen‘ während dieser Infektwelle abzusehen. Das erspart uns Zeit. Zeit, die wir gerne mehr in die Behandlung der Kinder investieren möchten“, fordert Ärztin Fatma Atalan-Nielatzner von der Kinderarztpraxis Haltern am See.

„Eltern müssen nicht sofort mit Husten, Schnupfen und Heiserkeit der Kinder zum Kinderarzt“, erklärt die Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin. Viele Infekte könnten mit Nasensprays oder Hustensaft behandelt werden. Erst wenn nach drei Tagen keine Besserung oder eine Verschlechterung zu erkennen sei, sollte man zum Arzt gehen.

„Ausgenommen sind Säuglinge und Neugeborene. Diese möchten wir früher schon sehen, um nicht eine schwere Infektion zu übersehen, da eine Infektion in dieser Altersklasse sich schnell ausbreiten kann“, so die Kinderärztin.

Brauchen Schüler ein Attest?

Aber was bedeutet es für die Schulen, wenn die Ärzte keine Atteste mehr ausstellen? Am Joseph-König-Gymnasium brauchen die Schülerinnen und Schüler nur in Ausnahmefällen eine Bescheinigung vom Arzt über ihre Krankheit. „Wir haben in der Regel keine Attest-Pflicht. In begründeten Fällen vor und nach den Ferien kann die Schule ein Attest verlangen“, so Schulleiter Ulrich Wessel.

Eine reguläre Attest-Pflicht gebe es ausschließlich bei wenigen Oberstufenschülerinnen und Schüler, die häufig nicht mehr bei einem Kinderarzt in Behandlung seien.

Frank Cremer, Schulleiter der Alexander-Lebenstein-Realschule, erklärt, dass eine Entschuldigung der Eltern in den meisten Fällen ausreichend ist: „Es gilt prinzipiell, dass die Kinder die Fehlzeiten ihrer Kinder entschuldigen. Grundsätzlich werden keine Atteste verlangt.“

Eine Attestpflicht würde nur verhängt, wenn sehr viele Fehlstunden bei Schülerinnen und Schülern auftauchen und die Schule diese nachhalten muss. „Wir haben relativ viele Krankmeldungen. Es gibt viele Infekte und viele Schüler mit Fieber“, beschreibt Frank Cremer die momentane Situation an der Schule.

Die Schulleiterin der Joseph-Hennewig-Schule, Dagmar Perret, erklärt, dass bei einigen Schülerinnen und Schülern eine Attestpflicht notwendig sei. „Eine elterliche Entschuldigung reicht uns bei hoher Fehlzeit nicht mehr aus. Wir erwarten zu jedem Fehltag zusätzlich ein Attest.“ Bei der Mehrheit der Schülerschaft sei aber eine Entschuldigung der Eltern ausreichend.

Attest für Kinderkrankengeld

Doch es gibt noch einen anderen Aspekt. Viele Eltern können bei einer Erkrankung ihrer Kinder nicht arbeiten gehen. Einige Krankenkassen verlangen dann ein Attest des Kindes, damit die Eltern Kinderkrankengeld bekommen.

Die Techniker Krankenkasse etwa gibt für diesen Fall bestimmte Voraussetzungen an, die erfüllt sein müssen, um der Arbeit fern bleiben zu können. Unter anderem wird ein Attest verlangt, das bescheinigt, dass ein maximal 12-jähriges Kind erkrankt ist. Wenn es älter ist, muss ein Arzt bescheinigen, dass das Kind betreut werden muss oder zum Beispiel eine Behinderung hat.

Gesetzlich versicherte Elternteile können in den Jahren 2022 und 2023 jeweils 30 Kinderkrankentage pro Kind beantragen. Alleinerziehende haben 60 Tage. Bei einer privaten Versicherung haben sie jedoch keinen Anspruch auf Kinderkrankengeld, gibt das Bundesministerium für Familie an.

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