Ulrich Bäther ist ein Hullerner Urgestein. Fest verwachsen in der dörflichen Schützentradition seiner Vorfahren, trat er bereits mit 16 Jahren dem Hullerner Heimat- und Schützenverein bei. Später diente er lange Jahre als Fahnenoffizier und arbeitet seit 2008 auch im Vorstand des Vereins mit.
Die große Leidenschaft des 60-Jährigen ist aber der traditionelle Bau der Schützenvögel. „Dabei entsteht jedes Mal eine enge Verbindung zu dem stolzen Wappentier“, sagt Tischlermeister Bäther. „Ich trauere jedem wegfliegenden Span nach.“
Anfang der 90er fragte ihn der damalige Vorstand Paul Kuhlmann überraschend, ob er sich zutraue, einen Schützenvogel zu bauen. Ulrich Bäther stimmte zu. Und er erinnert sich noch genau an die Situation damals: Man habe ihm einen unförmigen Holzklotz hingelegt, verbunden mit der Bemerkung: „Schau mal, ob du daraus einen Vogel machen kannst.“
Der Hullerner ließ sich nichts anmerken, nahm den Klotz mit in die heimische Werkstatt und überlegte, wie er ihn in Form bringen könnte. Seine Vorstellungskraft und sein handwerkliches Können kamen ihm zugute und mit jedem Handgriff nahm der Vogel immer mehr Gestalt an.
Filigranes Gefieder
Nach unzähligen Arbeitsstunden erledigt Ulrich Bäther die wichtigsten Arbeitsschritte inzwischen mit einer gewissen Routine. Er beginnt immer mit einem ersten groben Zuschnitt der äußeren Korpusform.
Danach arbeitet er schon feinere Konturen mit Stechbeitel und Holzhammer aus und beginnt im Anschluss mit der diffizilen Ausarbeitung des filigran gezeichneten Gefieders. Nachdem die Flügel fest im Korpus verankert sind, bringt er in einem weiteren Arbeitsschritt Krone, Reichsapfel und Zepter an. Den passenden Farbton für einen möglichst naturgetreuen Anstrich zu finden, ist dann eine der letzten Herausforderungen beim Vogelbau.

Am meisten Zeit braucht aber ohne Frage die Ausarbeitung des filigranen Gefieders. „Nach der groben Vorarbeit setze ich mit dem V-Eisen (Geißfuß) nach und nach jede einzelne Feder“, sagt Ulrich Bäther. Eine weitere, sehr spezielle Herausforderung ist die Formgebung des Adlerkopfs. „Er darf auf keinen Fall aussehen wie ein Papagei“, sagt Bäther und lacht. Er spielt damit auf die spezielle Schnabelform an. „Das muss auch in der Seitenansicht passen, denn er soll ja möglichst echt aussehen.“
Wegen der gesetzlichen Vorgaben nutzt Bäther fast nur Pappelholz. Dabei darf der Korpus aktuell nicht dicker als 150 Millimeter sein. Die maximale Spannweite der Schützenadler ergibt sich mit 1,35 Metern in der Regel aus den Abmessungen des Kugelfangs.
Abmagerungskur mit Motorsäge
Mittlerweile hat Ulrich Bäther schon rund 30 prächtige Wappentiere für verschiedene Schützenvereine erschaffen, erinnert sich aber noch besonders an den im Jahr der neuen Verordnung. Der Vogel hatte noch die frühere, alte Korpus-Tiefe von 250 mm. „Er bekam dann mit der Motorsäge die schnellstmögliche Abmagerungskur“, erzählt der 60-Jährige und lacht. Allerdings sei bei solchen Aktionen besondere Vorsicht geboten: „Holz hat nun mal die besondere Eigenschaft: Was ab ist, ist ab.“

In den vielen Jahren im Vogelbau hat der Hullerner sich immer wieder neu orientiert und seine Fertigkeiten verbessert. Langweilig wird es nicht, denn jeder neue Vogel sei auch wieder eine neue Herausforderung. Sein persönlicher Favorit ist ein früherer Vogel namens „Raul vom Knapp“. Mit einem tief im Korpus eingearbeiteten Wappen, rosengeschmückter Brust und einem dazu passenden, detailgetreuen Gefieder war dieser Vogel auch für das geübte Auge des Tischlermeisters ein besonders gut gelungenes Exemplar.
Neben der Freude an der praktischen Arbeit ist für ihn die Vogelbestellung auch immer wieder ein schöner Teil des Ganzen. „Da kommt oft das Königspaar mit Thron bei mir vorbei und es werden in geselliger Runde alle Details wie Wappen oder Form der Insignien auf einem zum Vogel gehörenden Stück Leder festgehalten.“
Auszeichnung mit Ärmelstreifen
Bei der diesjährigen Vogeltaufe wurde Ulrich Bäther vom Vorsitzenden der Hullerner Schützen, Achim Korste, für seine besonderen Verdienste im Schützenwesen mit dem Ärmelstreifen „Vogelbauer“ geehrt. Bäther will auf jeden Fall weitermachen. Für ihn ist der Vogelbau längst mehr als nur ein Hobby. „Das ist für mich zur echten Leidenschaft geworden“, sagt er. „Auch wenn der stolze Greif bei jedem Schützenfest gnadenlos zerlegt wird.“
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