12.30 Uhr am 20. Juli 1944, in einem Zimmer des Führerhauptquartiers „Wolfsschanze“. Claus Schenk Graf von Stauffenberg und sein Adjutant Werner von Haeften bereiten den Sprengstoff vor, der wenige Augenblicke später Adolf Hitler töten soll. Zwei Päckchen Sprengstoff mit Zeitzünder wurden beschafft und müssen nun in aller Eile scharfgemacht werden, denn der eigentliche Zeitplan der Verschwörer kommt durcheinander.
Stauffenbergs Plan sah vor, Hitler bei einer Besprechung, die um 13 Uhr starten sollte, mit den zwei Sprengsätzen zu töten. Aber wegen Besuchs des italienischen „Duce“ Benito Mussolini wird das Treffen vorgezogen und auf 12.30 Uhr verlegt. Stauffenberg fehlt die entscheidende halbe Stunde, um beide Sprengstoffpäckchen vorzubereiten.
Der Verbleib des zweiten Päckchens
Der unglückliche Ausgang des Anschlages ist bekannt. Stauffenberg betritt um kurz nach halb eins den Besprechungsraum mit seiner Aktentasche, in der sich der Sprengsatz befindet. Im Gedränge kann er die Tasche nicht neben Hitler abstellen. Er gibt vor, telefonieren zu müssen und verlässt den Raum. Um 12.42 Uhr detoniert die Bombe. Vier Menschen werden getötet, aber Hitler bleibt nahezu unverletzt.

Stauffenberg weiß nicht, dass Hitler das Attentat überlebt hat, und macht sich auf den Weg nach Berlin, um von dort aus den Umsturz zu leiten. Während der Fahrt mit dem Auto zum Flughafen werden er und sein Adjutant Werner von Haeften aber noch das zweite Päckchen mit dem Sprengstoff los. Von Haeften schmeißt es kurzerhand in einem Waldstück aus dem Autofenster.
Der Fahrer des Wagens, Leutnant Erich Kretz, gibt das später an die Sonderkommission weiter, die die Ereignisse des 20. Juli untersuchen soll. Das Päckchen wird gefunden. Es enthält etwa 975 Gramm „Plastit W“, zwei Initialzündköpfe und einen englischen Zeitzündstift für 30 Minuten Verzögerung.
Ein Sprengstoff, zwei mögliche Fabriken
Der Sprengstoff mit dem Namen „Plastit W“ ist die deutsche Nachbildung eines englischen Sprengstoffes. 1940 wurde etwas von dem Original-Sprengstoff in England erbeutet und nach Reinsdorf zur Chemiefirma WASAG gebracht. Dort wurde dann die deutsche Version des Sprengstoffes entwickelt.
Und hier kommt dann auch Haltern ins Spiel, die WASAG hatte seit 1898 auch eine Sprengstofffabrik in Sythen. Der fragliche Sprengstoff „Plastit W“ wurde zwar erst nur in dem Werk in Reinsdorf produziert, später liegt die Produktion dann aber fast vollständig in Haltern.

Auch den Ermittlern der Sonderkommission, die das Attentat aufklären sollen, ist schnell klar, um welchen Sprengstoff es sich handelt. So schreibt es der Historiker und Stauffenberg-Experte Peter Hoffmann in einem Artikel für die „Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte.“ Der Sprengstoffsachverständige aus dem
Reichskriminalpolizeiamt, Dr. Albert Widmann habe schon kurz nach dem Attentat herausgefunden, dass die Sprengladung, die in der Wolfsschanze hochgegangen ist, aus Reinsdorf stamme.
Aber da gab es ja noch das zweite Päckchen, das Adjutant Werner von Haeften in aller Eile aus dem Auto geworfen hatte. Dessen Herkunft wurde nicht eindeutig geklärt, der Sprengstoff könnte also auch aus Haltern stammen.
Sicher ist aber, dass der Chemiker, der maßgeblich an der Entwicklung von „Plastit W“ beteiligt war, Dr. Walter Sauermilch, in den 1960er-Jahren im Zentrallabor der WASAG in Sythen geforscht hat.
Hätten zwei Sprengstoffpakete Erfolg gehabt?
Die Frage, ob zwei Pakete „Plastit W“ Erfolg gehabt hätten, ist heute nicht zu beantworten. Viel zu viele Faktoren, wie die Lage von Stauffenbergs Aktentasche oder das Funktionieren der Zünder spielen eine Rolle.

Ohne Frage dagegen ist die Symbolik und Bedeutung, die das Attentat von Claus Schenk Graf von Stauffenberg und seinen Unterstützern bis heute hat. Nach ihm sind verschiedene Straßen und Schulen benannt. So gibt es zum Beispiel auch in Halterns Nachbarstadt Recklinghausen eine Stauffenbergstraße.
Hinweis: Dieser Text erschien ursprünglich am 26. Oktober 2022.
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