Tastend nach Hoffnung suchen

Berührendes Gedenken in Haltern drei Jahre nach Flugzeugabsturz

24. März, 10.42 Uhr: Die Glocken läuten, in der Mitte Halterns hat die Trauer um die Opfer des Flugzeugabsturzes wieder ihren Ort und ihre Zeit. Sie hat es auch in der Sixtus-Kirche, aber nach drei Jahren ganz anders.

Haltern

, 24.03.2018, 14:19 Uhr / Lesedauer: 2 min
Die Gedenkstätte für die Opfer der Flugzeugkatastrophe auf dem Sundernfriedhof ist mit einem Kranz der Stadt Haltern und Rosen geschmückt.

Die Gedenkstätte für die Opfer der Flugzeugkatastrophe auf dem Sundernfriedhof ist mit einem Kranz der Stadt Haltern und Rosen geschmückt. © Foto:Elisabeth Schrief

Bürgermeister Bodo Klimpel legte am Morgen einen Kranz an der Gedenkstätte auf dem Sundernfriedhof nieder, bevor er in die Stadt fuhr. Über 300 Angehörige, Freunde, Wegbegleiter der am 24. März 2015 in Le Vernet getöteten Halterner Schülerinnen und Schüler sowie der beiden Lehrerinnen hatten sich auf dem Alten Markt zum schweigenden Gedenken und dann zum Wortgottesdienst in der Sixtus-Kirche versammelt. Als die Welt an jenem Dienstag vor drei Jahren um 10.42 Uhr für Familien eine andere wurde, war diese Kirche der zentrale Ort des Trauerns, Weinens, Klagens und des Betens.

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„Vor drei Jahren ist Unfassbares geschehen, 18 Menschen, mit denen wir besonders verbunden waren, wurden in den Tod gerissen“, eröffnete Pastoralreferent Gregor Coerdt den Wortgottesdienst. Er wie auch die anderen Seelsorger André Pollmann, Karl Henschel und Hans-Jürgen Ludwig verzichteten auf kirchliche Gewänder, um sich nicht als Amtsperson in den Mittelpunkt zu stellen. Sie gaben damit einer intensiven Stunde des Singens, Betens und Innehaltens in der Kirche eine berührend lebensnahe Ausrichtung.

Und auch das war anders: „Trauer hat auch einen anderen zentralen Aspekt. Den Aspekt des Erinnerns“, sagte Hans-Jürgen Ludwig und lud die Versammelten ein, sich mit ihren Nachbarn in der Kirchenbank auszutauschen. „Das ist ungewohnt. Aber erzählen Sie sich untereinander, was Sie gemeinsam mit den Verstorbenen erlebt haben, erzählen Sie über typische Verhaltensweisen, über Anekdoten, Alltägliches, Schönes und oder möglicherweise auch Enttäuschendes.“

Während das geschah, verteilten die Seelsorger Halbedelsteine und schlugen vor, diese „mit liebevollen Erinnerungen aufzuladen“. Und tatsächlich entstand nach erstem Staunen ein reger Austausch in dem großen Kirchenschiff.

Und noch etwas Überraschendes geschah. Die Kirchengemeinden haben die Namen der Halterner Absturzopfer in einen Stein meißeln lassen. Dieser Stein wird seinen Platz am Halterner Kreuz in der Sixtus-Kirche haben. An diesem viel besuchten Gebetsort soll zum Ausdruck kommen: Die Kinder bleiben in ewiger Erinnerung.

Was hat sich verändert in den drei Jahren? Auch diese Frage stellte sich im Wortgottesdienst. Hans-Jürgen Ludwig hat mit Eltern gesprochen. „Ich werde morgens nicht mehr mit dem Erschrecken wach, die Gewissheit, dass unser Kind tot ist, ist angekommen. Aber leichter wird es nicht“, sagte ihm eine Mutter. Eine andere verglich ihre Gefühle mit den Gezeiten: „Es ist wie Ebbe und Flut, ein beständiges Auf und Ab der Gefühle. Dazwischen kann ich am Strand spazieren und es ist, als wenn meine Tochter neben mir geht.“

Niemals in der Trauer allein

„Wie können wir verbunden bleiben, wenn Erinnerungen blasser werden?“, fragte Karl Henschel in seiner Predigt. „Die Einzigartigkeit dieser Menschen wollen wir bewahren; nicht resignieren, nicht träge und vergesslich werden, uns den Erinnerungen aussetzen, die schön und schmerzhaft zugleich sind, und tastend nach Hoffnung suchen, die diesem Schmerz standhält.“

Bürgermeister Bodo Klimpel bat in den Fürbitten um Kraft für die Eltern und Geschwister der Opfer, für den Zusammenhalt in der Stadt und er betete für alle aus dem Leben Gerissenen.

Sabine und Bernhard Höhne sowie Bernd Sommer untermalten die Gedenkstunde mit einfühlsamer Kleszmer-Musik.

Die Stunde in der Sixtus-Kirche: Sie war gefüllt mit Erinnerungen an Verzweiflung, Ohnmacht, Entsetzen, mit Tränen, aber auch mit der Nachricht an die Angehörigen: Sie sind in ihrem nie vergehenden Schmerz und ihrer Trauer niemals allein.