Ein Biozid soll verhindern, dass die Eichenprozessionsspinner ihre giftigen Brennhaare ausbilden können.

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Straßen.NRW und der Kreis gehen vorbeugend gegen Giftraupen vor

rnEichenprozessionsspinner

Die Eichenprozessionsspinner sind wieder aktiv. Mit vorbeugenden Maßnahmen soll ihre Ausbreitung auch in Haltern am See eingedämmt werden. Naturschützer kritisieren das Verfahren aber.

Haltern

, 28.04.2020, 05:00 Uhr / Lesedauer: 2 min

Die Blätter färben sich überall frisch frühlingsgrün - und das lockt leider auch ihre Fressfeinde an. Auf den Eichen ist der Eichenprozessionsspinner bereits geschlüpft. Der Landesbetrieb Straßen.NRW und der Kreis Recklinghausen gehen jetzt vorbeugend dagegen vor.

In den vergangenen Jahren waren die Raupennester vorwiegend aufwendig abgesammelt und abgesaugt worden. Dies war sehr zeit- und kostenintensiv. Deshalb soll der Eichenprozessionsspinner in diesem Jahr bereits verringert werden, bevor er die gefährlichen Brennhaare entwickelt. Diese feinen Haare enthalten ein Nesselgift, das die Atemwege reizen und allergische Reaktionen auslösen kann.

Zwei unterschiedliche Biozide kommen zum Einsatz

Sowohl der Kreis Recklinghausen als auch Straßen.NRW wollen die betroffenen Bäume an den Straßen bereits jetzt mit Bioziden besprühen. Straßen.NRW setzt das Bodenbakterium Bacillus thuringiensis ein. Es wird von den Raupen beim Fressen der Blätter aufgenommen. Der Kreis Recklinghausen verwendet ein Biozid mit Margosa-Extrakt aus den Samen des tropischen Neem-Baumes. Beide sollen für Menschen sowie andere Säugetiere, Vögel, Amphibien und Bienen ungefährlich sein.

Einsatz an Lembecker und Lippramsdorfer Straße

Durch den frühen Einsatz des Biozids soll verhindert werden, dass sich die Raupen an Orten verbreiten, an denen Menschen mit ihnen in Berührung kommen können. Zudem schone der frühe Einsatz des Spritzmittels andere Schmetterlings- und Falterarten, deren Raupen in der Regel erst einige Wochen später schlüpfen. Der Fokus der Maßnahmen im Ruhrgebiet liegt auf den Stellen, an denen im vergangenen Jahr ein besonders starker Befall festgestellt worden war. Straßen.NRW investiert für diese frühen Maßnahmen im Ruhrgebiet etwa 115.000 Euro.

Der Kreis Recklinghausen besprüht rund 300 Eichen an Kreisstraßen. Die Einsatzorte sind unter anderem die Lembecker Straße/Lippramsdorfer Straße (K55) und der Neue Kamp (K22) in Haltern am See.

Stadt setzt nicht auf Gifteinsatz

Die Stadt Haltern setzt nach wie vor nicht auf den präventiven Gifteinsatz. „Wir haben 100 Nistkästen aufgehängt. Auch ‚Haltern am See tut gut‘ hat viele Kästen im Stadtgebiet verteilt“, sagt Stadtsprecher Georg Bockey. Außerdem hab man 70 Sammelfallen angeschafft, in die die Raupen hineinfallen. Sollte es in Haltern notwendig sein, werde man den Kreis bitten, eventuell an Hotspots gezielte Gifteinsätze vorzunehmen.

Bisher wurden die raupen des Eichenprozessionsspinners mit hohem Aufwand abgesaugt und abgesammelt.

Bisher wurden die Raupen des Eichenprozessionsspinners mit hohem Aufwand abgesaugt und abgesammelt. © Holger Steffe

Der Bund Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) kritisiert den präventiven Biozideinsatz grundsätzlich. „Der Einsatz von Bioziden hat immer auch Nebenwirkungen auf andere Lebewesen“, sagt Dirk Jansen vom BUND NRW auf Anfrage.

„Biozide führen immer zu Umweltschäden“

„Zuerst sollte immer versucht werden, ohne Umwelt-Gifte klar zu kommen“, rät der BUND. „Biozide führen immer zu Umweltschäden. Das gilt auch für Neem Protect, eines der noch am wenigsten umweltschädlichen Mittel. Es hat laut Umweltbundesamt eine hohe aquatische Toxizität, ist also giftig für Wasserorganismen, und wirkt auch auf alle anderen Insekten. Es besteht auch das Risiko indirekter Wirkungen vor allem für Vogel- und Fledermausarten.“

Auch das alternativ eingesetzte Mittel ‚Dipel ES (Foray ES)‘ mit dem Wirkstoff Bacillus thuringiensis kurstaki (Btk) sei ein Fraßgift. Es führe zur Darmperforation bei Raupen, wirke aber auf alle Raupen, nicht nur auf die des Eichenprozessionsspinners.

„Was nach Ansicht des BUND gar nicht sein darf, ist, das Mittel präventiv, das heißt ohne Nachweis, dass überhaupt ein Befall vorliegt, einzusetzen. Das mag zwar unterm Strich preiswerter und bequemer sein, offenbart aber ein seltsames Verständnis von Naturschutz und ist rechtlich fragwürdig“, so der BUND.